Angesichts der jüngsten haarsträubenden Enthüllungen zu Facebook werden sich viele Beobachter fragen:
Zur Erklärung: Wir befinden uns mitten in einem Drama, das nach dem immer gleichen Schema abläuft:
Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat nach eigenen Angaben erst aus einem Bericht der «New York Times» erfahren, dass sein Unternehmen eine berüchtigte PR-Firma beschäftigte, um Kritiker in ein schlechtes Licht zu rücken.
«Jemand aus dem Kommunikationsteam muss sie angeheuert haben», sagte Zuckerberg am Donnerstag in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Auch Geschäftsführerin Sheryl Sandberg, die sich bei Facebook viel mit politischen Fragen befasst, habe davon nichts gewusst.
Facebook wolle jetzt Beziehungen zu PR-Agenturen auf den Prüfstand stellen, um mögliche weitere ähnliche Fälle herauszufiltern. Auch wenn andere zu solchen Methoden griffen, «das ist nicht die Art, wie ich das Unternehmen führen will», betonte Zuckerberg. Er wies auch Kritik daran zurück, dass er angeblich nicht über diese Geschehnisse informiert gewesen sei. In einem Unternehmen von der Grösse von Facebook werde es immer passieren, dass Mitarbeiter etwas machten, wovon er nichts wisse.
Der österreichische Datenschutz-Aktivist Max Schrems, der zu Europas profiliertesten Facebook-Kritikern gehört, twitterte:
Kommt mir nur allzu bekannt vor, ich soll ja ein "illegales Inkassobüro" betreiben, vom der Deutschen Telekom bezahlt sein und "10 Mitarbeiter" haben... 😜😂 Geldgierig und mediengeil sowieso, gell @GPP_Presse?! https://t.co/6Zo0M575Q2
— Max Schrems 🇪🇺🇦🇹 (@maxschrems) 16. November 2018
Facebook räumte am Donnerstag zwar ein, mit der PR-Firma Definers zusammengearbeitet zu haben, die tatsächlich Journalisten ermutigt habe, sich die Finanzierung der Nicht-Regierungs-Organisation (NGO) Freedom from Facebook genauer anzusehen. In einer Stellungnahme wurden die Beweggründe aber anders dargestellt als von der NYT:
Dies als antisemitische Attacke darzustellen, wäre «verwerflich und falsch», lässt Facebook verlauten. Und gleichzeitig heisst es, ohne weitere Begründung: Die Geschäftsbeziehung zu Definers sei «vergangene Nacht» beendet worden.
Weiter bestreitet Facebook:
Für kommendes Jahr kündigt Zuckerberg auch ein neues unabhängiges Gremium an, an das sich Nutzer wenden können, die mit der Löschung ihrer Inhalte durch Facebook nicht einverstanden sind. Details dazu gab es zunächst nicht.
George Soros, als Sohn einer jüdischen Familie 1930 in Ungarn geboren und später als Investor in den USA zum Milliardär geworden, ist Geldgeber für viele liberale und demokratische Organisationen. Soros’ Stiftung Open Democracy Foundations verurteilte das nun publik gewordene Vorgehen von Facebook scharf.
Immer wieder werde Soros zum Zielobjekt antisemitischer Attacken politisch rechter Kräfte in Europa, fassen die Nachrichtenagenturen zusammen. So sehe etwa Ungarns Premier Viktor Orban in dem US-Milliardär «eine Hintergrundmacht», die auch Drahtzieher der Flüchtlingskrise sei. Orban sprach in seinen «Soros-Verschwörungen» immer wieder auch über die US-Politik.
Auch US-Präsident Trump bezeichnete Soros jüngst als den Drahtzieher der Proteste gegen seinen umstrittenen damaligen Richterkandidaten und jetzigen Obersten Richter Brett Kavanaugh. Expertinnen und Experten werten die Aussagen rund um Soros jedoch als reine Verschwörungstheorien, die sich nicht auf wahre Fakten beziehen.
Vor den Halbzeitwahlen (Midterms) behaupteten dann rechte US-Medien, Soros stecke hinter der «Migrantenkarawane», die durch Mexiko Richtung US-Grenze ziehe.
Im Januar dieses Jahres hatte Soros Facebook und Google am WEF in Davos öffentlich kritisiert: «Internetmonopole zeigen weder Willen noch die Tendenz, die Gesellschaft vor der Konsequenz ihrer Taten zu schützen», sagte er. Und:
Rashad Robinson, Vorsitzender der Facebook-kritischen US-NGO Color of Change, bezeichnete die antisemitische PR-Strategie in einer Reaktion als «abscheulich und besorgniserregend». Die Strategie habe einen «wirklich gefährlichen, antisemitischen Unterton über jüdische Menschen, die die Welt kontrollieren würden». Robinson weiter:
Wir erinnern uns: An die US-Adresse von Soros war im Oktober eine Paketbombe geschickt worden. Mutmasslicher Absender: ein polizeibekanntes Mitglied der Republikaner.
In einem offenen Brief an Mark Zuckerberg und Sheryl Sandberg gibt Patrick Gaspard, Leiter der von Soros finanzierten Stiftungsgruppe Open Society Foundations (OSF), Facebook eine Mitschuld an dem Angriff.
My letter to @facebook regarding the smear campaign they paid for and disseminated against George Soros & @OpenSociety as reported by @nickconfessore in the @nytimes. These tactics out of Putin’s playbook have no place in an important debate about the integrity of our elections pic.twitter.com/jF9RhC5vSy
— Patrick Gaspard (@patrickgaspard) 15. November 2018
Eine Verbindung zu «Freedom from Facebook» weist Gaspard zurück. Die Soros-Stiftung habe zwar zwei Mitglieder-Organisationen der Koalition unterstützt, dies habe aber keinen Bezug zu «Freedom from Facebook» gehabt.
Mit Material der Nachrichtenagentur SDA