Handys kabellos laden ist nichts Neues, das konnten beispielsweise Nokia-Smartphones schon vor sechs Jahren. Der Haken: Induktives Laden war jahrelang sehr langsam, entsprechend wenig wird es genutzt.
Huawei will nun der an sich praktischen Funktion zum Durchbruch verhelfen. Beim Mate 20 Pro wurde hierzu das induktive Laden laut Eigenaussage massiv beschleunigt (das haben wir noch nicht getestet). Der eigentliche Clou ist aber eine völlig neue Funktion, die Huawei «umgekehrtes Laden ohne Kabel» nennt.
Und so funktioniert's: Legt man ein anderes, kabellos ladbares Gerät auf das Mate 20 Pro, gibt der Akku Energie an das zweite Gerät ab. Das Huawei-Handy dient also als kabelloses Ladepad, das man jederzeit dabei hat.
Wir haben das iPhone XS Max und das Galaxy Note 8 von Samsung auf das Mate 20 Pro gelegt und geschaut, wie viel Energie die beiden Geräte nach 30 Minuten haben.
Das iPhone XS Max hat eine Akkukapazität von 3179 mAh, der Akku des Galaxy Note 8 ist mit 3300 mAh fast gleich gross. Das Mate 20 Pro hat mit 4200 mAh den deutlich grösseren Akku.
Das iPhone XS Max hatte bei unserem Test eine Ausgangsladung von 71%. Nach einer halben Stunde betrug der Akkustand 76%. Ein zweiter Test bestätigte dieses Resultat.
Bei einem dritten Versuch haben wir das Mate 20 Pro ans Ladegerät gesteckt und das iPhone XS Max wieder für 30 Minuten daraufgelegt. Das Resultat:
Das Galaxy Note 8 von Samsung haben wir ebenfalls für 30 Minuten auf das Mate 20 Pro gelegt. Beim ersten Testlauf erhöhte sich die Akkuanzeige um acht Prozentpunkte. Gleichzeitig sank die Akkuanzeige beim Mate 20 Pro um elf Prozentpunkte.
Wir haben den Test auch beim Samsung-Handy zwei Mal wiederholt und beim zweiten und dritten Testlauf das Mate 20 Pro an das Ladegerät gesteckt, was am Resultat wenig änderte.
Mit beiden Testgeräten hat das umgekehrte Laden problemlos geklappt. Nach 30 Minuten steigt der Akkustand um fünf bis acht Prozentpunkte, gleichzeitig sinkt die Akkuanzeige beim Mate 20 Pro um elf bis 13 Prozentpunkte, was auch am unvermeidbaren Übertragungsverlust liegt.
Fünf bis acht Prozentpunkte mehr Akku nach 30 Minuten scheinen auf den ersten Blick wenig, allerdings könnte dies von Huawei gar so gewollt sein. Würde das Mate 20 Pro die anderen Geräte schneller laden, würde es entsprechend schneller mehr Energie verlieren. Gegen diese These spricht, dass das Mate 20 Pro auch am Stromkabel andere Smartphones nicht signifikant schneller induktiv aufladen kann.
Huawei wird die Ladetechnik mit grösster Wahrscheinlichkeit weiter optimieren und die Ladegeschwindigkeit erhöhen. Mit seinem grossen Akku macht das Mate 20 Pro als Ersatz- oder Not-Powerbank schon jetzt keine schlechte Figur, wirklich nützlich dürfte die Funktion aber erst in Zukunft werden.
Zudem dürfte das umgekehrte Laden vor allem bei Accessoires wie kabellosen Kopfhörern, Smartwatches etc. Sinn machen, die einen weit kleineren Akku als Smartphones haben und entsprechend viel schneller geladen sind.
Kann das Mate 20 Pro alle Geräte kabellos laden? Nein. Die Apple Watch etwa lässt sich nicht flach auf das Smartphone legen und wird somit nicht geladen. Gut möglich aber, dass sich künftig auch die kabellosen Kopfhörer von Apple, Samsung etc. bequem auf den Smartphones der entsprechenden Herstellern laden lassen.
Insbesondere teurere Smartphones unterstützen derzeit drahtloses Laden. Eine Liste mit Handys, die induktiv ladbar sind, gibt es hier.
Ob sich Huaweis an sich clevere Idee durchsetzen wird, muss die Zukunft zeigen. Huawei ist dabei zum Teil auch auf die Kooperation der anderen Hersteller angewiesen. Denn wie schnell Smartphones und Zubehör auf dem Mate 20 Pro geladen werden, hängt auch von Apple, Samsung und den anderen Herstellern ab. Sie bestimmen schlussendlich, wie viel Energie ihre Geräte beim kabellosen Laden aufnehmen können.
Vermutlich könnten Apple und Samsung das induktive Laden mit Smartphones oder Ladepads anderer Hersteller gar absichtlich verlangsamen oder blockieren, um ihren eigenen Ladepads einen Vorteil zu verschaffen.
Das neue Mate 20 Pro habe in Westeuropa alle bisherigen Vorbestellrekorde der Chinesen gebrochen, schreibt Huawei. «Der bisher vom Huawei P20 Pro gehaltene 10-Tages-Rekord wurde um 40 Prozent übertroffen. In der Schweiz wurde die Anzahl der Vorbestellungen sogar verdoppelt», heisst es in der Medienmitteilung.
Preise und Verfügbarkeit in der Schweiz: