Das Gefängnispersonal im Kanton Genf hat genug. Mit den Medien will keiner der direkt betroffenen Wärter reden. Dafür findet Christian Antonietti, Präsident der Union du Personnel du Corps de Police (UPCP), klare Worte: «Wir werden unter diesen Bedingungen nicht mehr weiterarbeiten.» Die physische und psychische Sicherheit des Gefängnispersonals sei nicht mehr garantiert, die 220-prozentige Überbelegung unverantwortlich, kritisiert Antonietti.
Am schlimmsten ist die Situation in Champ-Dollon. In der für rund 400 Häftlinge konzipierten Haftanstalt sitzen rund 900 Männer ein. Erst im Februar dieses Jahres hiess das Bundesgericht eine Beschwerde zweier Gefangenen gut und beurteilte die engen Haftbedingungen in Champ-Dollon als «menschenrechtswidrig» und «erniedrigend».
Die UPCP führt seit langem Verhandlungen mit dem Genfer Staatsrat. Zuletzt verlangte sie eine Personalaufstockung im Verhältnis von einem Wärter für je zwei Häftlinge bis Ende März. Der Staatsrat ging nicht auf die Forderung ein.
Derweil spitzte sich die Lage in Champ-Dollon weiter zu. Seit mehreren Massenschlägereien im Februar, als rivalisierende Gruppierungen von Häftlingen aus dem Maghreb und Albanien sich die Köpfe einschlugen, sind die Arbeitsumstände noch komplizierter geworden: Gemeinsame Mahlzeiten sind ausgesetzt, Sport und Spaziergänge müssen die verschiedenen Gruppierungen getrennt machen.
Trotz des Streiks sei die Sicherheit der Häftlinge gewährleistet: «Ausgänge aus dem Gefängnis werden bearbeitet, lediglich Eingänge nicht», sagt Gewerkschafter Christian Antonietti. Klar sei, in den Gefängnissen des Kanton Genfs muss etwas passieren.
Laurent Foréstier, Sprecher des Departements für Sicherheit und Wirtschaft in Genf, zeigt sich vom Streik überrascht: «Wir wissen, dass die Wärter momentan unter sehr schwierigen Bedingungen arbeiten», sagt er. Alleine im letzten Jahr seien jedoch 100 neue Wärter eingestellt worden. Weitere Entspannung soll das anfangs April eröffnete Gefängnis Curabilis, eine Spezialeinrichtung für gefährliche Straftäter mit 92 Plätzen in Puplinge, bringen. Ein weiteres Gefängnis befindet sich im Bau. «Wir tun was wir können», sagt Foréstier.