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Fields-Medaille: Wie der iranische Präsident einer Landsfrau gratuliert, die kein Kopftuch trägt

Trägerin des Fields-Preises Maryam Mirzakhani. 
Trägerin des Fields-Preises Maryam Mirzakhani. Bild: AP/Maryam Mirzakhani via Stanford
Kopftuch-Tweet

Fields-Medaille: Wie der iranische Präsident einer Landsfrau gratuliert, die kein Kopftuch trägt

Als erste Frau wurde die iranische Mathematikerin Maryam Mirzakhani mit der Fields-Medaille ausgezeichnet. Präsident Hassan Rohani gratulierte mit einem Tweet und zwei Bildern, die sie mit und ohne Kopftuch zeigen – und löste eine Debatte aus.
16.08.2014, 21:5817.08.2014, 09:11
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Spiegel Online

In dieser Woche gelang Maryam Mirzakhani die Sensation. Die 37-Jährige wurde als erste Frau mit der Fields-Medaille geehrt. Die Auszeichnung gilt als Nobelpreis der Mathematik, und selbst Fachfremden war klar, wie besonders die Vergabe des Preises an die Stanford-Professorin war. Aus der ganzen Welt erreichten Mirzakhani Glückwünsche, auch aus ihrem Heimatland Iran, wo die Mathematikerin aufwuchs, zur Schule ging und später studierte. 

Jetzt auf

Sogar der Präsident des Landes, Hassan Rohani, meldete sich persönlich. «Herzlichen Glückwunsch an #MaryamMirzakhani dafür, dass sie die erste Frau überhaupt ist, die die #FieldsMedaille gewonnen hat, womit sie uns Iraner sehr stolz macht.» Dazu veröffentlichte er zwei Bilder der Gewinnerin. Eines zeigt sie mit ihrer Kurzhaarfrisur, das andere zeigt sie mit Kopftuch.  

Mit seinem Tweet trat der Präsident eine Diskussion los, die im Iran in der einen oder anderen Form oft geführt wird. «Ich gratuliere Maryam Mirzakhani mit und ohne Kopftuch, aber wenn du wieder mal in Iran bist, verhaften wir dich», kommentierte ein Social-Media-Aktivist ironisch. Viele warfen dem Präsidenten Heuchelei vor. 

Gefängnis und Peitschenhiebe für unbedecktes Haar

Die Kleidungsvorschriften für Frauen im Iran sind streng. Frauen müssen ihr Haar mit einem Kopftuch verdecken und weite Gewänder tragen, die verhindern sollen, dass sich ihre Figur darunter abzeichnet. Es halten sich nicht alle Iranerinnen daran, viele tragen den Schleier beispielsweise locker und riskieren eine Strafe. Verstöße gegen die Kleiderordnung werden mit Gefängnis und auch Peitschenhieben bestraft. 

Nachdem beispielsweise die bekannte Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotudeh ein Video ihres unbedeckten Kopfes postete, wurde ihre Gefängnisstrafe verlängert. Auch Verstösse im Ausland werden geahndet. Die iranische Schauspielerin Marzieh Vafamehr war 2009 unverschleiert in einem australischen Film zu sehen, der dazu noch irankritisch war. Bei ihrer Rückkehr wurde sie zu einem Jahr Gefängnis und 90 Peitschenhieben verurteilt. 

Alleine Rohanis Lob als «liberale Geste» gewertet

Laut «Guardian» berichteten die nationalen Medien grösstenteils kritisch über Rohanis Nachricht. Eine staatliche Zeitung bearbeitete Mirzakhanis Foto und bastelte ihr digital einen Schal. Rohani bekam allerdings auch viel Zuspruch für seine Nachricht. Es sei ein gutes Zeichen, dass der Präsident Mirzakhanis Leistung über ihr Kopftuch stelle. Beobachter lobten seine liberale Geste. 

Aufgrund seines moderaten Kurses gerät Rohani immer wieder mit konservativen Hardlinern in seinem Land aneinander. Sie werfen ihm Nähe zum Westen vor. Zuletzt hatten sie mehrmals kritisiert, dass unter dem Präsidenten die Kleidungsvorschriften aufweichten. Sie forderten von ihm eine strengere Durchsetzung. 

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