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Keine Steuergelder mehr für Fleischwerbung: Greenpeace erhöht den Druck

Keine Steuergelder mehr für Fleisch-, Käse- und Milchwerbung: Greenpeace erhöht den Druck

Der Bund soll künftig Werbung «für umweltzerstörende tierische Produkte» nicht mehr finanziell unterstützen. Das fordert Greenpeace in einer Petition. Unterstützung erfährt das Anliegen vor allem von links-grüner Seite.
30.01.2023, 07:2730.01.2023, 07:27
Chiara Stäheli / ch media
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Schweizer Käse – einfach gut.
In die Vermarktung von Schweizer Käse im In- und Ausland investiert der Bund jährlich über 20 Millionen Franken.Bild: shutterstock.com

Das Plakat zeigt eine Fleischplatte mit Aufschnitt, Salami und Wurst. Darüber prangt der Slogan «Die Pralinenschachtel für den Mann». Mit solchen Plakaten warb die Branchenorganisation Proviande vor knapp zehn Jahren für Schweizer Fleisch. Inzwischen kommt die Werbung zwar etwas moderner daher, doch das Ziel blieb dasselbe: Proviande propagiert den Konsum von Fleisch aus Schweizer Produktion.

So warb Proviande vor einigen Jahren für Schweizer Fleisch.
So warb Proviande vor einigen Jahren für Schweizer Fleisch.Bild: zvg

Finanziert werden diese Werbekampagnen unter anderem mit Steuergeldern. Der Bund stellt den Branchenorganisationen zur Absatzförderung von Schweizer Landwirtschaftsprodukten finanzielle Mittel zur Verfügung.

Dabei gilt: Der Bund zahlt die Gelder nur aus, wenn mindestens die Hälfte der Marketingkosten durch die betroffene Branche selbst zur Verfügung gestellt wird. Für das laufende Jahr sind beim Bund über 60 Millionen Franken für die Absatzförderung budgetiert.

Profititieren die Bauern oder die Händler?

Davon fliesst rund ein Drittel in die Vermarktung von Schweizer Käse im In- und Ausland, für Fleisch investiert der Bund 5 Millionen Franken jährlich, für Butter und Milch 7,4 Millionen Franken.

Das ärgert Alexandra Gavilano, Kampagnenleiterin bei Greenpeace: «Es kann nicht sein, dass unsere Steuergelder für das Marketing von Produkten verwendet werden, die nachweislich für die Zerstörung der Umwelt und den Klimawandel verantwortlich sind.»

Deshalb hat Greenpeace im Parlament unter dem Titel «Keine Steuergelder für Werbemärchen» eine Petition eingereicht. Darin fordert die Umweltorganisation die Politik auf, die Absatzförderung für Fleisch, Eier, Käse und Milch zu streichen. Denn laut Gavilano «dienen diese Gelder vor allem den grossen Detailhändlern». Bisher sei nicht nachgewiesen, dass die Landwirtinnen und Landwirte davon profitieren.

Bauernpräsident verteidigt Werbegelder

Nachdem der Ständerat der Petition im vergangenen Juni eine Abfuhr erteilt hat, beschäftigt sich am Dienstag die Wirtschaftskommission des Nationalrats damit. Mit am Tisch sitzt dann auch Bauernverbandspräsident und Nationalrat Markus Ritter (Mitte/SG).

Er verteidigt das Instrument der Absatzförderung vehement: «Diese Mittel werden nicht dafür eingesetzt, dass mehr von einem bestimmten Produkt verkauft wird. Vielmehr trägt die Absatzförderung dazu bei, dass sich Schweizer Produkte gegenüber Importen behaupten können.» Es gehe also darum, mit diesen Geldern den «Mehrwert von Schweizer Landwirtschaftserzeugnissen» hervorzustreichen, so Ritter.

Diese Argumentation lässt Gavilano von Greenpeace nicht gelten: «Mit Fleisch, Milch oder Käse promoten wir hierzulande auch Produkte, deren Erzeugung weitgehend von importierten Futtermitteln abhängt – insbesondere bei Schweinen und Geflügel.»

Sie verweist darauf, dass der Bedarf an Kraftfutter in der Schweiz zu mehr als der Hälfte mit «klima- und biodiversitätsschädigenden Importen» gedeckt werden müsse. Gavilano hofft, «dass die Politik nun endlich Verantwortung übernimmt und die Bundesverwaltung beauftragt, zumindest einmal zu untersuchen, inwiefern die Absatzförderung oder andere Subventionen klimaschädigend wirken».

Untersuchung zu biodiversitätsschädigenden Subventionen läuft

Eine Untersuchung mit ähnlichem Inhalt hat der Bundesrat im vergangenen Juni in Auftrag gegeben. Er reagierte damit auf eine Studie zu biodiversitätsschädigenden Subventionen der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Schnee, Wald und Landschaft. Bis Ende 2024 sollen das Wirtschafts- und das Umweltdepartement konkret aufzeigen, wie sich acht bestimmte «Bundessubventionen» auf die Biodiversität auswirken. Untersucht wird dabei auch die Absatzförderung für Milch, Fleisch und Eier, weil diese im Verdacht steht, eine konsumsteigernde Wirkung zu haben.

Gavilano kann sich vorstellen, dass im Rahmen dieser Evaluation zugleich negative Auswirkungen auf das Klima untersucht werden. Unterstützung erhält sie vor allem von linker Seite: Nebst den Grünen und der SP befürworten auch die Grünliberalen die Greenpeace-Petition. Dennoch hat das Anliegen einen schweren Stand. In jüngster Vergangenheit erlitten sämtliche ähnlich lautenden Vorstösse spätestens im Parlament Schiffbruch.

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139 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Rethinking
30.01.2023 07:41registriert Oktober 2018
Richtig so…

Es macht absolut keinen Sinn, wenn der Staat schädliches Handeln fördert / unterstützt / subventioniert…

Es ist sogar kontraproduktiv…

Umweltschädliches Verhalten darf nicht unterstützt werden, Egal ob Nahrung, Transport, Konsum etc.

Solche Unterstützen sind zu kurzfristig gedacht und dienen nur wenigen…
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dr. flöckli
30.01.2023 07:55registriert Januar 2017
Das wäre höchste Zeit!
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Fairness
30.01.2023 08:52registriert Dezember 2018
Das war schon immer unnötig und nur ein Geschenk an die Bezüger. Wieso muss zB ein Unternehmen wie Emmi unterstützt werden? Wieso Butter (manchmal Mangelware, wird importiert und dann als Schweizer Butter verkauft usw.) fördern? Da fliesst noch viel mehr grundsätzlich in die falschen Taschen.
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    Abgangsentschädigungen trotz Fehlern, Widerstand von links und rechts gegen das EU-Stromabkommen und die USA verweigern einer Schweizerin die Einreise: Das und mehr findet sich in den Sonntagszeitungen.

    Fehlleistungen von Spitzenbeamten haben sich nach Informationen der «NZZ am Sonntag» offenbar nicht zwingend auf deren Abgangsentschädigungen ausgewirkt. Topkader sollen Abfindungen teils unabhängig davon erhalten haben, unter welchen Umständen sie den Bund verlassen haben, wie die Zeitung schrieb. Insgesamt habe der Bund von 2021 bis 2023 vierzehn Topkadern eine Abgangsentschädigung zwischen rund 49'000 Franken und gut 363'000 Franken pro Person bewilligt. Mehrere Personen hätten direkt im Anschluss eine Führungsposition im privaten Sektor übernommen. Ihre Abfindung mussten sie deswegen nicht zurückzahlen, wie die Zeitung schrieb. Die Behörden betonten laut der «NZZ am Sonntag», dass die Entschädigungen «gemäss den rechtlichen Grundlagen» entrichtet worden seien.

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