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Karfreitag/Ostern:Warum liess Gott den Kreuztod Jesu zu?

Bewohnerinnen und Bewohner aus der Region stellen als biblische Persoenlichkeiten verkleidet den Leidensweg Christi nach Golgatha dar, waehrend der Prozession vom Gruendonnerstag in Mendrisio, am 24.  ...
Jesus trägt das Kreuz: Karfreitagsprozession in Mendrisio TI, Gründonnerstag 2016.Bild: KEYSTONE
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Warum liess Gott zu, dass Jesus ans Kreuz geschlagen wurde?

Der Kreuztod von Jesus ist ein verstörender Akt in der christlichen Heilslehre.
08.04.2017, 08:0906.05.2021, 14:52
Hugo Stamm
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In einer Woche feiert die christliche und westliche Welt den Tod von Jesus Christus am Kreuz. Der Sohn Gottes stirbt auf entwürdigende Art, hingerichtet vom römischen Stadthalter Pontius Pilatus, wie im Alten Testament festgehalten ist.

Zwei Sätze, die gleich mehrere verstörende religiöse Aspekte aufzeigen. Gott lässt seinen Sohn einen qualvollen, unwürdigen Tod sterben, vollzogen von auserwählten Gläubigen. Kommt hinzu, dass Jesus im Johannes-Evangelium als Held bezeichnet wird.

«Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?»

In der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach, die in diesen Tagen oft aufgeführt wird, heisst es denn auch: «Der Held aus Juda siegt mit Macht und schliesst den Kampf – es ist vollbracht.» Wie erklärt man Gläubigen, dass «Held Jesus», von Pilatus als unschuldig empfunden, neben Verbrechern ans Kreuz geschlagen wird?

Die gängigste Interpretation: Gott hat seinen Sohn geopfert als Beweis für seine Liebe. Mit diesem Akt erlöste Jesus uns Menschen. (Zwischenruf: Kann jemand die Erlösung erkennen? Zum Beispiel in Syrien?)

Nüchtern betrachtet klingt das alles eigenartig und macht wenig Sinn. Warum muss Gott uns seine Liebe beweisen? Fände er nicht humanere Möglichkeiten oder Argumente, als seinen Sohn Todesqualen auszusetzen?

ARCHIV - Der Darsteller Frederik Mayet als Jesus (M) hängt am 10.05.2010 in Oberammergau (Oberbayern) in der Fotoprobe zu den Oberammergauer Passionsspielen in der Kreuzigungs-Szene am Kreuz, während  ...
Jesus am Kreuz: Fotoprobe für die Oberammergauer Passionsspiele, 2010.Bild: keystone

Verstörend wirkt das vor allem auch, wenn wir uns den Dialog zwischen Pilatus und Jesus vergegenwärtigen. Pilatus sagte laut Johannes-Passion: «Redest du nicht mit mir? Weisst du nicht, dass ich Macht habe, dich zu kreuzigen, und Macht habe, dich loszugeben?»

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Gott hat seinen Sohn bewusst hinrichten lassen

Jesus antwortete: «Du hättest keine Macht über mich, wenn sie dir nicht wäre von oben herab gegeben.» Ohne Gott hätte Pilatus also nicht die Macht gehabt, Jesus kreuzigen zu lassen. Kurz: Gott hat seinen Sohn bewusst hinrichten lassen, obwohl Pilatus weitgehend von seiner Unschuld überzeugt war.

Der Kreuztod von Jesus sprengt unsere moralischen Vorstellungen. Unser Gerechtigkeitssinn rebelliert. Gott lehrt uns in seinen Geboten, wir sollen nicht töten, doch Gott lässt zu, dass sein menschgewordener unschuldiger Sohn hingerichtet wird.

Unterschiedliche Versionen der Evangelisten

Die Konfusion wird komplett, wenn wir berücksichtigen, dass die anderen drei Evangelisten die Ereignisse anders beschreiben. Bei Markus und Matthäus ruft Jesus am Kreuz: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?» Anders die letzten Worte bei Lukas: «Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.»

Welche Variante stimmt nun? Oder vielleicht sind alle Aussagen von Jesus Spekulationen, denn die vier Evangelisten haben den Kreuztod nicht miterlebt. Sie kannten auch Jesus nicht, sondern schrieben seine Geschichte erst Jahrzehnte nach dessen Tod auf.

Hugo Stamm; Religionsblogger
Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig: Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.

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161 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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SemperFi
08.04.2017 13:36registriert Februar 2014
Ich verstehe die Frage von Herrn Stamm nicht ganz. Ohne Tod am Kreuz kein Märtyrerstatus, kein Auferstehungswunder, keine Verehrung, keine christlichen Religion. Ganz einfaches Marketing eben.

PS: Wenn ich als Gott ja weiss, das mein Sohn in drei Tagen auferstehen wird, kann ich den spektakulären, vorübergehenden Tod zu Gunsten eines höheren Ziels in Kauf nehmen.
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satyros
08.04.2017 09:52registriert August 2014
"hingerichtet von einer aufgebrachten Horde Juden." Ich finde es nicht gerade sinnvoll, hier ein uraltes Vorurteil (Gottesmörder), das mitverantwortlich für den christlichen Judenhass ist, zu verbreiten. Gemäss aller Evangelien waren es römische Soldaten, die Jesus gekreuzigt haben. So dürfte es wohl auch gewesen sein.
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Blitzableiter
08.04.2017 09:15registriert Oktober 2015
Solche Fragen stellt man sich in den Jugendjahren. Als Erwachsener sollte man aber mal davon losgekommen sein und wissen dass es halt einfach Religion ist. Manche Glauben daran und andere nicht.
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Ich war für ein Wochenende in Davos und habe eine kleine Analyse und eine Nummer für euch mitgebracht.

Wer in Zürich jemanden kennenlernen will, so im echten Leben, in einer Bar oder einem Club, ich rede hier nicht von den ganz verrückten Dingen, die nur in Filmen passieren, wo sich Leute am helllichten Tag auf dem Trottoir kreuzen und so verzaubert sind, dass sie umdrehen und einander auf der Stelle ehelichen, nein, ich rede hier vom billigbanalen, promillebedingten Ansprechen an Orten, wo man sich kaum sieht und hört, davon rede ich, und auch das passiert in Zürich nie. Mir nicht, meinen Freundinnen und Freunden nicht und dir ganz bestimmt auch nicht. Ausser vielleicht, du siehst aus wie Jennifer Lawrence. Aber wer sieht schon aus wie Jennifer Lawrence? Eben.

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