Noch gibts bei Revendo kein iPhone XS. Wie wärs mit dem Vorjahresmodell, das Apple aus dem Angebot genommen hat? Im Online-Store der Schweizer Firma kostet es 999 Franken. «Fabrikneu», in der Originalverpackung.
Auch das 2015 lancierte iPhone 6S Plus führt Apple nicht mehr im Sortiment. Der Neupreis betrug 1000 Franken. Bei Revendo ist es für 435 Franken zu haben. Einziger Makel: Kratzer auf der Rückseite. Dank iOS 12 läuft es besser denn je ...
Gegründet wurde Revendo vor fünf Jahren von Aurel Greiner. Auf die Geschäftsidee kam der 26-jährige Basler schon früher. Während der Schulzeit hatte er angefangen, defekte Macs und andere Apple-Geräte zu reparieren und verkaufte sie bei Ricardo.ch mit einem kleinen Gewinn weiter.
Aus dem Nebenerwerb des Steiner-Schülers wurde ein nachhaltiges Geschäftsmodell. Heute betreibt die Revendo AG Filialen in sieben Deutschschweizer Städten und befindet sich auf Expansionskurs, wie der Gründer im Interview verrät.
Herr Greiner, was war Ihr erstes Handy?
Aurel Greiner: Ein ausziehbares Nokia.
Wo ist es heute?
Ich habe es an einen Freund verschenkt. Wo er es nach Gebrauch hingebracht hat, weiss ich nicht.
Und Ihr aktuelles Mobilgerät?
Ein gebrauchtes iPhone X.
Apple hat kürzlich drei neue iPhones vorgestellt. Wie spüren Sie das bei Revendo?
Viele verkaufen ihr Smartphone relativ rasch nach Vorstellung der neuen Modelle, um noch von höheren Verkaufspreisen profitieren zu können.
Das iPhone XS und das XS Max kosten mehr als 1200 Franken. Wie finden Sie das?
Ich finde es selber extrem teuer und würde mir das Gerät nicht neu kaufen. Allerdings muss gesagt sein, dass die Geräte ja nicht bloss Telefone sind und man kann mit ihnen praktisch alles erledigen, was früher mit einem mindestens so teuren Computer gemacht wurde. Zunehmend merkt man auch, dass junge Leute immer häufiger auf einen Computer verzichten und alle Anwendungen mit dem Smartphone erledigen.
Und wie wirken sich die iPhone-Preise für Revendo aus?
Für unser Geschäftsmodell sind hohe Preise eher interessant, solange es keinen schnellen Preiszerfall gibt und die Konsumenten bereit sind, so viel Geld für ein Smartphone auszugeben. Einerseits ermöglicht der hohe Preis auch Reparaturen und Dienstleistungen unter Schweizer Verhältnissen, andererseits verlieren die Geräte weniger schnell an Wert und bleiben somit länger im Umlauf. Das kommt unserer Philosophie zugute.
Ist es für den Geschäftsgang von Revendo positiv, wenn sich die Preisspirale bei Smartphones weiter nach oben dreht?
Solange der Markt den Preis zulässt, ist es durchaus sinnvoll. Viele Produkte sind heutzutage auch unterbezahlt, was auf schlechte Arbeitsbedingungen und Ausbeutung der Ressourcen zurückzuführen ist. Die Frage ist einfach, wie hier bei den Smartphones die Aufteilung des Profits zustande kommt. Uns ist natürlich auch bewusst, dass bei einem teuren Produkt die Arbeitsbedingungen nicht automatisch besser sind, dies kennt man unter anderem auch von der Modebranche.
Viele Schweizer wollen kein altes Smartphone. Sie haben es im Firmenblog als «den ständigen Drang zum neusten Produkt» beschrieben. Kann sich an dieser Haltung etwas ändern?
Definitiv. Es ist in gewissen Kreisen sogar cool, ein gebrauchtes Gerät zu kaufen. Anfangs bestand unsere Zielgruppe vor allem aus Kunden, für die der finanzielle Aspekt im Vordergrund stand. Heute ist es praktisch umgekehrt.
Hand aufs Herz: Ist Ihr Verhältnis zu Apple wirklich so gut, wie es dargestellt wird?
Wir haben praktisch keinen Kontakt zu Apple, da wir nicht autorisiert sind bzw. nicht autorisiert sein wollen. Wären wir autorisiert, würden wir automatisch ihren Regeln unterliegen. Das würde beispielsweise bedeuten, dass bei einem iPhone ausser Akku und Display nichts mehr repariert werden darf.
Apple gibt sich umweltfreundlich und betont an seinen Produkte-Vorstellungen die eigenen Bemühungen in Sachen erneuerbare Energien, Rohstoffgewinnung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Was halten Sie davon?
Apple verfolgt in Sachen Nachhaltigkeit sicherlich gute Ansätze. Wenn man aber genau hinschaut, sieht man deutlich, dass der eigene Profit im Fokus steht. Somit wird das Thema Nachhaltigkeit primär als Marketinginstrument verwendet. Hätte Apple ernsthaftes Interesse an einer Kreislaufwirtschaft, würden sie beispielsweise Ersatzteile und Reparaturen auch an nicht autorisierte Händler oder auch Privatpersonen zulassen, wie es beim Fairphone der Fall ist.
Selbstverständlich sind wir aber auch gespannt, wie Apples Ziel, die Ressourcen in Zukunft fast nur noch aus alten Geräten zu gewinnen, in den nächsten Jahren vorankommt, da es bezüglich der Wiederverwertung der verbauten Rohstoffe noch grosse Hürden gibt. Diese Prozesse benötigen jedoch viel Energie, d.h. eine möglichst lange Nutzung der Geräte ist immer noch die einfachste Möglichkeit, einen Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten.
2017 machte Motherboard publik, dass Apple gezielt das Upcycling verhindere, indem es Recycling-Unternehmen zwinge, alte iPhones und MacBooks zu zerstören, damit sie nicht wieder in Umlauf gebracht werden. Wie beurteilen Sie die Situation hierzulande?
Wir haben ähnliche Erfahrungen gemacht und gehen davon aus, dass es sich dabei nicht um einen Einzelfall handelt.
Sie haben mal gesagt, Apple würde es gerne sehen, wenn Revendo die wiederaufbereiteten Geräte ins Ausland verkaufen würde und nicht in der Schweiz. Zumindest angedacht von Ihrer Seite ist die Expansion ins benachbarte Deutschland. Gibt es konkrete Pläne?
Aktuell gibt es noch keine konkreten Pläne, trotzdem haben wir intern immer wieder hitzige Diskussionen darüber. Im Vordergrund steht aber nie die Meinung von Apple. Viel mehr sind wir überzeugt, dass es unsere Dienstleistung auch ausserhalb der Schweiz braucht.
Wie kommen Sie eigentlich an Ersatzteile für Apple-Produkte? Sind das Originalteile?
Bei den zwei neusten iPhone-Generationen arbeiten wir mit zertifizierten Partnern zusammen, die die Geräte für uns mit Originalteilen reparieren. Ältere Geräte werden mit nicht originalen Ersatzteilen repariert. Die Qualität dieser Bauteile unterscheidet sich nicht von den originalen. Vermutlich handelt es sich bei den Teilen sogar um dieselben, die über einen anderen Verkaufskanal zu uns gelangen.
Stichwort «kaputte und zerkratzte Displays»: Ist das der häufigste Schaden?
Ja, das ist nach wie vor der Fall. Da neuere Geräte nun wasser- und staubresistent sind, sind andere Teile immer seltener beschädigt.
Der US-Techblog iMore hat kürzlich berichtet, dass Apple die Display-Reparatur revolutioniere. Wie betrifft das Revendo?
Der Prozess wurde verbessert, allerdings nur für Apple. Für nicht autorisierte Händler wird er nicht nur verschlechtert, sondern verunmöglicht. Geräte mit einem falschen Display – und hier meine ich keine Fake-Displays, sondern z.B. ein Display von einem anderen, identischen Gerät – funktionieren nicht mehr korrekt. Das System erkennt, dass das neue Display nicht zu diesem Gerät gehört.
Wie wirkt sich das für Revendo aus?
Display-Reparaturen werden dadurch teurer, da wir sie durch Partner ausführen lassen müssen. Das wiederum hat zur Folge, dass der Ankaufspreis von Geräten mit gerissenem Display schlechter ausfällt.
Apple arbeitet meines Wissens nur mit «autorisierten Apple Service Providern» zusammen und bildet deren Leute auch bezüglich Reparaturen etc. aus. Davon kann Revendo nicht profitieren, oder doch?
Korrekt. Jedoch werden die offiziellen Reparaturmöglichkeiten immer eingeschränkter und Schulungen werden praktisch überflüssig. Offiziell können bei einem neuen MacBook beispielsweise nur noch vier Teile ausgetauscht werden. Bei einem iPhone sind es nur zwei, bei einem iPad keins.
Stichwort Diebstahlschutz bei iOS-Geräten: Können Sie bei Revendo diesen Mechanismus umgehen, wenn das Gerät nicht korrekt zurückgesetzt wurde und die Aktivierungssperre («iCloud Activation») besteht?
Nein, diese Sperre ist effektiv und kann nicht ausgetrickst werden. Wir können daher nur für Geräte bezahlen, bei denen die Sperre deaktiviert ist.
Seit Oktober 2017 führt Revendo auch Android-Smartphones im Sortiment. Wie hat sich der Geschäftszweig entwickelt?
Sehr positiv, besser als erwartet.
Und welche Marken sind am meisten gefragt?
Samsung-Geräte sind am beliebtesten. Gefolgt von Huawei.
Seit März bietet Revendo Käufern eine einjährige Garantie auf gekaufte Geräte an. Und diese lässt sich erweitern?
Richtig. Wir haben die Garantiezeit von anfangs drei Monaten auf ein Jahr erhöht, da wir überzeugt sind, dass die Geräte nach der Aufbereitung durch Revendo ein funktionstüchtiges zweites Leben haben. Wir haben viel in Qualitätskontrollen investiert und die Mindestanforderungen an einen Akku erhöht. Somit steht gegen einen kleinen Aufpreis auch einer Garantie von zwei Jahren nichts im Wege.
Man kann bei Revendo auch einen unverbindlichen Suchauftrag starten, wenn man ein bestimmtes Modell nicht im Angebot findet. Was gehen da für verrückte Anfragen ein?
Grösstenteils treffen dort unkonventionelle Konfigurationswünsche von Macs ein. Viel Speicher, wenig Gebrauchsspuren. Verrückte Suchanfragen bekommen wir aber über Google. Revendo.ch wird oft mit folgenden Begriffen gesucht: «aifon 8 revendo» oder «eifon SE» oder «händy uhr».
Viele Menschen entwickeln eine emotionale Bindung zu ihrem Mobilgerät. Revendo sammelt die besten Geschichten. Können Sie eine mit uns teilen?
Die folgende Geschichte fand ich sehr interessant, da sie zeigt, wie wichtig Smartphones und Tablets für uns geworden sind und vor allem, dass es für die meisten von uns so selbstverständlich ist, damit untereinander zu kommunizieren:
Von der Berner Kantonspolizei konnte Revendo 2014 rund 600 iPhones beziehen und weiterverkaufen. War das ein Einzelfall?
Nein. Wir kaufen regelmässig Geräte von Unternehmen wie Roche und Novartis. Auch steht Revendo hinter den Ankaufsaktionen von Data Quest, Interdiscount und Mobilezone. Und wir sind nun auch im Gespräch mit den Bundesämtern.
Revendo hat mittlerweile Filialen in allen grossen Deutschschweizer Städten. Was kommt als nächstes? Wann überqueren Sie den Röstigraben und den Gotthard?
In der deutschsprachigen Schweiz sind wir noch nicht ganz am Ziel; es folgen noch zwei Shops. Ein zweiter in Basel und ein zweiter in Zürich. Danach ist der Schritt in die französischsprachige Schweiz angedacht.
Wo soll Ihr Unternehmen in zehn Jahren stehen?
Das Geschäftsmodell soll auch auf andere Produkte ausgeweitet werden, sodass alle Elektrogeräte, die nicht so lange genutzt werden, wie man sie nutzen könnte, bei Revendo verkauft oder gekauft werden können. Ausserdem wäre eine Expansion in die umliegenden Länder denkbar.
* Die Fragen wurden per E-Mail beantwortet.