Eine chinesische Provinz baut ein Überwachungssystem mit Gesichtserkennung auf, um ausländische Journalisten und Studenten sowie andere verdächtige Personen verfolgen zu können. Wie aus der vorliegenden Ausschreibung der Provinz Henan hervorgeht, sollen 3000 Kameras mit nationalen und regionalen Datenbanken verbunden werden. Auch soll beispielsweise ein Alarm gegeben werden, wenn sich eine der betreffenden Personen im Hotel registriert, ein Flugticket kauft oder die Provinzgrenze überschreitet. Das Verfolgungssystem soll von 2000 Polizisten betrieben werden.
Journalisten werden in drei Kategorien nach Ampelfarben Rot, Gelb und Grün eingeteilt – um die Dringlichkeit der Nachverfolgung zu kennzeichnen. Die Gesichtserkennung muss laut Ausschreibung auch dann genau sein, wenn beobachtete Personen Gesichtsmasken oder Brillen tragen. Das Überwachungssystem sei «anders als alles», was die Forscher bisher entdeckt hätten, berichtete die in den USA ansässige Forschungsfirma für Überwachungstechnologie IPVM, die auch die Ausschreibung online entdeckt hat. Es gebe für Journalisten sogar eine Kategorie «Entsorgung».
Den Zuschlag für das Projekt, das schon im Juli ausgeschrieben worden war, habe im September das chinesische Software- und IT-Unternehmen Neusoft erhalten, berichtete IPVM weiter. Neusoft nutze für seine Software die Cloud von Huawei und hat seit 2009 eine Niederlassung in der Schweiz (Appenzell). Mehrfache Versuche, eine Stellungnahme der Firma zu bekommen, die auch in den USA, Japan und Deutschland aktiv ist, blieben demnach erfolglos. Neusoft ist laut Wikipedia-Eintrag «das grösste Softwareentwicklungs- und IT-Dienstleistungsunternehmen Chinas».
Ob auch andere Provinzen ähnliche Überwachungssysteme aufbauen oder vielleicht schon betreiben, ist nicht bekannt.
Die biometrische Überwachung der Bevölkerung ist längst nicht mehr auf autoritäre Staaten wie China oder Russland beschränkt. 2019 erlaubten 109 Länder automatisierte Gesichtserkennung zu Überwachungszwecken, davon 32 in Europa, wie Surfshark recherchierte. Auch in der Schweiz setzen mehrere Polizeikorps ohne klare Gesetzesgrundlage automatisierte Gesichtserkennungssoftware ein.
Datenschutzorganisationen fordern daher per Online-Petition ein Verbot von Gesichtserkennung und biometrischer (Massen-)überwachung in der Schweiz. Gemeint ist die automatische Identifikation von Menschen im öffentlichen Raum anhand persönlicher Merkmale wie Gesicht, Gangart, Augen oder Stimme. Das Missbrauchspotenzial sei viel zu gross und das Gebot der Verhältnismässigkeit werde verletzt, weil grundsätzlich alle permanent überwacht werden könnten, auch ohne Straftat.
Die grösste Gefahr drohe «durch eine Kombination von Videoüberwachung und Gesichtserkennung», schreiben die Nichtregierungsorganisation Amnesty International, AlgorithmWatch Schweiz und Digitale Gesellschaft.
Politikerinnen und Politiker in Lausanne und Zürich fordern, dass ihre Städte auf biometrische Überwachung verzichten sollen, da diese Technologien für Massenüberwachungszwecke missbraucht werden könnten und somit «fundamentale demokratische Prinzipien unterwandert» würden.
(oli/sda/dpa)
Nein spass, ist natürlich ein bisschen Ironie enthalten ;)
Crazy, wie unsere "Verfassungsfreunde" das Beispiel China missbrauchen.