Das neue Nokia 2 demonstriert eindrücklich, wie viel Smartphone man inzwischen für rund 100 Franken bekommt. Es zeigt aber auch, wo die Grenzen solcher Budget-Geräte liegen. Ich habe das neue Android-Smartphone der Finnen 20 Tage lang im Alltag getestet.
Wer es günstig mag, eine möglichst lange Akkulaufzeit wünscht und trotzdem nicht auf schnelle Betriebssystem-Updates verzichten will, sollte nun weiterlesen.
Wer mit dem Nokia 2 liebäugelt, tut dies wohl primär des Preises wegen. Gerade mal 119 Franken verlangt der finnische Hersteller HMD für das brandneue Handy. Im Handel dürfte es erfahrungsgemäss bald für rund 100 Franken zu finden sein. Dieses Preisschild sollte man auch beim Lesen dieses Testberichts im Hinterkopf behalten, da wir an ein 100-Franken-Gerät ganz andere Anforderungen stellen als an ein 1000 Franken teures Smartphone.
Nebst dem Preis ist der Monster-Akku das mit Abstand wichtigste Argument für das Nokia 2. An einem normalen Tag verbrauche ich maximal 30 Prozent der Akkukapazität, der Akku hält also drei bis vier Tage durch. So etwas habe ich bei einem Smartphone definitiv noch nie erlebt. Zum Vergleich: Mein fast 1000 Franken teures Galaxy Note 8 (ein Testgerät von Samsung), muss spätestens nach 1,5 Tagen ans Ladegerät.
Mit 4100 mAh hat das Nokia 2 den stärksten Akku aller Smartphones, die ich je getestet habe. In einem iPhone 8 oder 7 ist der Akku beispielsweise nicht halb so gross.
Smartphones mit so grossen Akkus sind rar gesät. Eine Alternative zum Nokia 2 ist beispielsweise das Lenovo P2 mit einem noch grösseren 5100-mAh-Akku.
Wer bislang ein sehr günstiges Android-Smartphone kaufte, musste in aller Regel damit leben, dass das Gerät von Anfang an mit einer veralteten Betriebssystem-Version ausgestattet ist, kaum je ein Betriebssystem-Update erhält und selbst Sicherheitslücken nicht oder erst nach Monaten gestopft werden.
Ganz anders beim Nokia 2: Das 119 Franken teure Budget-Handy wird mit Android 7.1.1 ausgeliefert. Das ist insofern erwähnenswert, da die meisten neuen Top-Smartphones der Konkurrenz ebenfalls mit Android 7.1.1 laufen. Laut HMD erhält das Nokia 2 auch das Update auf die neuste Betriebssystemversion Android 8.1.
Dass ein Günstig-Handy die neusten Betriebssystem-Updates erhält, ist in der Android-Welt eine Ausnahme. Genau so wichtig ist, dass HMD Googles monatliche Sicherheitsupdates für Android extrem schnell ausliefert. So kommt es, dass mein Günstig-Nokia mit dem neusten Februar-Update läuft, während auf meinem zehn Mal teureren Top-Smartphone von Samsung erst das Sicherheitsupdate für den Januar installiert ist.
Im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern verändert HMD Googles originale Benutzeroberfläche von Android nicht. Daher können die Finnen über den ganzen Lebenszyklus eines Smartphones rasch neue Feature-Updates ausliefern.
Darüber hinaus hat sich HMD verpflichtet, seine Smartphones mit monatlichen Sicherheits-Updates zu beliefern, also stets auf dem neusten Stand zu halten. Ich habe in den letzten Monaten bereits das Nokia 3 und 8 getestet und kann bestätigen, das die Updates jeden Monat eintreffen.
Die Sicherheits-Updates werden die ersten beiden Jahre monatlich ausgeliefert, ab dem dritten Jahr voraussichtlich nur noch jedes Quartal. Für einen längeren Zeitraum gibt HMD keine Update-Garantie, da man unmöglich wissen könne, ob die Smartphones von heute mit Googles Android in vier Jahren noch kompatibel seien oder zu stark verlangsamt würden.
Stand heute ist die Update-Politik von HMD vorbildlich. Die regelmässigen Software-Aktualisierungen dürften dafür sorgen, dass Nokia-Phones überdurchschnittlich lange genutzt werden, was auch der Umwelt zugute kommt. Wer ein 119 Franken teures Nokia 2 kauft, hat für mindestens drei Jahre ein Gerät, das ähnlich aktuell und sicher wie ein iPhone oder Pixel-Smartphone von Google ist, die beide ungleich mehr kosten.
Bei einem Budget-Handy würde man vermuten, dass der Hersteller an allen Ecken und Enden spart, also auch bei den Anschlüssen. Natürlich musste auch HMD Kompromisse eingehen (dazu später mehr), aber bei den wichtigen Anschlüssen wurde (fast) nichts weggelassen.
Das Nokia 2 hat einen klassischen Kopfhöreranschluss sowie einen Micro-USB-Anschluss für das Ladekabel. Dass HMD zugunsten eines möglichst tiefen Preises auf den schnelleren USB-C-Anschluss verzichtet, der die Schnellladung des Akkus ermöglicht hätte, ist verständlich. So dauert es nun aber über vier Stunden, bis der vollständig entleerte Riesenakku wieder geladen ist. Da man den Akku an einem Tag fast unmöglich entleeren kann, ist das gemächliche Aufladen zu verschmerzen.
Entfernt man die Rückseite aus Kunststoff, findet man die Einschübe für zwei SIM-Karten sowie den separaten Platzhalter für eine microSD-Speicherkarte. Man kann also zwei SIM-Karten und eine Speicherkarte gleichzeitig nutzen.
Eine solche Speicherkarte sollte man sich gleich dazukaufen, falls man noch keine hat, da der interne Speicher mit gerade mal 8 GB äusserst knapp bemessen ist.
Mit seiner 5-Zoll-Diagonale entspricht das Display ziemlich genau der Durchschnittsgrösse der heute verkauften Smartphones. Das LCD-Display ist ausreichend hell (maximal 500 Nits) und hat mit 1227:1 ein mehr als gutes Kontrastverhältnis. Auch die Auflösung von 1280 Mal 720 Pixel ist vollkommen ausreichend.
Auf dem 5-Zoll-Display kommt man auf eine Punktdichte von 294 Pixel pro Zoll. Zum Vergleich: Das Display im rund sieben Mal teureren iPhone 8 stellt 326 Pixel pro Zoll dar. Der Unterschied ist von blossem Auge unmöglich zu sehen. Kurz gesagt: Das Display im Nokia 2 ist ebenfalls gestochen scharf. Eine noch höhere Auflösung braucht man eigentlich nur für VR-Anwendungen, aber dafür wäre das Nokia 2 viel zu langsam.
Auf dem Nokia 2 ist, von ein paar kosmetischen Anpassungen abgesehen, das pure, sprich nicht modifizierte Original-Android von Google installiert. Es gibt also keine modifizierte Benutzeroberfläche wie bei Samsung oder Huawei.
Nach dem ersten Starten werden automatisch einige Google-Apps wie Gmail, Google Maps, YouTube oder Google Fotos installiert. HMD verzichtet aber konsequent darauf, weitere Apps ungefragt auf dem Handy zu installieren.
Dass ein sehr günstiges Handy nicht mit Extras wie Gesichtserkennung, Fingerabdruckscanner oder kabellosem Laden aufwarten kann, muss vermutlich nicht weiter erläutert werden. Was der Kunde hingegen auch in diesem Preissegment erwarten darf, ist ein einigermassen schnelles und flüssiges Arbeitstempo des Geräts.
Die Gretchenfrage lautet also: Ist HMD mit dem Nokia 2 ein guter Kompromiss zwischen sehr günstigem Preis und ausreichender Geschwindigkeit gelungen?
Die gute Nachricht: Android 7.1.1 läuft auf dem Budget-Handy mit nur 1 GB Arbeitsspeicher grundsätzlich flüssig. Das ist nicht weiter erstaunlich, da Google sein Betriebssystem laufend für leistungsschwache Geräte optimiert und HMD eben das unveränderte Android von Google nutzt. Es gibt bei Nokia-Smartphones folglich keine Probleme mit schlecht programmierten Benutzeroberflächen, die jedes Smartphone ausbremsen können.
Die schlechte Nachricht: Um die Kosten tief zu halten, hat HMD einen vergleichsweise langsamen Snapdragon-212-Prozessor verbaut – und das spürt man. Das Arbeitstempo ist freundlich gesagt gemächlich, Apps nehmen sich auch mal mehrere Sekunden Zeit, um zu starten. Ist die App bereits geöffnet worden, sprich im Arbeitsspeicher, geht alles etwas flotter, aber eine Rakete ist das Nokia 2 definitiv nicht. Selbst beim Schliessen von Apps nimmt sich das Handy bisweilen eine kurze Auszeit, bis man zurück auf den Homescreen gelangt.
Eine spürbare Verbesserung könnte das Update auf Android 8.1 bringen. Google optimiert Android-Apps wie Gmail, Chrome, Google Maps etc. in der sogenannten Android 8 Go Edition speziell für langsame Geräte wie das Nokia 2. Das Handy soll so schneller laufen und mehr freien Speicherplatz bieten.
Ich bin vor drei Wochen vom superschnellen Samsung Galaxy Note 8 auf das langsame Nokia 2 umgestiegen. Nach wenigen Tagen gewöhnt man sich automatisch an das gemächlichere Tempo. Für genügsame Nutzer, die ihr Smartphone nur gelegentlich zum Telefonieren, für WhatsApp oder News-Apps nutzen, ist das Nokia 2 vermutlich ausreichend schnell. Vermutlich, weil es eben sehr subjektiv ist, ob man im Alltag mit der Performance zufrieden ist.
Auf jeden Fall gilt: Poweruser, die ständig zwischen zig Apps wechseln und 3D- oder gar VR-Games spielen wollen, sollten einen weiten Bogen um das Handy machen.
Das Design kann man als klassisch-elegant beschreiben, andere würden wohl altbacken oder langweilig sagen. Von vorn sieht es wie gefühlt die Hälfte aller anderen Handys aus, der Alurahmen ist Standard und die Rückseite aus Kunststoff gewinnt auch keinen Schönheitswettbewerb. Aber hey, wer bei einem 100-Franken-Handy mit einem gigantischen Akku auch noch innovatives Design erwartet, lebt auf dem falschen Planeten.
Wer etwas mehr Chic möchte, sollte sich das nur 50 Franken teurere Nokia 3 anschauen. Deutlich edler wird es in der Mittelklasse mit dem Nokia 5 und 6. Design-Fans kommen mit dem Nokia 8 auf ihre Kosten, zumal es das Premium-Smartphone inzwischen für unter 500 Franken gibt.
Wer die Vergleichsfotos in der oben stehenden Slideshow betrachtet hat, weiss Bescheid: Es lässt sich wenig Positives über die Kameras im Nokia 2 sagen. Die Fotos sind blass, verwaschen und meist zu dunkel. Dies gilt für Haupt- und Selfiekamera. Da man in einem 100-Franken-Handy keinen optischen Bildstabilisator erwarten kann, braucht man bei schlechtem Licht zudem eine ruhige Hand, damit das Foto nicht verwackelt.
Fairerweise muss erwähnt werden, dass die meisten Handy-Fotos bei gutem Licht im Freien geschossen werden. Unter solch idealen Bedingungen kann man selbst aus dieser Billig-Kamera ansprechende Fotos herauskitzeln. Insofern ist die Kamera kein Totalausfall.
Vermutlich ist die Bildqualität sogar vergleichbar mit Top-Smartphones vor fünf bis sechs Jahren, die das Vielfache des Nokia 2 gekostet haben. Da Handy-Kameras in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht haben, wirken die Fotos trotzdem wie aus einer anderen Zeit. Angesichts des Preises geht dies trotzdem in Ordnung.
Jup. Sehr gut sogar. Das 5-Zoll-Display ist ausreichend gross, aber nicht zu gross. Die griffige Rückseite aus Kunststoff hat gegenüber Alu und Glas den Vorteil, dass das Smartphone viel weniger schnell aus der Hand rutscht und bei einem Sturz kaum Schaden nimmt.
Das Nokia 2 für 119 Franken ist das aktuell günstigste HMD-Smartphone und bildet mit dem Nokia 3 für 159 Franken die Einsteigerklasse der Finnen. Gegenüber dem Nokia 3 wurde bei den technischen Spezifikationen weiter abgespeckt: Statt 2 GB Arbeitsspeicher gibt es beim Nokia 2 noch 1 GB und der interne Speicher wurde auf 8 GB halbiert. Und genau hier beginnen die wirklich schmerzenden Probleme.
Eigentlich wollte ich zuerst ein Backup meines Galaxy Note 8 auf dem Nokia 2 installieren. Das Problem: Der mit 8 GB winzige interne Speicher ist dafür viel zu klein. Das Betriebssystem belegt 4,6 GB, es bleiben also gerade mal 3 GB für Apps, Fotos, Musik etc. übrig.
Natürlich lässt sich argumentieren, dass Käufer eines Budget-Smartphones vermutlich nur eine Handvoll Apps nutzen und natürlich lässt sich das Speicherplatzproblem mit einer microSD-Karte aus der Welt schaffen. Aber im Jahr 2018 ein Smartphone mit 8 GB Speicher zu verkaufen ist dreist – egal wie günstig das Teil ist.
Die Rückseite des Nokia 2 lässt sich einfach abnehmen. SIM- und SD-Speicherkarte lassen sich so spielend leicht einsetzen. Wer gehofft hat, dass sich auch der Monster-Akku mit einem Handgriff austauschen lässt, den muss ich enttäuschen. Der Akku ist hinter einer Metallabdeckung versteckt, die sich nur mit einem speziellen Schraubenzieher ablösen lässt.
Der Alurahmen ist das optische Highlight des Nokia 2. Zumindest von der Seite betrachtet muss sich das Günstig-Handy nicht vor der weit teureren Konkurrenz verstecken. Blöd nur, dass bereits nach zwei, drei Wochen die ersten Kratzer sichtbar sind, obwohl mir das Handy nie aus der Hand gefallen ist. Ich schwöre.
Laut Manual ist das Nokia 2 nicht wasserfest. Ein paar Spritzer wird es natürlich überstehen – HMD spricht von Tropfwasserschutz – aber ins Wasser werfen sollte man es definitiv nicht. Auch hier muss ich mich wiederholen: Während teure Smartphones inzwischen in der Regel wasserfest sind, kann man dies von einem 100-Franken-Handy noch nicht erwarten.
Das Nokia 2 gibt es in den Farben Zinn/Schwarz, Zinn/Weiss und Kupfer/Schwarz.
Nebst dem Handy sind das Lade- und Datenkabel (microUSB 2.0) sowie die üblichen Billig-Kopfhörer enthalten.
HMD hat das Nokia 2 im Herbst 2017 zuerst in Indien veröffentlicht. Mit grossem Akku und kleinem Preis ist es prädestiniert für Schwellenländer, aber auch in der Schweiz gibt es eine Nische für Budget-Geräte. Potenzielle Käufer sind Wenignutzer (Prepaid-Kunden), die ihr Telefon vor allem zum Telefonieren sowie für WhatsApp oder SMS nutzen.
Da es zwei SIM-Karten unterstützt, ist es ein passables Zweithandy für Menschen, die oft im Ausland weilen. Auch als Einsteiger-Smartphone für Jugendliche, als Ferienhandy oder als Navigationsgerät im Auto könnte es Verwendung finden.
Es ist kein schlechtes Smartphone, dieses Nokia 2. Das Problem ist halt, dass bei einem so engen Kostenkorsett keine Wunder möglich sind: Im Handy steckt ein langsamer Prozessor aus dem Jahr 2015. Apps starten träge, die Kamera ist im besten Fall mittelmässig und der interne Speicher wurde aufs Minimum reduziert. Für ein so günstiges Gerät punktet es mit einem bemerkenswert guten Display und der Akku spielt in einer eigenen Liga.
Von der Günstigkonkurrenz aus China hebt sich das 100-Franken-Smartphone aus Finnland durch schnelle Software-Updates ab. Dass HMD auch seine günstigsten Nokia-Phones mit raschen Updates versorgt, ist in der Branche nach wie vor die löbliche Ausnahme.
Der Spagat zwischen sehr günstig und ausreichend schnell gelingt beim Nokia 2 trotzdem nur bedingt. Unter dem Strich fällt es mir schwer, für das Nokia 2 eine Kaufempfehlung auszusprechen. Nicht weil das Handy schlecht wäre, sondern weil man für 180 bis 250 Franken deutlich bessere Smartphones bekommt – etwa das Nokia 5 oder 6. Das gering bessere Nokia 3 – das allerdings nur einen durchschnittlichen Akku hat – bekommt man ab etwa 140 Franken. Wer mehr Budget hat, kauft mit dem Honor 9 von Huawei oder Nokia 8 Top-Geräte für 350, respektive knapp 500 Franken, die kaum Wünsche offen lassen.
Hinweis: Das Testgerät wurde uns von HMD für rund drei Wochen zur Verfügung gestellt.