Es soll noch immer Leute geben, die die Apple Watch als Flop bezeichnen. Doch dreht sich dieser Review nicht um die Nörgler und «Hater», sondern um ein starkes Stück Technik.
Zwar macht Apple keine Angaben, doch wissen wir, dass seit der Lancierung der ersten Apple Watch im April 2015 bereits weit über 33 Millionen Exemplare verkauft wurden.
Die eindrückliche Zahl stammt von Ende September, das war noch vor dem Verkaufsstart der Apple Watch Series 3. Der renommierte Finanzanalyst und Apple-Kenner Horace Dediu hat sie in einer lesenswerten Analyse veröffentlicht.
Kurz davor hatte Tim Cook – anlässlich der Präsentation des iPhone X – bekannt gegeben, dass Apple Rolex überholt habe – und nun weltgrösster Uhrenhersteller sei.
Ob von Samsung, Xiaomi, Fitbit, oder Apple: Die Wearables sind nicht aufzuhalten. Viel spannender als das Ringen der Hersteller um Marktanteile sind die Möglichkeiten und Chancen, die die Mini-Computer am Handgelenk bieten.
In der dritten Generation löst sich die Apple Watch vom iPhone. Und das ändert vieles, wie wir gleich sehen ...
Weiterhin gilt, was ich vor einem Jahr schrieb: Die Vorteile, die eine Smartwatch bringt, sind mannigfaltig und hängen insbesondere davon ab, was der/die Einzelne daraus macht.
Bei der Apple Watch heisst dies (für mich):
Mit der Series 3* kommt hinzu:
* In diesem Review geht es um die «Cellular»-Variante der Apple Watch Series 3. Der Hersteller stellt dem watson-Redaktor ein Testgerät als langfristige Leihgabe zur Verfügung.
Die dritte Generation der Apple Watch («Series 3») ist die beste Smartwatch, die man sich ans Handgelenk schnallen kann. Die teureren Modelle kommunizieren dank eingebautem Mobilfunk-Chip («Cellular») völlig unabhängig vom iPhone. Man kann damit Nachrichten schreiben, telefonieren und Musik übers Internet streamen. Im Vergleich mit dem Vorgängermodell gibt's mehr Power, mehr Sensoren und längere Akkulaufzeit.
Die Apple Watch ist noch immer kein «Must have»-Gadget, das gar das Smartphone ersetzen würde. Doch bietet sie zu Apple-Preisen verschiedene sinnvolle Features, die den Alltag erleichtern und zu Gesundheit und Fitness beitragen.
Gut zu wissen:
Ohne Ohrstöpsel oder Bluetooth-Kopfhörer lässt sich das Potenzial der Apple Watch 3 nur ansatzweise ausschöpfen. Man braucht sie nicht nur, um unterwegs Musik zu hören, sondern auch um diskret zu telefonieren – und für Siri.
Kollege Matthias Kremp von watson-Medienpartner Spiegel Online hat erst kürzlich acht Modelle getestet. Er bewertet Apples kabellose Ohrstöpsel, die AirPods, positiv, bemängelt aber, dass sich die weissen Dinger beim Sport etwas lockerten.
Bei ein paar Fitness-Runden im Wald konnte ich keine Probleme feststellen. Wobei ich lieber ohne Musik in der Natur unterwegs bin. (Ironie der Geschichte: Die Vita-Parcours-App fürs iPhone funktioniert nicht mehr mit dem aktuellen Betriebssystem iOS 11. Eine mobilfähige Website sei in Arbeit, heisst es ...).
Was unbestritten ein riesiger Vorteil der AirPods ist: Sie lassen sich mit einem iCloud-Account (Apple ID) verknüpfen und dann fast automatisch mit diversen eigenen Apple-Geräten verbinden. Man klappt nur die kleine Transportbox auf, fertig!
Nach meiner persönlichen Erfahrung kann ich die AirPods wegen des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses empfehlen. Wobei die Stöpsel nicht mit allen Gehörgängen kompatibel sind.
Klingt dramatisch, ist aber so.
Es gibt lebensbedrohliche Situationen, in denen man (aus was für Gründen auch immer) nicht mehr fähig ist, das Smartphone hervorzuholen und den Notruf zu wählen, oder man hat das Mobilgerät ausnahmsweise nicht dabei. Wie etwa beim Sport.
Mit der Apple Watch 3 («Cellular») genügt eine simple Fingerbewegung am Handgelenk, um die Rettungskräfte zu alarmieren Man hält einfach den Knopf unterhalb der digitalen Krone gedrückt, dann erscheint das folgende Menü.
Wenn man ihn noch länger gedrückt hält, wird der Notruf gewählt. Man kann aber auch den roten SOS-Schieber nach rechts bewegen, damit nach einem kurzen Countdown die international gültige Notrufnummer 112 gewählt wird.
Bei gravierenden gesundheitlichen Problemen (Herzinfarkt, Schlaganfall etc.) oder schweren Unfällen kann ein schnell abgesetzter Notruf über Leben und Tod entscheiden. Zudem lassen sich so auch die Liebsten automatisch informieren ...
Die Notfallkontakte werden in der Health-App (auf dem iPhone) eingetragen und lassen sich auf dem Sperrbildschirm des iPhones und anderen iOS-Geräten von Dritten abrufen. Oder man ruft den Notfallpass wie oben erwähnt auf der Watch auf.
Eine der meistgenutzten Funktionen, die ich täglich dutzende Male brauche, ist das rasche Reagieren auf eingehende Mitteilungen. Sofern ich will, dass mich die Uhr durch sanftes Antippen des Handgelenks, oder einen Ton, benachrichtigt.
Wobei sich dann meine Reaktion in der Regel auf ein kurzes «Ok», «alles klar» oder ein Emoji (👍) beschränkt.
Das spontane Verfassen von Antworten ist schwierig, respektive über die «Kritzeln»-Funktion nur Buchstabe für Buchstabe möglich, was viel Zeit fordert und die Nerven strapaziert.
Tipp: Über die Apple-Watch-App auf dem iPhone kann man persönlichere Standard-Antworten (in Mundart) festlegen, die man anschliessend ebenfalls per Knopfdruck verschickt.
Bleibt Siri. 😳
Wer schon etwas länger meine Testberichte zu Apple-Produkten liest, weiss, dass ich mit der Sprachassistentin auf Kriegsfuss stand. Oder genauer gesagt: Wir ignorierten uns gegenseitig, was bislang eine friedliche Koexistenz ermöglichte.
Doch nun hat sich mein Verhältnis zur halbschlauen Assistentin grundlegend geändert, so dass ich ihr – man will es kaum glauben – ein eigenes Kapitel widme (folgt gleich).
Doch zunächst noch dieser Kritikpunkt:
WhatsApp und Co. sind noch nicht als App auf der Apple Watch verfügbar. Es lassen sich lediglich die auf dem iPhone eintreffenden Nachrichten, respektive «Hinweise», spiegeln.
Als App auf der Apple Watch verfügbar sind:
Nun ja ... zumindest ein bisschen. 😏
Was ich ab sofort zugebe: Die digitale Sprachassistentin ist in Kombination mit der Apple Watch ganz schön praktisch.
Das gilt (in meinem Fall) vor allem zuhause, wo ich mein Handy wenn immer möglich «ausser Sichtweite» versorge.
Mit der Watch kann ich bequem am Handgelenk:
Dank «Cellular»-Apple-Watch kann ich nun auch unterwegs auf Siris Dienste zählen, ohne dass zwingend mein iPhone mit der Smartwatch gekoppelt ist. Zwar spreche ich weiterhin höchst ungern mit Siri, wenn ich unterwegs bin, oder andere Leute zuhören: Doch geht das dank Ohrstöpseln relativ diskret.
Musikhören mit den AirPods ist ein Genuss. Vorausgesetzt, man hat auf dem iPhone in den Einstellungen zur Musik-App die Option «Streaming in hoher Qualität» aktiviert. (> Einstellungen > Musik > Mobile Daten > Streaming in hoher Qualität).
Durch Drehen der digitalen Krone kann man in der neu gestalteten Musik-App durch die Playlists und Alben stöbern. Ein einfaches Tippen und der gewünschte Song ertönt.
Das ganze Musikangebot lässt sich nur per Siri nutzen. Dabei macht man möglicherweise lustige Entdeckungen:
Für Verwirrung sorgt zunächst die zweite Musik-App, die ich auf dem Homescreen meiner Apple Watch antreffe. Beim Öffnen wird klar, dass es sich um die Radio-App handelt. Allerdings taugt sie nicht, um SRF3 oder andere Schweizer Sender zu empfangen, sondern für den Radio-Bereich von Apple Music.
Wohl aus Gründen der Usability haben die Apple-Spezialisten für watchOS 4.1 eine eigene App entwickelt, statt die hervorragend designte Musik-App (iTunes-Logo) zu «überladen».
Das Smartphone wird immer seltener zum Telefonieren benutzt, sondern für alles andere. Das gilt auch für die Apple Watch, wobei die Tonqualität bei Anrufen durchaus mithalten kann. Wenn man einen Anruf ohne AirPods entgegennimmt, ist der Gesprächspartner gut zu verstehen. Bei meinen Versuchen konnte ich mich draussen, bei richtig Wind, gut verständigen.
Wie lange kann man am Stück telefonieren?
Laut Apple eine ganze Stunde, bis der Akku schlapp macht (siehe unten). Ich muss gestehen, ich habe dies nicht nachgeprüft. Meine Telefonate dauern maximal ein paar Minuten.
Tatsache ist: Der Mobilfunk-Chip, der die Verbindung zu den Swisscom- oder Sunrise-Antennen herstellt, ist der grösste Stromfresser. Wenn man in Reichweite eines WLAN-Routers ist, kann man die Mobilfunkverbindung getrost kappen. Dies tat ich zuhause und im Büro immer, weil ich die Mobilfunkstrahlung direkt am Körper möglichst gering halten möchte.
Bis ich herausfand, dass der SAR-Wert (hochfrequente Strahlung) der Apple Watch massiv tiefer ist als beim iPhone. Beim kleineren Modell (38 Millimeter) beträgt der Referenzwert 0,19, beim grösseren Modell (42mm) sind es 0,23.
Zum Vergleich: Beim iPhone X wird ein SAR-Referenzwert von über 0,9 angegeben und das neuste Apple-Smartphone wird darum der zweithöchsten Kategorie (C) zugeordnet. Die Apple Watch 3 hingegen ist in der strahlungsärmsten (A).
Mehr Infos gibt's bei handystrahlung.ch.
Gut zu wissen: Wenn die Apple Watch mit dem iPhone gekoppelt ist (und übers WLAN aufs Internet zugreifen kann), dann zeigt die Uhr die Mobilfunkverbindung als inaktiv an.
Falls ich wirklich ungestört sein will, aktiviere ich auf meiner Watch die «Nicht stören»-Funktion. Sollte ich im Kino oder Theater sitzen oder mich an einem anderen Ort aufhalten, wo auch nur schon das Aufleuchten des Displays stören könnte, gibt's auch noch den so genannten Theatermodus.
Ein vielversprechendes Gebiet, in das Apple mit seiner Smartwatch vorstösst, ist die Gesundheitsvorsorge. Zurzeit untersuchen Forscher der Standford University, wie der Herzfrequenz-Sensor der Apple Watch Leben retten kann.
Während Herzrhythmusstörungen nicht zwingend auf eine schwere Erkrankung hinweisen, ist das Vorhofflimmern eine der Hauptursachen für Schlaganfälle, die tödlich verlaufen können. Weil viele Menschen keine spürbaren Symptome haben, wird das Problem oft nicht erkannt oder zu spät diagnostiziert.
Die Apple Watch besitzt einen Pulsmesser, der laut unabhängigen Untersuchungen präzise misst und zuverlässig funktioniert, respektive eine vernachlässigbare Fehlerrate aufweist.
Mit der neuen System-Software für die Apple Watch hat Apple im September die Herzfrequenz-Messung ausgebaut und um sinnvolle Anwendungen erweitert. So beinhaltet watchOS 4 die Option, den Nutzer auf ungewöhnlichen Puls hinzuweisen. Und zwar wenn die Herzfrequenz über einen bestimmten Schwellwert ansteigt, obwohl man seit zehn Minuten inaktiv ist.
So erhält man in Stresssituationen einen wertvollen Hinweis, dass der Körper aus dem Lot ist und man kann beispielsweise darauf reagieren, indem man Atemübungen durchführt.
Die Apple Watch erforderte schon bislang kein gekoppeltes iPhone, um mit Apple Pay bargeldlos zu bezahlen. Dank der Mobilfunkverbindung der Series 3 kann man das Mobilgerät getrost zuhause lassen – und mit der Bring!-App einkaufen.
Die populäre Schweizer Einkaufszettel-App ist ein Paradebeispiel für eine sinnvolle Apple-Watch-Anwendung, die den Alltag der Nutzer spürbar erleichtert. Man muss im Laden nicht mehr das Handy hervorholen, der Blick aufs Handgelenk genügt.
Bezahlen funktioniert ebenfalls kinderleicht: Man drückt zweimal den Knopf unterhalb der digitalen Krone, darauf wird sofort Apple Pay gestartet und man muss nur noch das Handgelenk in die Nähe des Kassen-Terminals halten, um zu bezahlen.
Apple verspricht 18 Stunden, wenn man:
Allzu lang telefonieren sollte man nicht mit der Watch, sonst ist man dringend auf ein Ladekabel angewiesen. Apple verspricht:
Generell kann ich nach einer Woche praktischer Erfahrung mit der Apple Watch 3 (Cellular) sagen, dass der am Morgen aufgeladene Akku bis spät in die nächste Nacht hinein durchhält. Das ist ungefähr gleich lang wie beim iPhone X.
Reicht das? Bei «normaler» Nutzung schon. Wenn man allerdings den halben Tag Sport treibt, wird's bald mal eng.
Das Problem: Man kann nicht das normale Lightning-Kabel verwenden, um die Watch zwischendurch aufzuladen. Benötigt wird das spezielle Watch-Ladekabel oder eine geeignete Docking-Station, um die Uhr induktiv («kabellos») aufzuladen.
Die Apple Watch 3 (Cellular) kommt ab Fabrik mit dem Betriebssystem watchOS 4. Über die Apple-Watch-App fürs iPhone lassen sich unzählige Anwendungen bei Bedarf installieren.
Die Apple Watch 3 («Cellular») gibt's in zwei Grössen und den drei Farben Schwarz-Grau, Silber und Gold.
Daneben gibt's wie schon bei der Series 2 eine «Special Edition» in Kooperation mit der Sportartikelfirma Nike, bestehend aus einem Aluminiumgehäuse und gelöchertem Armband.
Vorläufig bieten Swisscom und Sunrise ihren Kunden die erforderliche Erweiterung des Mobilfunk-Abos für die Apple Watch 3 an. Man kann sie bequem übers Internet bestellen.
Salt-Kunden mit Apple Watch 3 müssen sich noch gedulden. Via Twitter liess der drittgrösste Mobilfunk-Provider zuletzt Ende Oktober verlauten, es sei «demnächst» so weit. Wie der Tages-Anzeiger berichtet, soll es erst 2018 so weit sein.
Hinzu kommt allenfalls:
Wegen des tieferen Gewichts (und Preises) empfehle ich nicht nur Sportinteressierten die Modelle mit Aluminiumgehäuse. Das 38mm-Cellular-Modell wiegt knapp 29 Gramm (ohne Armband), das 42mm-Cellular-Modell bringt knapp 35 Gramm auf die Waage. Zum Vergleich: Die kleine Edelstahl-Ausführung wiegt gut 42 Gramm, die grosse Uhr aus Edelstahl an die 53 Gramm.
Hilfreiche Support-Dokumente, die Apple auf seiner Website (zur dritten Uhrengeneration) zur Verfügung stellt:
* Quellen: apple.com / curved.de