Der 7:1-Sieg der deutschen Nationalelf gegen Brasilien im WM-Halbfinal setzte auch auf Twitter neue Massstäbe. Das Spiel generierte 35,6 Millionen Tweets, so viele wie kein Sportanlass zuvor. Beim 5:0 durch Sami Khedira wurde mit 580'166 Tweets pro Minute sogar ein neuer absoluter Twitter-Rekord registriert.
The #BRA v #GER match also set a TPM record: Khedira's 29' goal (0-5) saw 580,166 TPM. #WorldCup pic.twitter.com/188YGgrgZg
— Twitter Data (@TwitterData) 9. Juli 2014
Das grosse Zwitschern enthielt Witziges, Belangloses und auch Ärgerliches. Für einen mittleren Aufruhr sorgte ein Politiker aus dem fernöstlichen Staat Malaysia. Bung Moktar Radin, ein Abgeordneter der Regierungspartei UNMO, äusserte seine Begeisterung über den deutschen Sieg auf mehr als nur grenzwertige Weise:
WELL DONE..BRAVO...LONG LIVE HITLER...
— Bung Moktar Radin (@MyKinabatangan) 8. Juli 2014
Bungs Hitler-Referenz löste nicht nur unter Twitter-Usern einen Shitstorm aus. Holger Michael, der deutsche Botschafter in Malaysia, verwahrte sich gegen «die unakzeptable Anspielung auf das faschistische Regime von Adolf Hitler». Auch Premierminister Najib Razak rief seinen Parteifreund zur Räson:
The comments made by Datuk Bung Moktar are unacceptable and wrong, and he will withdraw them.
— Mohd Najib Tun Razak (@NajibRazak) 10. Juli 2014
Bung gab sich vordergründig einsichtig und veröffentlichte eine Entschuldigung, natürlich auf Twitter:
When Germany whacked Brazil, I unintentionally said something that hurt d feeling of d ppl in Germany.MY SINCEREST APPOLOGY.LONG LIVE BUNG..
— Bung Moktar Radin (@MyKinabatangan) 10. Juli 2014
Echte Einsicht aber zeigte er nicht. In einem Interview mit der Zeitung «The Star» goss Bung Moktar Radin vielmehr noch Öl ins Feuer: «Ich weiss nicht, was die Leute haben. Hitler ist ein Teil der Geschichte, und das deutsche Team hat genauso gekämpft wie er.»
Man könnte die Episode als typischen Fall von asiatischer Ignoranz gegenüber der europäischen Geschichte abtun (umgekehrt ist es nicht besser). Doch eine Twitter-Auswertung ergab eine fast schon explosionsartige Vermehrung der Begriffe «Nazi» und «Hitler» am Spieltag. Der Top-Tweet stammt von einem in São Paulo lebenden argentinischen Autor: «Oh mein Gott, das ist Hulk gegen Hitler.»
AI MEU DEUS É O HULK CONTRA O HITLER
— Federico Devito (@federicodevito) 8. Juli 2014
Das «New York Magazine» listete eine Reihe von Tweets mit Nazi-Anspielungen auf, teilweise aus seriöser Quelle.
The Germans have stormed into a foreign country and taken charge. How unexpected.
— Binyamin Appelbaum (@BCAppelbaum) 8. Juli 2014
Germany must think they are playing Poland the way they are conquering Brazil right now #BrazilvsGermany #BRAvsGER #WorldCup2014
— Andy Farag (@andyfarag) 8. Juli 2014
Probably already some Germans denying this many goals were scored. "The number of 5 is exaggerated."
— Max Silvestri (@maxsilvestri) 8. Juli 2014
Fazit: Die Deutschen können tun, was sie wollen, sie werden die Nazis nicht los. (pbl)