International
Interview

Irak: Nahost-Experte Erich Gyslig erklärt die Tötung von Soleimani

epa08099306 (FILE) - A handout photo made available by the Iranian Supreme Leader's office shows Iranian Revolutionary Guards Corps (IRGC) Lieutenant General and Commander of the Quds Force Qasem ...
Von den USA liquidiert: Der iranische General Soleimani, Nummer 2 des Mullah-Staats. Bild: EPA
Interview

Nahost-Experte Gysling: «Als hätten die Iraner den US-Verteidigungs-Minister getötet»

Donald Trump höchstpersönlich hat den iranischen Top-General Soleimani ermorden lassen. Und damit die Nummer 2 des Mullah-Staates getötet. Ist dies eine Kriegserklärung der Amerikaner? Kommt es jetzt zum grossen Flächenbrand? Der langjährige Nahost-Experte Erich Gysling schätzt die aktuelle Lage ein.
03.01.2020, 14:3504.01.2020, 15:42
Mehr «International»

Herr Gysling, Trump hat per Drohnenangriff den iranischen Top-Kommandeur Soleimani liquidieren lassen. Wie sehr trifft die Attacke die Iraner?
Nach Ayatollah Ali Khamenei war Soleimani die zweitwichtigste Persönlichkeit im Iran, noch wichtiger als Staatspräsident Hassan Rouhani. Ziehen wir einen Vergleich: Die Liquidierung ist etwa so bedeutsam, als hätten die Iraner den US-Verteidigungsminister umgebracht!

Soleimani war der Vorzeige-General und die Nummer 2 des Mullah-Staates. Warum?
Soleimani hat als Kommandeur der Kuds-Brigaden zuletzt etwa den Krieg der Iraner gegen den IS im Irak angeführt. Er galt als Mastermind der iranischen Aussenpolitik und tauchte im Nahen Osten immer dann auf, wenn es für den Iran um besonders viel ging. Seine Kuds-Brigaden spielen im Syrien-Konflikt eine wichtige Rolle und halfen, Diktator Baschar al-Assad an der Macht zu halten.

Portrait of Erich Gysling, publicist, correspondent and Middle-East expert, pictured on June, 28, 2011, in Affoltern am Albis, canton of Zurich, Switzerland. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
Publizist und Nahost-Experte Erich Gysling (83). Bild: KEYSTONE
«Ich sehe den Angriff als Kriegsakt der USA gegen den Iran an.»
Erich Gysling

Was hat US-Präsident Trump zu dieser folgenreichen Attacke getrieben?
Der jüngste Drohnenangriff sieht nach einer weiteren Impulshandlung von Trump aus. So hat er die Attacke zwar mit Aussenminister Mike Pompeo, nicht aber mit dem Kongress abgesprochen. Gut möglich, dass Trump im TV die Bilder von der Erstürmung der US-Botschaft in Bagdad gesehen und dann den Angriff auf Soleimani befohlen hat. Die Attacke ist ein weiteres Beispiel von Trumps chaotischer Aussenpolitik.

1 / 9
US-Militärschlag gegen Iran-General
Bei einem US-Drohnenangriff beim Flughafen Bagdad wurde am 3. Januar der iranische Top-General Soleimani getötet.
quelle: ap
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Die Iraner haben bereits Rache angekündigt. Was sind mögliche Ziele?
Es wird eine massive Antwort der Iraner geben. So sind etwa Attacken gegen US-Truppen oder Ölfelder im Irak denkbar. Ebenso Angriffe auf US-Kriegs- und Tankschiffe im persischen Golf. Dagegen glaube ich nicht, dass Israel ins Kreuzfeuer kommt. Die Iraner wollen die USA direkt treffen.

Wie gravierend stufen Sie die aktuelle Eskalation im historischen Vergleich ein?
In der Vergangenheit sind mehrfach iranische Militärs durch westliche Geheimdienste ermordet worden. Soleimani ist aber ein anderes Kaliber. Ich sehe dies als Kriegsakt der USA gegen den Iran an.

Droht nun ein Flächenbrand in der ganzen Region?
Die Lage ist äusserst besorgniserregend. Niemand weiss, was jetzt kommt.

Die Schweiz vertritt seit 1980 die Interessen der USA im Iran. Können Schweizer Diplomaten im aktuellen Konflikt vermitteln?
Die Schweiz hat bloss eine Briefträgerfunktion. Ich denke nicht, dass das Aussendepartement eine Vermittlerrolle einnehmen kann.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Wahlen im Iran: Diese Frauen heizen den Mullahs ein
1 / 17
Wahlen im Iran: Diese Frauen heizen den Mullahs ein
Die Frauen im Iran sind zum Teil besser ausgebildet als die Männer, aber die politische Szene dominieren immer noch die Männer. Das wollen die Frauen nun ändern.
quelle: ap/ap / ebrahim noroozi
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Trump will ein Politikwechsel im Iran
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
178 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Namenloses Elend
03.01.2020 15:08registriert Oktober 2014
Stellen wir uns mal folgendes Szenario vor: Der Chef des US-Generalstabs Mike Milley trifft zu einem informellen Besuch in Kiew ein und Wladimir Putin befielt den russischen Streitkräften, die Wagenkolone, in der Milley von ranghohen ukrainischen Militärs vom Flughafen der Stadt abgeholt wird, mit einem Luftangriff zu vernichten. Wenige Minuten später postet Putin dann auf Twitter die russische Flagge … ohne weiteren Kommentar. Was würde in einem solchen Fall passieren?
79570
Melden
Zum Kommentar
avatar
KasparS
03.01.2020 14:56registriert Oktober 2016
Trump ist wahnsinnig. Geisteskrank.
70489
Melden
Zum Kommentar
avatar
SkyDaddy
03.01.2020 14:44registriert Januar 2017
Ich möchte hier Herrn Soleimani verteidigen, was Herr Tump da getan hat ist ganz klar geopolitischer Terrorismus.

I walk with all men. - Mir spielt die Hautfarbe oder Religion keine Rolle.
383120
Melden
Zum Kommentar
178
Die WG des Schreckens: Assad ist nicht der Erste, der in Moskau Asyl erhält
Assads Diktatur wurde zerschmettert, Unterschlupf findet er in Russland in einem Nobelquartier bei Moskau. So wie andere Despoten, Diktatoren und Putin-Versteher sich Russland zur neuen Heimat machen.

Innert weniger Tage zerbrach das Reich des Diktators Baschar al-Assad. 24 Jahre lang hatte er Syrien im Würgegriff. Den ersten Putschversuch vor zwölf Jahren konnte er dank der russischen Raketen und Bomben noch abwehren, nun ist die 56-jährige Herrschaft der alevitischen Familie Assad vorbei.

Zur Story