Ein knuspriges in Huhn Schmetterlingsform soll es heute sein. Was unweigerlich die Frage aufwirft:
Kein Fleisch ist so günstig wie das vom Huhn. Ist das der Grund, dass in der Schweiz jedes Jahr mehr davon gegessen wird? Sicher ist: Die Preisunterschiede sind beim Pouletfleisch sind beträchtlich.
Trotzdem ist das Hühnerfleisch generell erheblich günstiger als etwa Rindfleisch. Das hat mit den Produktionsbedingungen zu tun. Die Hühnermast ist intensiv: Die Mastpoulets in der Schweiz leben üblicherweise 30 bis 37 Tage auf engstem Raum in Hallen. Pro Quadratmeter sind 20 Hühner durchschnittlicher Grösse erlaubt.
Für Pouletfleisch gibt es zudem in der Schweiz keinen Grenzschutz. Knapp die Hälfte wird jedes Jahr importiert – aus der EU, aus Brasilien oder China.
Mehr Raum für das Federvieh und Direktzahlungen für den Halter gibt es durch zwei Programme des Bundes: BTS und RAUS.
Sehr viele sind das nicht: Nur zehn Prozent der Schweizer Hühner stammen aus RAUS-Haltung und gelten demnach als Freilandpoulets (während 88 Prozent BTS-konform aufwachsen). Und: Freilandhühner leben eindeutig länger, nämlich mindestens 56 Tage.
Bio-Hühner werden noch etwas älter, 63 Tage, und erhalten biologisch erzeugtes Futter. KAG Freiland verlangt für Masthühner Weidegang während mindestens zwei Dritteln ihres Lebens.
Auf der Wiese finden Hühner im Gegensatz zu Rindern nur einen Teil dessen, was sie zum Fressen brauchen. Nebst dem Gras und den Würmern, die sie aus dem Boden ziehen, benötigen sie immer auch Körner. Sie sind damit Nahrungskonkurrenten der Menschen.
Deshalb ist der Vorschlag, statt Rind- vermehrt Hühnerfleisch zu essen, wie ihn kürzlich der indische Professor Brahma Chellaney in einem international verbreiteten Kommentar erhob, reichlich fragwürdig.
Aber wir wollen nur das Beste, nämlich einen Vogel, der sich bewegen und gemächlich wachsen konnte. Weil das tierischer (analog zu humaner) ist. Und weil das Fleisch solcher Tiere fester ist und besser schmeckt.
Und deshalb wollen wir es auch mit Haut und Knochen braten. Karin schlägt vor, es nach einem amerikanischen Rezept zu «butterflyen»: Mit einer Küchenschere schneidet sie dem Huhn das Rückgrat heraus. Somit lässt es sich flach drücken und hat die Silhouette eines Schmetterlings (siehe Anleitung in der Box und in den Videos).
Das Butterfly-Rezept, nach dem wir vorgehen, packt diese Ausgangslage forsch an. Das Poulet kommt mit der Haut nach unten auf den Rost über der glühenden Holzkohle. So soll das Hühnerfleisch rasch durchgegart – und die Haut knusprig werden.
Video: watson.ch
Video: watson.ch
Beim Grillieren schiessen rasch Flämmchen und Flammen aus der eben noch unter einer Staubschicht mottenden Glut. Der Grund ist das Fett, das aus der Haut tropft. Die Flammen aber sind wesentlich heisser als die Glut. Die Folge sind Brandspuren – verkohlte Teile am Fleisch.
Das Huhn ist mit zwei Dachziegeln beschwert, damit es flach wie ein Schmetterling bleibt. Derart schwer, lässt es sich aber nicht mehr auf dem Grill herumschieben, um es vor den Flammen zu retten. Als wir es nach 15 Minuten wenden, ist es mehr verkohlt, als uns lieb ist. Es schmeckt durchaus, wie sich später zeigt, aber perfekt ist anders.
Michael: «Beim nächsten Mal würde ich es umgekehrt, nämlich mit den Knochen der Bauchhöhle nach unten auf den Rost legen. Und eine Weile so liegen lassen. Erst wenn die Hitze etwas abgenommen hat, würde ich es wenden.»
Karin: «Nein. Mir ist wichtig, dass der fleischig-saftige Teil so schnell wie möglich gebraten wird. Darum muss man zuerst die Fleischseite grillieren. Wir haben es zu früh auf die Glut gelegt. Die Temperatur war zu hoch. Grillieren heisst Geduld haben, Herr Lütscher!»
Um eine Lösung zu finden, legen wir nochmals zwei Butterfly-Poulets auf den Grill. Eines mit der Bauchhöhle nach unten, wie es Michael vorgeschlagen hat, auf die rund 280 Grad heisse Glut. Das andere auf die Haut, aber einige Minuten später, als die Temperatur über der Glut auf rund 200 Grad gesunken ist.
Poulet eins löst vergleichsweise wenig Flammen aus; aus der Bauchhöhle tropft weniger Fett als aus der Haut. Beim Wenden nach 15 Minuten zeigt sich, dass ein Teil gleichwohl etwas verkohlt ist. Weil es sich um Rippenknochen handelt, die man ohnehin nicht isst, ist dies halb so schlimm.
Anschliessend wird es nach jeweils 10 Minuten noch zweimal gewendet. Nach insgesamt 45 Minuten stecken wir das Fleischthermometer in einen Schenkel (und dann in die Brust). Karins Bedenken sollen ausgeräumt sein; ein Huhn muss durchgebraten sein, also 70 Grad Kerntemperatur aufweisen. Ja, es ist soweit.
Poulet zwei entwickelt sich eher schleppend. Die Kohle ist zu einem grossen Teil verglüht, die Temperatur sinkt zu stark. Das Zusammenschieben der Glut schafft eine gewisse Abhilfe. Es ist ein Dilemma: Eine Schicht Holzkohle ist 30 Minuten nachdem sie grillbereit ist, bereits stark verglüht. Legt man mehrere Schichten in den Grill, wird die Temperatur zu hoch.
Karin: «Das nächste Mal werde ich eine Zwei-Zonen-Glut einrichten: Eine heissere Zone mit doppelter und eine moderate Zone mit einlagiger Glut.»
Nach rund einer Stunde ist das Huhn gar, wie eine Prüfung mit dem Fleischthermometer zeigt. Aussen ist es mehr goldgelb als braun.
Michael: «Wie bist Du mit dem Resultat zufrieden?»
Karin: «Die Haut ist nicht knusprig. Das darf nicht sein.»
Michael: «Es ist auch innen sehr feucht, fast wie wenn es im Römertopf geschmort hätte. Meines gefällt mir besser: Durch, aber doch saftig, und mit einem klaren Grillaroma. Und mit einem Thymian-Duft, vom Moppen.»
Karin: «Ich sage nichts.»
Michael: «Aber du hast mehr gegessen davon als ich.»