Digital
International

Überwachung mit Gesichtserkennung erreicht in China ein neues Level

China baut ein umfassendes Überwachungssystem mit Gesichts- und Gangerkennung auf.
China baut ein umfassendes Überwachungssystem mit Gesichts- und Gangerkennung auf. bild: shutterstock

Flächendeckende Überwachung mit Gesichtserkennung erreicht in China ein völlig neues Level

Ein Bericht über ein neues Überwachungssystem in China alarmiert Datenschützerinnen und Menschenrechtsaktivisten. Doch auch im Rest der Welt breitet sich die Überwachung per Gesichtserkennung im öffentlichen Raum aus.
30.11.2021, 09:1030.11.2021, 13:38
Mehr «Digital»

Eine chinesische Provinz baut ein Überwachungssystem mit Gesichtserkennung auf, um ausländische Journalisten und Studenten sowie andere verdächtige Personen verfolgen zu können. Wie aus der vorliegenden Ausschreibung der Provinz Henan hervorgeht, sollen 3000 Kameras mit nationalen und regionalen Datenbanken verbunden werden. Auch soll beispielsweise ein Alarm gegeben werden, wenn sich eine der betreffenden Personen im Hotel registriert, ein Flugticket kauft oder die Provinzgrenze überschreitet. Das Verfolgungssystem soll von 2000 Polizisten betrieben werden.

Journalisten werden in drei Kategorien nach Ampelfarben Rot, Gelb und Grün eingeteilt – um die Dringlichkeit der Nachverfolgung zu kennzeichnen. Die Gesichtserkennung muss laut Ausschreibung auch dann genau sein, wenn beobachtete Personen Gesichtsmasken oder Brillen tragen. Das Überwachungssystem sei «anders als alles», was die Forscher bisher entdeckt hätten, berichtete die in den USA ansässige Forschungsfirma für Überwachungstechnologie IPVM, die auch die Ausschreibung online entdeckt hat. Es gebe für Journalisten sogar eine Kategorie «Entsorgung».

Überwachungsfirma mit Niederlassung in der Schweiz

Den Zuschlag für das Projekt, das schon im Juli ausgeschrieben worden war, habe im September das chinesische Software- und IT-Unternehmen Neusoft erhalten, berichtete IPVM weiter. Neusoft nutze für seine Software die Cloud von Huawei und hat seit 2009 eine Niederlassung in der Schweiz (Appenzell). Mehrfache Versuche, eine Stellungnahme der Firma zu bekommen, die auch in den USA, Japan und Deutschland aktiv ist, blieben demnach erfolglos. Neusoft ist laut Wikipedia-Eintrag «das grösste Softwareentwicklungs- und IT-Dienstleistungsunternehmen Chinas».

Ob auch andere Provinzen ähnliche Überwachungssysteme aufbauen oder vielleicht schon betreiben, ist nicht bekannt.

Massenüberwachung durch biometrische Daten in der Schweiz?

Die biometrische Überwachung der Bevölkerung ist längst nicht mehr auf autoritäre Staaten wie China oder Russland beschränkt. 2019 erlaubten 109 Länder automatisierte Gesichtserkennung zu Überwachungszwecken, davon 32 in Europa, wie Surfshark recherchierte. Auch in der Schweiz setzen mehrere Polizeikorps ohne klare Gesetzesgrundlage automatisierte Gesichtserkennungssoftware ein.

Kaum ein Land in Europa verzichtet vollständig auf Gesichtserkennung zu Überwachungszwecken.
Kaum ein Land in Europa verzichtet vollständig auf Gesichtserkennung zu Überwachungszwecken.grafik: surfshark

Datenschutzorganisationen fordern daher per Online-Petition ein Verbot von Gesichtserkennung und biometrischer (Massen-)überwachung in der Schweiz. Gemeint ist die automatische Identifikation von Menschen im öffentlichen Raum anhand persönlicher Merkmale wie Gesicht, Gangart, Augen oder Stimme. Das Missbrauchspotenzial sei viel zu gross und das Gebot der Verhältnismässigkeit werde verletzt, weil grundsätzlich alle permanent überwacht werden könnten, auch ohne Straftat.

Die grösste Gefahr drohe «durch eine Kombination von Videoüberwachung und Gesichtserkennung», schreiben die Nichtregierungsorganisation Amnesty International, AlgorithmWatch Schweiz und Digitale Gesellschaft.

Widerstand gegen Gesichtserkennung wächst

Politikerinnen und Politiker in Lausanne und Zürich fordern, dass ihre Städte auf biometrische Überwachung verzichten sollen, da diese Technologien für Massenüberwachungszwecke missbraucht werden könnten und somit «fundamentale demokratische Prinzipien unterwandert» würden.

(oli/sda/dpa)

Datenschützer lancieren Petition gegen Gesichtserkennung in der Schweiz

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die schamlosesten Fälschungen aus er ganzen Welt (also ja, hauptsächlich China ...)
1 / 41
Die schamlosesten Fälschungen aus er ganzen Welt (also ja, hauptsächlich China ...)
Bräune buffering.

Bild: via imgur
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Hier werden 15 Wohntürme auf einmal gesprengt
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
124 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Rivka
30.11.2021 10:00registriert April 2021
Die sind doch krank! Und noch schlimmer ist es, dass es keine Konsequenzen für diese abartige Regierung geben wird. Europa hat immer noch 'Sch*ss' von den Chinesen, weil sie zu abhängig ist. Tja, bevor sie die Fabriken auf europäischem Boden schliessen und fürs billige Produzieren nach China versetzen, hätten sie gründlicher überlegen sollen. Die Geldgier des Westens hat einen Monster erschaffen und keiner weiss, wie man es stoppen kann.
19114
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ökonometriker
30.11.2021 09:40registriert Januar 2017
Das muss ja eine super KI sein, wenn es 2000 Polizisten braucht, um 3000 Kameras zu überwachen...
14818
Melden
Zum Kommentar
avatar
the_soccer17
30.11.2021 09:37registriert November 2020
So wird es in der Schweiz bald auch sein!!!1!1!!!
Nein spass, ist natürlich ein bisschen Ironie enthalten ;)
Crazy, wie unsere "Verfassungsfreunde" das Beispiel China missbrauchen.
10622
Melden
Zum Kommentar
124
Hitzewellen, Fluten, Gletscherschwund – Europa erlebte 2023 ein Jahr der Klima-Extreme
Weit verbreitete Überschwemmungen und starke Hitzewellen – der neuste Bericht des EU-Klimadienstes Copernicus und der WMO zeigt, dass Europa 2023 ein Jahr der Extreme erlebte. Für die Experten sind die vorgelegten Daten «alarmierend».

Das Hitzerekordjahr 2023 mit globalen Temperaturen von rund 1,45 Grad über dem vorindustriellen Mittel (1850 bis 1900) hat auch für Europa weitreichende Folgen. So ist Europa gemäss dem heute veröffentlichten Klimareport 2023 (ESOTC 2023) des europäischen Copernicus Climate Change Service und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) derzeit der Kontinent, der sich am schnellsten erwärmt.

Zur Story