Die Nazi-Zombies sind wieder da. Das neue Call of Duty: WWII spendiert den stinkenden Antimenschen gar einen eigenen Modus. Der Spieler oder die Spielerin macht Jagd auf die stöhnenden Geschöpfe – und löst nebenher ein paar kleinere Rätsel.
Was folgt, ist unvermeidbar: Ein Aufschrei geht durch die Reihen der selbst ernannten Kulturkritiker. «Das gehört sich doch nicht! Nazi-Zombies in Videospielen verharmlosen den schrecklichen Nationalsozialismus!», meinte vor kurzem ein Freund zu mir. «Das muss man doch wirklich nicht machen!», doppelte er nach.
Stimmt, das muss man nicht machen, aber man kann.
Nazi-Zombies stöhnen seit jeher in Videospielen: Während in «Zombie Army Trilogy» Nazi-Zombies ohne grosse Hintergrundgeschichte über den Haufen geschossen werden dürfen, sind sie in der «Wolfenstein»-Reihe ein gern wiedergesehener Gast. Hier kehren die toten Nazis in bester Trash-Form zurück und werden sogar unter anderem noch mit Metall zu Mensch-Maschinen-Kreaturen zusammengesetzt. Und das ist nur die Spitze des Ideen-Eisbergs.
Was die Game-Industrie anbietet, hat die Filmindustrie schon viel länger im Angebot. In «Shock Waves» aus dem Jahr 1977 durften bereits Nazi-Zombies über den Bildschirm schlurfen. Viele weitere Horror-Filme bedienten sich dieser modrigen Hakenkreuz-Fans: «Sumpf der lebenden Toten» (1981), «Dead Snow» (2009) oder «Frankenstein's Army» (2013) liessen Nazi-Zombies auf die Zuschauer los. Unzählige Gastauftritte hatten die schlurfenden Faschisten auch schon in der langlebigen Literatur- und Comic-Geschichte.
Kurz: Nazi-Zombies gehören zur Trash-Unterhaltungskultur dazu, wie Superhelden und Sternenkrieger.
Nicht alle Konsumenten haben daran Spass. Viele finden das sehr bedenklich und anstössig. Das ist durchaus verständlich. Doch wer sein Unterhaltungsherz ein bisschen öffnet und zwischen den sozialkritischen Zeilen des jeweiligen Mediums liest, darf Nazi-Zombies durchaus ohne Bedenken unterhaltsam finden. So auch im neuen «Call of Duty: WWII».
Dennoch bleibt da beim aktuellen «Call of Duty» irgendwie ein mulmiges Gefühl zurück. Und zwar aus gutem Grund ...
Wer die Kampagne zu Ende spielt, besucht am Schluss der Geschichte ein erobertes Konzentrationslager, um dort einen entführten Kameraden zu suchen. Leichen liegen herum, der Tod ist allgegenwärtig. Dieser kurze Level-Abschnitt ist aber alles andere als interaktiv. Das bedeutet, man bewegt zwar die Spielfigur mit dem Gewehr in den Händen durch das Areal, aber man kann nicht interagieren, sprich, keinen Schuss abgeben oder sonstige Aktivitäten tätigen. Nur herumlaufen und sich diese scheussliche Stätte des Todes ansehen ist möglich. Dabei macht sich ein mulmiges Gefühl in der Bauchgegend breit, ein richtiges Unwohlsein. Darf man seine Spielfigur in einem Spiel, das in erster Linie der Unterhaltung dient, in einem Konzentrationslager bewegen? Darf sowas überhaupt gezeigt werden?
Es ist begrüssenswert, dass sich die Entwickler diesem schwierigen Thema angenommen haben. Die Videospielbranche gibt sich gerne als erwachsen und will als Medium wahrgenommen werden, das längst den Kinderschuhen entkommen ist. Dann ist so ein kompromissloser Epilog am Ende eines Unterhaltungsspiels durchaus zu begrüssen. Denn trotz Hurra-Patriotismus und Kriegsspielerei, der Dämpfer am Schluss kommt zur richtigen Zeit.
Krieg ist ein Irrsinn. Der Zweite Weltkrieg war ein Irrsinn. Das Töten ist irrsinnig. Das wird mit diesem kurzen, aber sehr eindrücklichen Lauf durch ein abscheuliches Konzentrationslager nochmals verdeutlicht. Dem Spieler wird quasi ins Gesicht geschlagen, an sein Gewissen appelliert. Er oder sie hat zwar ein Unterhaltungsprodukt konsumiert, das aber einen wahren, äusserst schrecklichen Hintergrund besitzt. Das tut weh und das ist auch gut so!
Und dennoch haben es die Entwickler verpasst, die Thematik auch wirklich ernst zu nehmen. Denn der kurze Abschnitt im Konzentrationslager verkommt zur Farce, wenn man bedenkt, dass das Spiel gleichzeitig einen spassigen Nazi-Zombie-Modus präsentiert. Untote Nationalsozialisten werden hier mit einem Trash-Kleid überzogen und als Kanonenfutter freigegeben. Man entfernt sich hier wieder komplett von der Realität und taucht in eine krude Welt hinein, die jenseits der Zeitgeschichte existiert.
Hätte man auf den Nazi-Zombie-Modus komplett verzichtet oder ihn später wenigstens als freiwilligen DLC angeboten, wäre der nicht-interaktive Kurzlevel am Schluss, der einem wirklich zum Nachdenken anregt, viel intensiver und nachhaltiger geworden. Da haben die Macher definitiv eine sehr grosse Chance verpasst.
«Call of Duty: WWII» ist erhältlich für Playstation 4, Xbox One und PC. Freigegeben ab 18 Jahren.