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Das Toni-Areal und sein Alarmproblem

Und täglich grüsst der Fehlalarm ...

Das Toni-Areal und sein Alarmproblem

Nach einer Serie von Fehlalarmen auf dem Campus der Zürcher Hochschule der Künste, nimmt kaum jemand mehr die Alarme ernst.
05.12.2014, 15:4505.12.2014, 15:51
Rafaela Roth
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Grosseinsatz: Amok-Alarm im Zürcher Toniareal

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Grosseinsatz: Amok-Alarm im Zürcher Toniareal
(Leserfoto)
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Drei Stunden harrten heute rund 5000 Personen im Gebäude der Zürcher Hochschule der Künste aus, nachdem ein anonymer Anrufer bei der Schule eine Amok-Drohung ausgesprochen hatte. Das Licht wurde automatisch abgeschaltet, die Storen heruntergelassen, einige Klassen verbarrikadierten die Türen ihrer Schulzimmer von innen mit Mobiliar. Die Situation aber blieb ruhig.

Das verwundert nur auf den ersten Blick. Denn die Studenten und Lehrer, die im neuen Gebäude arbeiten, haben mittlerweile Übung mit Katastrophen-Alarmen: Seit der Inbetriebnahme des Toni-Areals durch die beiden Hochschulen ZHdK und ZHAW Mitte September sind auf dem Gelände bereits mehrere Fehlalarme losgegangen. 

«Ernst nimmt den Alarm schon lange keiner mehr»

Laut Studierenden vergeht kaum ein Tag, an dem im Toni-Areal nicht ein Fehlalarm ausgelöst wird. In der Regel handle es sich um falsche Feueralarme, schrieb ein Leser der NZZ. In zwei Fällen wurde sogar der Amok-Alarm ausgelöst. 

Der Fall heute morgen war anders, da tatsächlich eine konkrete Drohung ausgesprochen wurde. Wie sich im Nachhinein herausstellte, war aber auch dies ein Fehlalarm: Jemand habe – «möglicherweise unbeabsichtigt» – die eigens für solche Alarme eingerichtete Nummer der ZHdK gewählt, teilte die Stadtpolizei am Nachmittag mit. 

Gegenüber watson sagten mehrere Studenten bereits kurz nach dem Vorfall, sie würden den Alarm nicht mehr ernst nehmen. «Ernst nimmt den Alarm schon lange keiner mehr, weder Studenten noch Dozenten», ist Studentin M.G. überzeugt. Dafür habe es bisher einfach zu viele falsche Alarme gegeben. 

Sie sass mitten im Unterricht, als letzte Woche, am 25. November, erneut der Amok-Alarm schrillte und die Anwesenden aufgefordert wurden, sich in Sicherheit zu bringen, die Türen zu verriegeln und das Gebäude nicht mehr zu verlassen. 

Pingpong spielen während dem Amok-Alarm

«Einige Studenten spielten im Innenhof Pingpong, im sicheren Glauben, dass es sich zum wiederholten Mal um einen Fehlalarm handelte», fährt M.G. fort. Während sie sich in eine Ecke verkroch und bange Minuten lang auf weitere Anweisungen wartete, «sassen Hunderte in der Mensa beim Mittagessen». 

Auch der NZZ-Kommentator schrieb: «Kaum mehr ein Mitarbeiter schaut auf, wenn einer dieser Alarme kommt.» Falls jemals wirklich etwas geschehe, müsse mit einer Katastrophe gerechnet werden.

Versehentlich Alarme ausgelöst

video: watson

Bei der Hochschulleitung hingegen ist man überzeugt, dass «sehr viele Studierende, Dozierende und Mitarbeitende den Alarm sehr ernst nehmen» und entsprechend handeln. Dies sagte Heike Pohl, Leiterin der Hochschulkommunikation, letzte Woche zum Nachrichtenportal watson.  

«Einige Studenten spielten Pingpong im Innenhof, im sicheren Glauben, dass es sich zum wiederholten Mal um einen Fehlalarm handelte.»
M.G., Studentin an der ZHdK

«Es kann leider vorkommen, dass unter anderem durch Unachtsamkeit versehentlich Alarme ausgelöst werden, vor allem zu einem Zeitpunkt, wo noch nicht alle Systeme und Einrichtungen im Toni-Areal voll eingespielt und noch nicht alle Nutzerinnen und Nutzer damit vertraut sind», sagte die Hochschulsprecherin. Das Gebäude werde durch mehrere verschiedene Alarmsysteme überwacht.

Kosten: Mehrere 10'000 Franken

Ironie der Geschichte: Ausgerechnet heute hätte laut Polizeisprecher Marco Cortesi auf dem Toni-Areal eine Sitzung zum Thema «Fehlalarme» abgehalten werden sollen. Denn inzwischen steht nicht nur die Frage, ob noch jemand die Alarme ernst nimmt, im Raum. Je länger je mehr wird auch relevant, wer die teuren Polizeieinsätze bezahlen soll. Der «echte» von heute Mittwochmorgen hat laut dem Polizeisprecher «mehrere 10'000 Franken» gekostet.

Grossartige Architektur, weniger grossartiges Alarmsystem: das Toni-Areal.
Grossartige Architektur, weniger grossartiges Alarmsystem: das Toni-Areal.Bild: KEYSTONE
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