China
Gesellschaft & Politik

Die Doktrin «Haltet die Stärken verborgen» war gestern. Heute heisst es: «China ist eine Grossmacht»

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Pekings neues Selbstbewusstsein

Die Doktrin «Haltet die Stärken verborgen» war gestern. Heute heisst es: «China ist eine Grossmacht»

China will seine Stärke nicht länger verstecken. Unter Staatschef Xi Jinping schlägt Peking eine neue Richtung ein: China will nicht nur Wirtschaftsmotor, sondern Grossmacht sein. Dazu pumpt Peking Milliarden in die Aufrüstung. Den Nachbarländern macht das Angst. 
05.03.2014, 12:0505.03.2014, 14:05
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Unter den aufmerksamen Blicken der rund 3000 Delegierten erklärt der Premier Li Keqiang die Modernisierung der Streitkräfte zu einem zentralen Ziel der Partei für das kommende Jahr. Entsprechend stockt Peking seinen Militäretat drastisch auf. "Chinas Einfluss in der Welt ist weiter gewachsen", betont Li zum Auftakt des Volkskongresses und erntet Applaus. 

Das selbstbewusste Auftreten von Chinas Führung kommt einer Kehrtwende in der Aussenpolitik gleich. "China will seine Macht stärker nach aussen projizieren als jemals zuvor", sagt Sebastian Heilmann, der Direktor des Mercator Instituts for China Studies (MERICS) in Berlin. "China will über das eigene Territorium hinaus Macht entfalten. Das ist wirklich neu, und das wird bewusst artikuliert", betont er. 

Bisher hatte sich Peking in seinen Aussagen meist zurückgehalten. Staatsführer Deng Xiaoping hatte vor Jahrzehnten als aussenpolitische Doktrin ausgegeben: "Haltet unsere Stärken verborgen. Versteckt unsere Schwächen." Daran hatten sich seine Nachfolger gehalten. Aber jetzt scheint die neue Führung in Peking unter Staats- und Parteichef Xi Jinping eine andere Strategie einzuleiten. Als grösste Handelsnation der Welt und regionale Militärmacht beansprucht China offenbar eine neue Führungsrolle. 

Aktive internationale Rolle

"Als verantwortungsvolle Macht wird sich China aktiv international beteiligen", kündigt Li Keqiang vollmundig an. Peking werde eine konstruktive Rolle im Weltgeschehen spielen und die internationale Ordnung gerechter und gleichberechtigter gestalten. "Wir werden die Mobilisierung der nationalen Verteidigung stärken", sagt er. Die Küsten-, Luft- und Grenzstreitkräfte sollen weiter aufgerüstet werden. 

Von den Delegierten bekommt Li dafür viel Zuspruch. "Als Grossmacht brauchen wir ein entsprechendes Militär. Sonst können wir unser Territorium nicht beschützen und für den Weltfrieden eintreten", sagt der Abgeordnete Yin Xingshan, der die Filiale der Zentralbank in der zentralchinesischen Millionenstadt Wuhan leitet. Auch der Dekan der Universität von Jiangsu pflichtet bei: "Wenn China stark sein will, muss es international Verantwortung übernehmen." 

Aber der neue globale Führungsanspruch hat einen Preis: "Eine verantwortliche Grossmacht muss bei den grossen internationalen Krisen dabei sein. Aber das ist etwas, was China bisher vermieden hat", sagt Heilmann. 

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Besorgnis bei den Nachbarn

Pekings Aufrüstung macht aber besonders den Nachbarländern in Asien Sorge. Mit etlichen Staaten hat China Grenzstreitigkeiten. Allen voran steht Peking mit Japan im Konflikt um eine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer. Auch im Südchinesischen Meer macht Peking Besitzansprüche geltend, und Länder wie Vietnam, Brunei, Malaysia und die Philippinen halten dagegen. 

Traditionell war die Volksbefreiungsarmee auf eine Rückeroberung Taiwans fokussiert. Doch die Kontrolle des Ostchinesischen und Südchinesischen Meeres und der dort beanspruchten Inseln sowie der Schutz wirtschaftlicher und für die Ölversorgung wichtiger Wasserstrassen rücken zunehmend in den Mittelpunkt ihrer Aufgaben. 

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Die chinesischen Streitkräfte sollen auch militärische Operationen in anderen Regionen wie dem westlichen Pazifik und dem Indischen Ozean übernehmen können. Der erste chinesische Flugzeugträger "Liaoning" dient vorerst noch Trainingszwecken und dürfte 2015 eine einsatzfähige Flugstaffel haben. Weitere Flugzeugträger sollen im Laufe der nächsten zehn Jahre folgen. "Die Volksbefreiungsarmee in eine wirklich moderne Kampftruppe umzuwandeln, bleibt ein langfristiges Projekt", urteilt jedoch die Fachzeitung "IHS Jane's". Die Nachbarländer können sich deswegen aber noch lange nicht zurücklehnen. (aeg/sda/dpa)

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