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Seehofer spielt den Ball zurück an Merkel

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Horst Seehofer sucht noch einmal das Gespräch. Bild: EPA/EPA

Seehofer spielt den Ball zurück an Merkel – letzte Chance für eine Einigung

02.07.2018, 02:4802.07.2018, 03:15
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CSU-Chef Horst Seehofer hat sein politisches Schicksal in die Hände der CDU gelegt: In einem Spitzengespräch will der deutsche Innenminister die Schwesterpartei an diesem Montag zum Einlenken im dramatischen Asylstreit bewegen.

Erst danach will er endgültig über seinen angekündigten Rücktritt von beiden Ämtern, also den Ministerposten und den CSU-Vorsitz, entscheiden. Die engste Parteiführung hatte ihn gebeten, nicht zurückzutreten.

Die CDU-Führung zeigte sich für das Treffen offen, wie die Nachrichtenagentur DPA erfuhr. Beide Seiten vertagten sich in der Nacht auf Montag. Der Parteivorstand hatte sich am Sonntag aber klar hinter die deutsche Kanzlerin Angela Merkel gestellt.

Unterschied bei entscheidender Frage

«Ich habe ja gesagt, dass ich beide Ämter zur Verfügung stelle, dass ich das in den nächsten drei Tagen vollziehe», sagte Seehofer am frühen Montagmorgen in München. Das Gespräch mit der CDU sei ein «Zwischenschritt», geführt «in der Hoffnung, dass wir uns verständigen». Alles Weitere werde anschliessend entschieden.

«Wir wollen im Interesse dieses Landes und der Handlungsfähigkeit unserer Koalition und Regierung – die wir erhalten wollen – einen Einigungsversuch machen in dieser zentralen Frage zur Zurückweisung, alleine zu dieser Frage», betonte Seehofer. Er hoffe, dass dies gelinge, das Gesprächsangebot sei ein Entgegenkommen von ihm an die Kanzlerin und die CDU. «Sonst wäre das heute endgültig gewesen.»

Wann das Treffen konkret stattfinden soll, war zunächst offen. Um 14.00 Uhr ist ohnehin eine Sitzung der Unionsfraktion, also von allen Abgeordneten von CDU und CSU im Bundestag geplant.

Kern des Unions-Streits sind Pläne Seehofers, in anderen EU-Ländern registrierte Asylbewerber notfalls im Alleingang an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Merkel lehnt einseitige Aktionen Deutschlands ab und pocht auf ein europäisch abgestimmtes Vorgehen.

Seehofer hatte zuvor nach fast achtstündigen Beratungen vor seinen Parteikollegen gesagt, es gebe drei Optionen: Entweder die CSU beuge sich dem Kurs Merkels in der Asylpolitik. Oder er ordne als Innenminister Zurückweisungen bestimmter Migranten an der deutschen Grenzen an – mit allen Gefahren für den Fortbestand der Koalition.

Vorgehensweise festgelegt

Die dritte Option sei, dass er als Parteichef und Minister zurücktrete – und das habe er auch vor zu tun. Er werde am kommenden Mittwoch 69 Jahre alt, und habe viel erreicht. Seehofer ist erst seit rund 100 Tagen Minister in der neuen grossen Koalition, seit 2008 ist er CSU-Chef.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt widersprach in der Sitzung umgehend. «Das ist eine Entscheidung, die ich so nicht akzeptieren kann», sagte er und erhielt dafür nach Teilnehmerangaben lang anhaltenden Applaus. Die Sitzung wurde unterbrochen, die engste Parteispitze zog sich mit Seehofer zu Beratungen zurück. Der CSU-Vorstand hatte seit dem Nachmittag über den Asylstreit mit der CDU diskutiert. Dabei hatten Seehofer und seine Parteifreunde sich mehrheitlich gegen die Linie der Kanzlerin gewandt.

Beim Gipfel in Brüssel hatte sich die EU auf weitere Verschärfungen der Migrationspolitik verständigt. So sollen Bootsflüchtlinge in zentralen Sammellagern in der EU untergebracht werden. Merkel erhielt nach eigenen Angaben zudem Zusagen mehrerer Länder, über schnellere Rückführungen von Migranten zu verhandeln. Ausserdem wurden am Samstag überraschend weitgehende zusätzliche Asyl-Vorschläge Merkels bekannt.

Anderer Blick der CSU

Seehofer nannte die EU-Beschlüsse kein «wirkungsgleiches Surrogat» (keinen gleichwertigen Ersatz). Er widersprach damit direkt Merkel. Die Kanzlerin hatte bei der Aufzeichnung eines Sommerinterviews der ZDF-Sendung «Berlin direkt» zur Frage, ob die Forderungen der CSU erfüllt seien, gesagt: «In der Summe all dessen, was wir insgesamt beschlossen haben, ist das wirkungsgleich. Das ist meine persönliche Auffassung. Die CSU muss das natürlich für sich entscheiden.» (sda/dpa/afp/reu)

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