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Sind Elektroautos DIE Lösung?

Das Laden: der Fokus beim Elektrofahrzeug.
Das Laden: der Fokus beim Elektrofahrzeug.Bild: Shutterstock
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Sind Elektroautos DIE Lösung?

Die Produktfamilie der rein elektrisch betriebenen Autos ist in den letzten Jahren am stärksten gewachsen und zählt die meisten neuen Modelle. Wir informieren über eine Technologie, die sich immer weiterentwickelt und wie andere Elektroantriebe ihre Vor- und Nachteile hat.
11.10.2022, 08:40
Jerome Marchon
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Fast geräuschlos, ohne lokale Schadstoffemissionen, wartungsarm, platzsparend und mit hohem Startdrehmoment bieten Elektromotoren viele Vorteile, die für sie sprechen und dem Auto neue Perspektiven eröffnen.

Doch stellt sich die Frage nach der Speicherung der Energie für deren Betrieb im Auto. Die Lithium-Ionen-Batterietechnologie, die seit etwa 15 Jahren in der Industrie überwiegt, hat viele Fortschritte gemacht und ihr Entwicklungspotenzial ist noch nicht ausgeschöpft. Doch die Batterien sind nach wie vor teuer, schwer und platzraubend. Ob leer oder voll, sie wiegen zwischen 300 kg für einen Kleinwagen und über 600 kg für einen sportlichen Familien-SUV, wohingegen mit 40 bis 100 Litern Kraftstoff, d. h. 30 bis 80 kg Flüssigkeit, meist grössere Reichweiten erzielt werden können als mit Batterien.

Ladestationen bieten beim «Aufladen» noch nicht den Komfort einer Zapfsäule.
Ladestationen bieten beim «Aufladen» noch nicht den Komfort einer Zapfsäule. image: Shutterstock

Bei neuen Technologien, die sich noch in der Erprobungsphase befinden, wie z. B. Festelektrolytbatterien oder Strukturbatterien, sieht die Zukunft aber vielversprechend aus. Wie der Name schon sagt, könnten Letztere entweder die Form von Karosseriepaneelen annehmen oder Bestandteil der Fahrzeugstruktur sein, da sie aus Verbundwerkstoff sind. Dadurch wären erhebliche Gewichts- und Platzeinsparungen möglich!

Das Nachladen nicht unterschätzen

Höhere Energiekapazität und leistungsfähige Lithium-Ionen-Batterien ergeben logischerweise auch mehr potenzielle Fahrleistung. Das ist positiv, aber im Gegenzug verlängert sich mit zunehmender Batteriekapazität auch die Ladezeit.

Hier wird das Problem der Ladeinfrastruktur relevant. Schnellladestationen an Hauptverkehrsstrassen, wo Batterien in 30-45 Minuten zu 80 % aufgeladen werden können, sind eine Lösung. Allerdings sollten sie nicht systematisch genutzt werden, weil die hohe Ladeleistung die Batterien stark belastet und dadurch ihre Lebensdauer verkürzt wird. Abgesehen von dieser Beschränkung sind die Tarife hoch – und werden im aktuellen Energiekontext noch steigen –, aber vor allem bedarf es eines zweckmässigen und effizienten Schnellladenetzes.

In der Schweiz beispielsweise fehlen solche Infrastrukturen in vielen Regionen noch völlig.

Eine Heimladestation ist für ein Elektrofahrzeug unerlässlich.
Eine Heimladestation ist für ein Elektrofahrzeug unerlässlich.image: TCS

Daher ist eine private Installation unverzichtbar. Für eine Ladestation, die mindestens eine 100-kWh-Batterie über Nacht aufladen kann – noch dazu zum aktuellen Tarif für Haushaltsstrom –, sind manchmal erhebliche Investitionen erforderlich.

Mit der heutigen Technologie und Infrastruktur wird das Aufladen nie so schnell und einfach sein wie das Tanken an einer Tankstelle.

Wie wäre es mit Wasserstoff?

Die Brennstoffzelle kann den Nachteil der Ladezeit ausgleichen. Doch abgesehen davon, dass das Angebot an Fahrzeugen sehr begrenzt und die Kosten noch hoch sind, stösst auch sie auf Probleme: die Infrastruktur der Wasserstoffproduktion, die CO2-Bilanz («grauer» Wasserstoff aus der Raffinierung von Öl) und die Betankung (es gibt nur eine öffentliche Tankstelle in der Westschweiz).

Allerdings ist Wasserstoff eine der interessanten Alternativen im Strassengüterverkehr, wo Elektrobatterien wegen ihres Gewichts und ihrer begrenzten Reichweite auf langen Strecken ein grosses Handicap darstellen.

Empfindlich gegenüber Topografie und Klima

Elektroautos haben sich in den Städten und ihren Randgebieten als nützlich erwiesen, aber wie sieht es mit langen Strecken aus, insbesondere auf Autobahnen? Das Elektroauto mag keine Schnellstrassen, das ist klar. Alle Tests belegen, dass die maximale Reichweite wesentlich geringer ist, weil die Motordrehzahl hoch ist und es kaum Regenerationsphasen gibt (die Batterie wird beim Verzögern/Bremsen aufgeladen).

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Im Winter ist die Schnellladefähigkeit schlechter als bei mildem Wetter.Bild: AUDI AG

Auch das Fahren bei Temperaturen unter 10 °C und über 25 °C wirkt sich negativ auf den Wirkungsgrad der Batterie und damit auf die Reichweite aus, die je nach Modell und Wetterbedingungen erfahrungsgemäss um 25 bis 50 % sinkt. Dementsprechend länger dauert auch das Aufladen.

Um dieses Manko auszugleichen, gibt es bei den neueren Modellen Systeme, die die Batterietemperatur während der Fahrt optimieren oder dem Bordcomputer mitteilen, wann die Batterie wieder aufgeladen werden muss, je nach Marke und Modell allerdings mit mehr oder weniger Erfolg.

Umstellung der Gewohnheiten

Die Nutzung eines reinen Elektrofahrzeugs erfordert eine Umstellung der Fahrgewohnheiten, und zwar in noch stärkerem Masse als bei einem Mikro-Hybrid, Voll-Hybrid- oder einem Plug-in-Hybridfahrzeug. Im Gegensatz zu diesen Technologien können Elektrofahrzeuge nicht auf eine alternative Energiequelle zurückgreifen, die schnell und überall verfügbar ist, sobald die Batterie leer ist.

Es empfiehlt sich daher, Strecken und Ladezeiten vorausschauend zu planen. Die meisten Fahrzeug-Navigationssysteme sind mittlerweile mit dem Batteriemanagementsystem verknüpft, das die Reichweite in Abhängigkeit von der Batterieladung anzeigt und Ladestationen an der Strecke vorschlägt. Die modernsten Geräte steuern sogar die Nutzung der Batterieenergie je nach Streckenverlauf.

Fast jedes neue Modell, das auf den Markt kommt, verfügt über Verbesserungen und neue Technologien, die den Wirkungsgrad von Strom als «Kraftstoff» steigern. Bevor man sich jedoch für ein Elektrofahrzeug entscheidet, sollte man überlegen, wie man das Auto nutzen will und welche Technologie dafür geeignet ist. Nur dann wird die Erfahrung für den Nutzer, seinen Geldbeutel und die Umwelt von Vorteil sein.

A propos de l'auteur:

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Jérôme Marchon ist ...
... seit seiner frühesten Kindheit ein leidenschaftlicher Auto-Fan. Seine berufliche Karriere begann er in der Finanzbranche, trug aber schon früh zum Aufbau eines Auto-Blogs bei – bis er schliesslich seinen eigenen Blog gründete. Sein weiterer Weg führte ihn in die Chefredaktion der «Revue Automobile». Seit 2018 ist er freiberuflich tätig und schreibt für verschiedene Auto- und allgemeine Print- und Digital-Medien in der Schweiz und im Ausland. Jérôme Marchon arbeitet auch als Übersetzer und Berater für redaktionelle Inhalte für Automobilveranstaltungen und Autohersteller.
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80 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Heb
11.10.2022 10:38registriert August 2015
Irgendwi habe ich zweifel das die Person welche diesen Artikel geschrieben hat privat mit einem EAuto unterwegs ist. Wieso gehen alle immer davon aus, dass ueber Nacht das Auto voll geladen werden muss?
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Beat_
11.10.2022 10:13registriert Dezember 2018
Wieder mal ein Beitrag, der Wasserstoff -Autos gut findet, aber nicht darauf hinweist, das etwa die dreifache Energie gegenüber einem E-Auto nötig ist, um gleich weit zu kommen.
Wasserstoff hat sicher auch seine Berechtigung, aber eher im Schwerverkehr als für den PW.
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Snowy
11.10.2022 10:24registriert April 2016
Warum immer diese clickbait-Titel bei der Elektroautomobilität?

Natürlich sind Elektroautos nicht DIE Lösung!

Damit spielt man genau in die Karten der ewiggestrigen Petrolheads.
Ja natürlich ist ein Elektrofahrzeug nicht „grün“ und es löst auch nicht alle Probleme in der Mobilität.

Aber wer heute ein neues Auto kaufen muss, weil das alte am Lebensende ist, der kauft sich besser ein Elektrofahrzeug als einen höchst ineffizienten Verbrenner
Weil Verbrenner bedeutet endlichen Rohstoff aus Diktatoren-Händen zu verbrennen. Das alles noch mit einer extrem schlechten Energieeffizienz.
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Der Ort, an dem die Frauen baggern
Ich war für ein Wochenende in Davos und habe eine kleine Analyse und eine Nummer für euch mitgebracht.

Wer in Zürich jemanden kennenlernen will, so im echten Leben, in einer Bar oder einem Club, ich rede hier nicht von den ganz verrückten Dingen, die nur in Filmen passieren, wo sich Leute am helllichten Tag auf dem Trottoir kreuzen und so verzaubert sind, dass sie umdrehen und einander auf der Stelle ehelichen, nein, ich rede hier vom billigbanalen, promillebedingten Ansprechen an Orten, wo man sich kaum sieht und hört, davon rede ich, und auch das passiert in Zürich nie. Mir nicht, meinen Freundinnen und Freunden nicht und dir ganz bestimmt auch nicht. Ausser vielleicht, du siehst aus wie Jennifer Lawrence. Aber wer sieht schon aus wie Jennifer Lawrence? Eben.

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