Das Parlament hat der Rüstungslobby nachgegeben und heute zum Gesetz gemacht, was breite Kreise massiv empört: Künftig darf die Schweiz auch Exporte von Rüstungsgütern in solche Länder bewilligen, in denen Menschenrechte systematisch verletzt werden. Jedenfalls dann, wenn das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die Art der Waffen für ungeeignet hält, damit Menschenrechte zu verletzen und im Zielland kein «hohes Risiko» für Menschenrechtsverletzungen besteht.
So absurd wie diese Bestimmung waren die Begründungen für den Entscheid.
So verwies Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann darauf, dass die Rüstungsindustrie für die Schweiz ein bedeutender Wirtschaftszweig und Arbeitgeber sei. Tatsache ist: Nur gerade 0,2 Prozent der Schweizer Exporte betreffen Rüstungsgüter.
Offiziers- und Armeekreise bemerkten, dass eine fitte Rüstungsindustrie für die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz unabdingbar sei. Diese martialische Argumentationsweise provoziert folgende Feststellung: Ohne Atomwaffen und eigene Internet-Infrastruktur ist die Schweiz für sich allein nie «verteidigungsfähig».
Und was die Verteidigung anbelangt, so sei den Verfechtern des Reduit-Gedankens, wonach eine starke Schweizer Armee Eindringlinge vor einer Invasion abhalte, gesagt: Keine Macht der Welt muss auch mit nur einem Soldaten die Schweizer Grenze überschreiten. Sie zu schliessen reicht völlig. Nach ein paar Wochen wird der Verteidigungsminister um jeden Kanister Benzin betteln.
Am entlarvendsten in der Diskussion war aber das Argument der Rüstungslobbyisten, dass man mit dem geltenden Gesetz gegenüber der europäischen Rüstungsindustrie benachteiligt sei. Wer Rüstungsgüter an menschenrechtsverletzende Staaten verkaufen muss, um konkurrenzfähig zu sein, der sollte vielleicht einfach bessere Arbeit machen.
Sicher ist der Entscheid für die Schweiz als Depositarstaat der Genfer Konventionen und Sitz der UNO kein Gewinn und für alle Opfer von Menschenrechtsverletzungen in welchem Land auch immer ein Hohn.
Traurigerweise wird die neue Regelung gegenüber der alten aber keinen grossen Unterschied machen. Die Schweiz lieferte schon bisher Waffen an Staaten in Risikogebieten wie Jordanien, Katar, Bahrain, Oman, Kuwait und Pakistan. Eine schriftliche Bestätigung der Abnehmer, die Waffen nicht an kriegführende Länder weiterzugeben oder nicht gegen die Zivilbevölkerung einzusetzen, genügte den Behörden, die Ausfuhren zu bewilligen. Sobald die Rüstungsgüter ausgeliefert sind, sind diese Garantien oft gerade einmal das Papier wert, auf dem sie abgegeben wurden.
Schweizer Handgranaten in Libyen oder Syrien, Schweizer Schützenpanzer in Bahrain, Schweizer Pilatus-Flugzeuge im Tschad und Schweizer Scharfschützengewehre auf dem Maidan zeugen davon.
Das einzige Gesetz, das den Einsatz von Schweizer Kriegsmaterial in kriegerischen Konflikten gegen eine Opposition oder Zivilbevölkerung verhindern kann, ist ein Gesetz, das die Produktion und Ausfuhr von Schweizer Kriegsmaterial komplett verbietet.
Jedes andere Gesetz dient höchstens der Scheinlegitimation tödlicher Geschäfte.