Listenplätze sind eine Glaubenssache. Manche Kandidaten schwören auf den positiven Effekt, ganz oben zu stehen. Manche Parteien wiederum glauben an die gesteigerte Aufmerksamkeit, die dem Tabellenletzten zukommt. Keine Partei überlässt die Platzierung ihrer Kandidaten dem Zufall.
Keine aber nutzt die Vergabe der Listenplätze, um die Parteikasse aufzupolieren – ausser der Schweizerischen Volkspartei. «Bisherige Grossräte und ambitionierte Kandidaten stehen bei unseren Listen ganz oben. Dafür wird ein Unkostenbeitrag in der Höhe von 500 Franken fällig», sagt Parteisekretär Joël Thüring gegenüber der bz. Dies sei bereits bei den letzten Wahlen so praktiziert worden und wird als Unterstützung des allgemeinen SVP-Wahlkampfes verstanden. Wahlkampfmaterial erhalten die Kandidaten deswegen aber nicht, etwa in Form von Flyern, Plakatplätzen oder Inseraten.
Verboten ist das nicht, wie Regierungssprecher Marco Greiner auf Anfrage der BZ bestätigt: «Der Verkauf von Listenplätzen stellt keinen Verstoss gegen das kantonale Recht dar.» Thüring rechtfertigt den Preis zudem mit den tiefen Mandatsabgaben der SVP.
«Ich finde dies für ein demokratisches Verfahren problematisch», sagt hingegen Harald Friedl vom Grünen Bündnis. Zwar befördert auch seine Partei Spitzenkandidaten auf die vorderen Plätze. Dies sei aber gratis. Dahinter stehen die Frauen vor den Männern. Auch Andrea Strahm, Präsidentin der Koalitionspartnerin CVP, zeigt sich überrascht von der SVP: «Das bringt natürlich Geld. Unsere Philosophie ist es aber nicht: Bei uns werden die Kandidierenden alphabetisch aufgeführt.»
SP und FDP halten es ähnlich wie die Grünen: Sie ziehen die Frauen den Männern vor. Die Freisinnigen allerdings mit einer kleinen Änderung: In der Mitte der Geschlechtergrenze stehen die Bisherigen. Mit Abstand das komplizierteste Verfahren wenden die Grünliberalen an: Den Anfang machen die Bisherigen, gefolgt von «Ambitionierten», danach die Listenfüller alphabetisch geordnet und das alles nach Geschlechtern alternierend. «Den Schluss macht in jedem Wahlkreis ein prominenter Kandidat, als besondere Ehre quasi», sagt Parteisekretär Yves Krebs. «Wissenschaftliche Erkenntnisse zu diesem Themenbereich existieren nicht», sagt Krebs, der auch im Wahlbüro gearbeitet hat.
Zumindest auf nationaler Ebene ist der Handel mit Listenplätzen kein neues Phänomen. Der «Tages-Anzeiger» berichtete im Zusammenhang mit den Nationalratswahlen 2010 bereits über Listenplätze der Zürcher FDP, die bis zu 40'000 Franken kosteten.
Wer für die SVP in den Grossen Rat einziehen will, muss zudem eine Loyalitätsbekundung unterschreiben. Und auch diese knüpft die politischen Interessen ans Portemonnaie: So müssen Grossräte, die die Partei während der laufenden Legislatur verlassen, eine Konventionalstrafe in der Höhe von 20'000 Franken zahlen. So zumindest will es das Papier, das die Parteimitglieder für ihre Kandidatur unterzeichnen müssen. Dass sich dies im Ernstfall wirklich durchsetzen liesse, ist unwahrscheinlich. Aufgrund der Vereinsfreiheit und des Schutzes der Persönlichkeit vor übermässiger Bindung, wie Abklärungen der bz ergaben. Als unlängst Grossrat Michel Rusterholtz die SVP für die BDP verliess, kam die Konventionalstrafe nicht zur Anwendung, wie Thüring gegenüber der bz bestätigt