Im Internet lauern Gefahren – ob es uns passt oder nicht.bild: shutterstock
Kommentar
Wir fragen uns ständig, ob die Kinder warm genug haben, wie lange wir das Gemüse kochen sollen, damit die Vitamine erhalten bleiben. Wir sind übervorsichtig, besorgt, aufmerksam. Aber wenn die Kids ins Internet gehen, hören wir auf, uns um sie zu kümmern. Das ist falsch.
27.06.2016, 10:1327.06.2016, 10:23
kathrin buholzer / elternplanet
Ein Artikel von
Wir pürieren Äpfel und Karotten, wir kochen Schnuller mit Zitronenwasser aus, wir schützen Schubladen, Treppen und Ecken, damit sie sich nicht verletzen.
Wir beschützen sie auf Spielplätzen, auf Kindergarten- und Schulwegen. Wir begleiten sie, machen Passwörter mit ihnen aus, damit keine bösen Menschen sie ins Auto ziehen, wir schimpfen mit Nachbarskindern oder Schulkollegen, wenn diese unsere Kinder ärgern oder mobben.
Wir tun alles, damit es unseren Kindern gut geht, dass sie in einem geschützten Rahmen aufwachsen, dass ihnen niemand etwas Böses antut.
Nicht mehr von der Glotze wegzubringen
Dann, eines Tages, kommen sie mit der virtuellen Welt in Berührung.
Zuerst ist alles noch recht harmlos, die Kids sind begeistert von den Apps und Spielen und eben auch beschäftigt (praktisch für uns).
Schnell wird es aber auch anstrengend: Unsere Kinderlein sind oft kaum mehr von den kleinen Glotzgeräten wegzubringen, schliesslich müssen Schlumpfbeeren geerntet, Schlachten gewonnen oder Häuser gebaut werden.
Und irgendwann kommt der Eintritt in den Chat- und Social-Media-Zirkus: Kik, Facebook, Instagram, Snapchat, YouNow und wie sie alle heissen.
Warum hören wir beim Internet auf?
Und genau hier hören wir Eltern oft auf, uns zu kümmern. Wir kennen die Online-Spielplätze nicht mehr, wissen nicht, wo sich unsere Kinder virtuell austauschen und verabreden.
Wir verlieren sie in der virtuellen Welt einfach aus den Augen. Dabei wäre es so wichtig, dass wir genau jetzt da sind.
Viele Eltern reagieren einfach mit Verboten und hoffen, dass sich das Problem dann von selbst löst. Doch genau durch diese Verbote bekommen Kinder und Jugendliche gar nicht erst die Chance, den richtigen Umgang damit zu lernen. Am Schluss tun sie es dann trotzdem – heimlich halt.
Das müssen wir selber tun
Kennen wir Eltern uns mit der Materie nicht mehr aus, dann dürfen wir das nicht als Ausrede benutzen. Vielmehr gilt:
- Wir müssen uns diese Infos selber holen.
- Google hat eine ziemlich gute Suchmaschine, dort findet man einfach alles.
- Wir müssen die Apps und Plattformen kennen, wir müssen uns selber dort anmelden, nachschauen und auch kontrollieren.
- Es ist wichtig, unsere Kinder auf diese virtuelle Herausforderung vorzubereiten und mit ihnen bereits darüber zu reden, wenn sie noch gar nicht auf all diesen Plattformen angemeldet sind.
Wir müssen das tun, weil es unsere Aufgabe ist.
Wir können unsere Kids nicht hundertprozentig beschützen. Wir können nicht verhindern, dass sie vielleicht mal mit dem Fahrrad hinfallen, auf dem Schulweg mit einem anderen Kind streiten oder beim Fussgängerstreifen nicht immer schön brav nach links und rechts gucken.
Aber wir können alles dafür tun, dass sie mögliche Gefahren erkennen und lernen vorauszuschauen.
Elternplanet ist der Schweizer Elternblog. Hier werden die wichtigsten Erziehungsfragen diskutiert. Es gibt ausserdem Tipps und Webvideos für den Erziehungsalltag, alles mit viel Fantasie und Humor.
Die Betreiberin des Blogs, Kathrin Buholzer, ist Journalistin und Elternberaterin sowie Mutter von zwei Mädchen (13 und 11 Jahre).
Elternplanet ist auch auf
Facebook.
Diese Fragen müssen wir mit den Kindern klären
Wir müssen sie mit den Gefahren konfrontieren, wir müssen mit ihnen darüber reden, Fragen und Gegenfragen stellen. Deshalb ist es unsere Pflicht, Folgendes zu tun und mit den Kindern die folgenden Fragen zu klären:
- Warum solltest du nicht deinen richtigen Namen angeben?
- Was könnte passieren?
- Warum solltest du bei Instagram die Ortungsfunktion nicht einschalten?
- Warum solltest du in der Biografie nicht schreiben, wo du wohnst und in welchem Club du Sport treibst?
- Wie kann man wissen, dass Max_13 wirklich Max heisst und 13 Jahre alt ist?
- Warum solltest du keine Leute «frienden», die du nicht auch im richtigen Leben kennst?
- Was hast du davon, wenn du mehr als 1000 Follower hast?
- Wie kannst du dir in der realen Welt Anerkennung verschaffen, sodass du auf die Anerkennung in der virtuellen Welt gar nicht mehr so dermassen angewiesen bist?
- Was tust du, wenn du belästigt wirst, wenn plötzlich Bilder und Filme von dir in einem Gruppenchat auftauchen und du das nicht möchtest?
Solche und viele andere Fragen sind wichtig, damit wir mit unseren Kids und Jugendlichen in Kontakt bleiben.
Sie selber sollen mögliche Antworten suchen und verschiedene Möglichkeiten finden, wie sie sich auf Facebook, YouTube, Kik, WhatsApp, Snapchat und YouNow verhalten sollen.
Diese Dinge dürfen nicht passieren
- Ich bin entsetzt, wütend, traurig und sprachlos, wenn ich um 22.45 Uhr zwei 13-jährige Mädels auf YouNow sehe, die per Handy-Livestream in ihrem Kinderzimmer vor 1043 wildfremden Menschen über ihre Hobbys und ihr Privatleben plaudern und dann – Achtung! Haltet euch fest – ihre Handynummer öffentlich bekanntgeben.
- Ich bin noch schockierter, wenn plötzlich der Onkel der beiden ins Zimmer kommt und ohne mit der Wimper zu zucken sagt: «Um Mitternacht müsst ihr dann im Bett sein!»
- Und ich bin vollkommen fassungslos, wenn ich sehe, dass in den nächsten 35 Minuten zig fremde Leute, Männer, Jungs (oder wer auch immer) diese Mädchen anrufen und mit ihnen plaudern, so lange, bis es den Mädchen dann doch unheimlich wird und sie den Stream abbrechen.
- Ich kann nur den Kopf schütteln, wenn sich ein 14-jähriges Girl um 01.45 Uhr auf YouNow unglaublich freut, weil es 5000 Likes von Wildfremden (wohl meist Männern, über 30 oder noch älter) bekommt.
- Ich verliere wirklich ein bisschen den Glauben an die Menschheit, wenn das Mädchen sich während dem Stream überlegt, eine Facebook-Fanpage zu machen, weil es ja jetzt «fame» ist.
- Ich kann kaum hinschauen, wenn das Mädchen von den geilen Typen immer wieder aufgefordert wird, aufzustehen, sich zu drehen und ihren «knackigen Po» zu präsentieren, der in engen, schwarzen Leder-Leggings steckt, und sie es dann auch noch tut – mehrmals.
Mit den Infos zu ihrem Privatleben, die sie im Chat preisgegeben hat, und den Infos aus ihrem Instagram- und Facebook-Account ist es unglaublich einfach, in vier Minuten den Namen ihrer Eltern und ihre Wohnadresse rauszufinden.
Der Blick auf das Smartphone
Ich bitte euch sehr: Seid wachsam und gebt auf eure Kinder acht.
Schaut euch immer wieder die Smartphones eurer Kids an, habt den Mut zu kontrollieren, welche Apps sie nutzen, mit wem, wo, wie oft sie chatten und wie sie ihre jeweiligen Accounts eingestellt haben.
Sie sollen lernen diese Medien vernünftig zu nutzen, damit sie Spass haben und wir nicht auf Facebook eines Tages Kerzenbilder für sie posten müssen …
Wir sind verantwortlich für unsere Kids, müssen sie schützen und begleiten.
Sie sind das Wichtigste, was wir haben.
Wie geht ihr damit um, dass die Kinder ihre Zeit im Internet verbringen? Welche Regeln gelten bei euch? Schreibt eure Erfahrungen ins Kommentarfeld!
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