Griechenland ist wunderschön und immer wieder eine Reise wert. Das haben sich wohl auch die Damen und Herren von Ubisoft gedacht und den neusten Ableger der erfolgreichen «Assassin’s-Creed»-Reihe über die griechischen Inseln verteilt. Der Titel-Zusatz ist Programm. In «Odyssey» tritt man eine Heldenreise an, die viele, viele Spielstunden verschlucken wird.
Bevor man zu Beginn in den Animus geworfen wird, darf man sich zwischen Kassandra und Alexios entscheiden. Welches Geschlecht man auch wählt, es hat kaum Einfluss auf den Verlauf der Story. Für alle Nichtkenner: Der Animus ist im «Assassin’s-Creed»-Universum eine Maschine, mit der man in der Rolle einer ausgewählten, historischen Person die Geschichte hautnah erleben darf. Quasi ein Virtual-Reality-Erlebnis par excellence.
Nur Bahnhof verstanden? Also: In der Gegenwart gehen zwei Forscherinnen mit der Hilfe dieser Maschine auf die Suche nach Artefakten im antiken Griechenland, um gegen den verschwörerischen Bund der Templer etwas in der Hand zu haben. So oder ähnlich. Aber ist auch irgendwie total egal, denn sind wir ehrlich: Der ewige Konflikt zwischen Assassinen und Templer interessiert die meisten doch schon lange nicht mehr. Denn hauptsächlich soll in einem historischen Setting gemeuchelt und gemordet werden.
Zurück also zur eigentlichen Geschichte: Die ganze Odyssey startet man als Söldner respektive Söldnerin, wo man auf einer griechischen Insel versucht seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Es gibt eine Vaterfigur, ein paar Freunde, diverse Rüpel und ganz böse Buben. Und selbstverständlich wieder ein treuer Falke, mit dem man im Voraus die Gegend aus der Luft erkunden kann. Über den Hintergrund der Figur ist zu Beginn nicht viel bekannt.
Wen dirigiert man also eigentlich durch die schicken Welten? Das wollen wir hier an dieser Stelle nicht gross verraten, weil da einige Überraschungen warten. Nur so viel sei verraten: Dass man nicht nur einen einfachen Söldner steuert, wird schnell einmal klar. Die Vergangenheit der Hauptfigur, die familiäre Herkunft wird immer wichtiger und schliesslich auch zur Hauptmotivation, warum man auf die Heldenreise in Richtung Osten geht, reihenweise Menschen umbringt, auf dem Meer herumreist und einen mysteriösen Kult, der natürlich die Weltherrschaft an sich reissen will, zur Strecke bringen möchte.
Die Wahl des Geschlechts ist erst der Anfang: Welchen Brustpanzer möchte ich, welche Nahkampffähigkeiten passen zu mir, soll ich in der Welt mit Hinweisen zugeballert werden und soll ich mich auf einen Flirt einlassen? Und bin ich generell ein friedliebender Charakter, schleiche ich lieber herum oder schlage ich einfach immer blindlings zu? Fragen über Fragen.
Neuerdings darf man sich jetzt auch während den Dialogen zwischen diversen Antwortmöglichkeiten entscheiden. Diese wiederum können schon mal Konsequenzen bis zum Spielende haben, von denen es insgesamt neun verschiedene gibt. Aber es geht noch weiter: Im späteren Verlauf darf ich ein Schiff steuern und kann auch hier wieder meine Crew selber auswählen. So frei fühlte man sich noch in keinem «Assassin’s-Creed»-Abenteuer und oftmals aber auch einfach ein bisschen überfordert und verloren.
Alleine die vielen Möglichkeiten, die auf der ersten Insel warten, wo die Geschichte ihren Lauf nimmt, fressen Stunden, wenn man sich denn dafür entscheidet, alles genau auszukundschaften, Nebenmissionen zu erfüllen oder mit dem Pferd über die malerischen Landschaften zu galoppieren.
Öffnet man zu Beginn des Spiels die Karte, muss man leer schlucken. Der Spielplatz ist riesig. Fast alle griechischen Inseln und Halbinseln warten darauf entdeckt zu werden. Ihr wollt alles genau sehen und herumreisen und nicht nur der Story hinterherrennen? Dann nehmt euch am besten gleich zwei Wochen Ferien.
Als Held oder Heldin bereist man ein antikes Griechenland, das unter vielen Kriegen zwischen Athen und Sparta leidet. Verschiedene Gruppierungen versuchen sich gegenseitig zu vernichten und eine Welle der Gewalt weht über die Inseln, während ein geheimnisvoller Kult im Hintergrund die Fäden zieht. Apropos Kämpfe: Diese sind intensiv, herausfordernd und blutig wie nie. «Odyssey» ist mit Abstand das brutalste «Assassin’s Creed». Da werden Gliedmassen abgeschnitten, Köpfe rollen und das digitale Blut spritzt literweise.
Und wer denkt, er könne einfach ohne Probleme mit einer Stichwaffe durch die Levels hüpfen, irrt sich gewaltig. Je weiter man voranschreitet, desto herausfordernder werden die Kämpfe und die einzelnen Gegner. Einige sind wahrlich beinharte Brocken, so dass man sich erstmal eine Strategie überlegen, sich selber aufleveln, seine Ausrüstung verbessern und viele Quests erfüllen muss. Das Kampfsystem des Vorgängers wurde nochmals überarbeitet und verbessert.
Auch dieses «Assassin’s Creed» bietet wieder malerische Landschaften, durch die man einfach sehr gerne schreitet, auf Entdeckungstour geht und sich auch mal verliert. Griechenland wird hier von seiner schönsten Seite gezeigt und überrascht, wie abwechslungsreich die Flora und Fauna der unterschiedlichen Inseln ist. Doch trotz wunderschönen Landschaften, «Odyssey» hat auch seine hässlichen Seiten.
Man merkt dem Titel an, dass es eine etwas eilig produzierte Massenware ist. Auch wenn «Odyssey» schon länger in der Entwicklung ist, es fehlt am optischen Feinschliff. Während die Zwischensequenzen von feinster Qualität sind, trifft man bei den Dialogszenen oft auf emotionslose Gesichter, die geistesabwesend ins Leere schauen. Auch die vielen Bewohner, Krieger, Wegelagerer und sonstige Menschen, auf die man trifft, bewegen sich steif und besitzen eine physische Motorik, die unvollendet zu sein scheint.
Auch bei der Sprachausgabe muss man öfters die Stirn runzeln. Gerade die Hauptfiguren sprechen viel zu überspitzt, fast schon mit einem stereotypischen Akzent, dass es manchmal zum Fremdschämen ist. Dies ist nicht nur in der deutschen Synchronisation der Fall, sondern auch in der englischen Originalversion eine Tatsache.
Fazit: «Odyssey» ist ein Umfangmonster geworden. Wer nicht nur stur mit Scheuklappen der Hauptgeschichte folgt, sondern sich auch auf die vielen, vielen Nebenschauplätze einlässt, wird damit den ganzen Herbst über beschäftigt sein. Abgesehen von den teils optischen und akustischen Mängeln, trumpft diese Fortsetzung mit einer sehr spannenden Geschichte, die aber erst in der zweiten Hälfte so richtig zündet. Vorher ist man hauptsächlich damit beschäftigt seinen Charakter aufzuleveln, um nicht immer ins virtuelle Gras zu beissen.
Betrachtet man das Ganze aus einer gewissen Distanz, hat «Oyssey» von seinem ursprünglichen Franchise-Charme etwas an Substanz verloren. Die Magie der ersten Teile, wo man sich noch des ewigen Zwists zwischen den Templern und Assassinen ständig bewusst war, ist während vielen Spielstunden leider nicht mehr intensiv vorhanden. Somit ist «Odyssey» nicht das beste «Assassin’s Creed» geworden, aber definitiv das umfangreichste.
«Assassin’s Creed Odyssey» ist ab dem 5. Oktober erhältlich für Playstation 4, Xbox One und PC. Freigegeben ab 18 Jahren.
Freut ihr euch auf «Odyssey»? Und welches ist euer Lieblingsspiel aus der Reihe? Ab mit euren Meinungen in die Kommentarspalte!