Am 23. Dezember 1997 gelang dem damals noch weitestgehend unbekannten japanischen Studio Polys Entertainment eine echte Sensation. Nach fünf Jahren Entwicklungszeit und unzähligen Überstunden brachten Spieldirektor Kazunori Yamauchi und sein gerade einmal sieben Mann starkes Kernteam die Rennsimulation «Gran Turismo» auf den Markt.
Das PlayStation-Spiel bot ein für damalige Verhältnisse wegweisendes Fahrgefühl, sah fanatisch aus, lockte mit knapp 140 Lizenz-Fahrzeugen und gilt noch heute als wichtigster Wegbereiter für das Rennsimulations-Genre auf Konsole. Nicht nur das: Mit 10,85 Mio. verkauften Einheiten legte es den Grundstein für eine Serie, die bis heute Bestand hat.
Yamauchis aktuellster Serienteil hört auf den Namen «Gran Turismo 7», erschien am 4. März 2022 für PS4 und PS5 und will vor allem eins: Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft der Serie in einem Spiel verbinden. Ein wichtiger Baustein, um Letzteres zu erreichen, ist die Gran Turismo World Series, ein direkt vom Entwickler (der seit 1998 Polyphony Digital heisst) organisiertes Racing-Turnier, dessen Finalrennen nun in Monaco ausgetragen wurden.
Bevor die Veranstaltung am 24.11. so richtig durchstartete, überraschte Polyphony Digital die Community jedoch zunächst einmal mit einem Patch, der kurz vor dem 25. Jubiläum eine Vielzahl neuer Features ergänzte. Zu den Highlights zählt dabei zum einen die neue Strecke Michelin Raceway Road Atlanta, unter Motorsportkennern besser bekannt als Schauplatz des «Petit Le Mans». Zum anderen kredenzte man gleich mehrere neue Fahrzeuge: den leistungsstarken BMW M2 Competition `18, den 90er-Jahre-Kraftprotz Nissan Silvia K’s Aero (S14) ´96 sowie den rassigen 80er-Jahre-Tourenwagen Ford Sierra RS 500 Cosworth ´87.
Wer noch bis zu 3. Januar 2023 im Spiel auf den Geburtstags-Banner klickt, darf sich mit dem Gran Turismo X2019 25th Anniversary zudem eine spezielle Version des zusammen mit Red Bull entworfenen Konzeptfahrzeugs in die virtuelle Garage stellen. Stichwort Garage: Bereits gesammelte Vehikel können nun endlich auch verkauft werden – ein bis dato schmerzlich vermisstes Feature. Dazu gesellen sich jede Menge Detailverbesserungen und üppige Credits-Boni, die noch bis zum 5.12. im Sportmodus gewährt werden.
Die grösste Überraschung hoben sich die Macher gleichwohl für den letzten Event-Tag auf. Dort nämlich enthüllte das Studio ein windschnittiges Konzeptfahrzeug aus der Feder von Italiens bekanntestem Rennstall. Der Ferrari Vision GT wiegt 1,25 Tonnen, verfügt über gleich drei Elektromotoren, beschleunigt von 0 auf 100 km/h in weniger als zwei Sekunden und knackt bei durchgetretenem Gaspedal die Marke von 350 km/h. Das Beste: Spätestens ab dem 23.12. können alle «GT7»-Spieler selbst in diesem Feuerofen Platz nehmen. In Lebensgrösse bestaunen lässt sich ein Modell des Edelflitzers indes im Ferrari Museum in Maranello, und zwar vom 15. Dezember bis Ende März 2023.
Polyphony Digital redete aber nicht nur über den Status Quo ihrer Kultmarke, sondern auch über Zukunftspläne. So liess Serienschöpfer Yamauchi in einem Interview mit der Fan-Seite GTPlanet verlautbaren, dass er sich eine PC-Umsetzung durchaus vorstellen könnte. Eine offizielle Bestätigung ist das zwar noch längst nicht, wohl aber eine hoffnungsvoll stimmende Aussage, die gut zu Sonys derzeitiger Strategie passen würde, mehr Playstation-Hits für PC umzusetzen.
Yamauchi liess es sich zudem nicht nehmen, detaillierter über den geplanten «Gran Turismo»-Film zu plaudern, der am 11. August 2023 in die Kinos kommen soll. Demnach zielt der Streifen – der auf einer wahren Geschichte basiert und den Aufstieg eines begeisterten «Gran Turismo»-Spielers hin zum echten Rennsport-Profi erzählt – unter anderem darauf ab, neue Zielgruppen für die Marke zu begeistern. Mit Orlando Bloom («Herr der Ringe»), David Harbour («Stranger Things») und Djimon Gaston Hounsou («Gladiator», «Blood Diamond») konnte Regisseur Neill Blomkamp zudem gleich mehrere Hollywood-Stars ins Boot holen.
Gegenüber watson bekräftigte Yamauchi ausserdem, dass er grosses Interesse an einer weiteren Schweiz-Strecke im Spiel hätte. Als es anschliessend um die Frage nach einer PS VR2-Umsetzung ging, wollte sich der Japaner – der bereits «GT Sport» einen VR-Modus spendiert hatte – hingegen nicht detaillierter äussern. Wir würden uns jedoch nicht wundern, wenn dieses Feature schon 2023 integriert wird.
Doch zum Turnier selbst. Dieses erstreckte sich über vier Tage, an denen die geladenen Gäste sowie die Fan-Community im Internet zahlreiche nervenaufreibende Rennen erlebten. Im grossen Finale des GR Toyota Gazoo Racing GT Cups zu Beginn der Veranstaltung gelang es beispielsweise dem erst 18-jährigen Japaner T. Sasaki – der sich lediglich über den Hoffnungslauf für das Rennen qualifiziert hatte – Bronze zu holen. Silber ergatterte der Franzose K. Drumont, Gold der Brasilianer I. Fraga.
An Tag zwei und drei ging’s dann weiter mit den regionalen Finalrennen im Nations Cup (deren Gewinner ins grosse Finale einzogen) sowie dem Manufacturer’s Cup, den Team Subaru auf dem Circuit de Spa-Franchorchamps nach packender Aufholjagd für sich entschied. Aber auch bei den Grand Finals am 27. November war Mitfiebern angesagt, insbesondere in der letzten Runde, als es zu einem seltsamen Unfall kam, dessen genaue Ursache für minutenlange Diskussionen bei der Rennleitung sorgte.
Als dann endlich alle Ungereimtheiten geklärt waren, folgte die offizielle Bestätigung: Der Spanier Coque López ist neuer World Champion, dicht gefolgt vom Chilenen Angel Inostroza und dem Japaner Takuma Miyazono. Auch wir sagen herzlichen Glückwunsch und freuen uns auf viele weitere Jahre hochkarätigen E-Sport. Dann hoffentlich wieder mit mehr Präsenz von Fahrern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.