«Alles ist vergeben», titelt das mit Spannung erwartete neuste «Charlie Hebdo»-Cover. Darunter steht vor grünem Grund ein weinender Prophet Mohammed, der bekennt «Je Suis Charlie». Die Zeichnung ist vom langjährigen «Charlie Hebdo»-Zeichner Renald Luzier alias Luz. Was bedeutet sie und wer vergibt hier wem? Dies sind die drei Möglichkeiten:
Wollen die «Charlie Hebdo»-Macher mit dem neuen Cover sagen, dass selbst Prophet Mohammed nicht wütend über die Karikaturen von ihm wäre? Dass selbst der Prophet den Zeichnern vergibt? Möglich ist es, denn mit dem «Je suis Charlie»-Transparent solidarisiert sich der Cover-Mohammed eindeutig mit dem «Charlie Hebdo» und den Werten, die das Symbol vertritt: Die Freiheit der Satire, der Meinung, der Presse.
Oder will die Redaktion damit sagen, dass sie selber den Attentätern vergibt? Immerhin heisst es im Übertitel «Tout est pardonné», also «ALLES ist vergeben» – eine grosse Geste seitens einer Redaktion, die den Tod von sechs Kollegen und ihrem Chefredakteur zu beklagen hat.
Oder halten die «Charlie Hebdo»-Macher – es folgt die etwas weniger offensichtliche Interpretation – etwa der Solidaritäts-Welle zynisch den Spiegel vor? Wollen sie uns sagen, dass nach dem Anschlag plötzlich jeder «Charlie» ist? Dass selbst jene, die das Heft zuvor ständig kritisiert haben, ihm jetzt alles vergeben und vergessen haben?
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