Lieber Ivan
Mitte Januar 2015 hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Mindestwechselkurs von 1.20 Franken pro Euro aufgegeben. Seither wehrt sie sich gegen den Aufwertungsdruck unter anderem mit Leitzinsen deutlich unter dem Euroniveau. Zurzeit bezahlen die Banken auf ihre Sichtguthaben bei der SNB 0,75 Prozent Strafzins. Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsschraube weiter nach unten gedreht hat, wird die SNB wohl mitziehen. Und die Grosswetterlage deutet auf noch eine lange Zeit mit Negativzinsen hin.
Deine Idee, das Ersparte in den Tresor zu legen, hat also einiges für sich. Aber auch Safes sind nicht gratis. In eher abgelegenen Landesteilen kosten Bankschliessfächer 50 bis 60 Franken pro Jahr. An zentralen Lagen kann ein kleines Fach auch schon 200 Franken kosten. Schliessfächer bieten übrigens nicht nur Banken an. Allerdings sind die Preise branchenfremder Anbieter höher. Sollten die Banken tatsächlich Negativzinsen für Kleinsparer und Sparerinnen einführen, dürften Schliessfächer schnell zu einer Rarität werden und ihre Mieten entsprechend steigen.
Trotz wohl noch lange anhaltenden Negativzinsen rechne ich in absehbarer Zeit nicht mit Strafzinsen für Kleinsparer: Bisher haben die Banken die von der SNB erhobenen Negativzinsen nur an institutionelle Kunden wie Pensionskassen und an vermögende Kunden weiter verrechnet. Eine Ausnahme ist die Alternative Bank Schweiz in Olten. Sie erhebt seit Anfang 2016 auch auf kleineren Konten einen negativen Zins von 0,125 Prozent.
Ich gehe davon aus, dass Kleinsparer und Kleinsparerinnen noch lange von der Belastung durch Minuszinsen ausgenommen werden. Zum einen bezahlen sie heute schon eine – vor wenigen Jahren noch unbekannte – Kontogebühr. Das ist gleichsam der Ersatz für Negativzinsen. Zum anderen würden die Banken riskieren, dass ihre Kleinsparer bei einem Negativzins in grossem Stil ihr Geld abheben und in Safes horten. Ein Bankensturm ist aber das Letzte, was sich die Geldhäuser wünschen.
Mittelfristig bieten sich digitale Währungen als Alternativen zu Bankkonten und Tresoren an. Doch ein Wechsel auf die Kryptoebene ist gegenwärtig noch sehr teuer. Zudem wirken die zahlreichen Meldungen über Diebstähle im Kryptobereich wenig vertrauensfördernd. Nicht zuletzt fehlt derzeit ein liquider Stable Coin, der an den Franken gebunden ist. Die von Facebook geplante Kryptowährung Libra könnte zwar zu einer Alternative zum Bankkonto werden. Bis sie ihre Kinderkrankheiten überwunden hat, lasse ich aber lieber die Finger davon.
Viele Grüsse von Comparis.ch