Digital
Schweiz

TV-Sender blitzen vor Gericht ab: Beim Replay-TV bleibt (vorerst) alles gleich

SRG, Pro7 und Co. blitzen vor Gericht ab: Beim Replay-TV bleibt (vorerst) alles gleich

Die TV-Sender wollen die Bedingungen für das Replay-TV direkt mit den TV-Verbreitern wie Swisscom, UPC oder Zattoo verhandeln. Die Richter haben dies nun abgelehnt, aber das letzte Wort ist noch längst nicht gesprochen.
20.09.2018, 12:0020.09.2018, 12:48
Mehr «Digital»

Die TV-Sender argumentieren seit langem, dass sie beim Replay-TV für ihre Inhalte zu wenig entschädigt werden. Ihnen gingen wegen der Vorspulfunktion Werbeeinnahmen in Millionenhöhe verloren. Die TV-Sender wollen daher direkt mit den TV-Verbreitern über die Konditionen verhandeln.

Das Bundesverwaltungsgericht ist nun aber nicht auf eine Beschwerde von 23 regionalen und privaten Fernsehsendern eingegangen, die sich gegen die Tarife für die Urheberrechte des zeitversetzten Fernsehens richtet. Das Gericht hält fest, dass die TV-Stationen nicht beschwerdeberechtigt sind.

TV-Sender erhalten keinen Platz am Verhandlungstisch

Im Februar 2018 genehmigte die Eidgenössische Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten einen neuen Tarif. Mit diesem Tarif werden die Entschädigungen geregelt, die die Anbieter von zeitversetztem Fernsehen (Swisscom, UPC, Sunrise etc.) an die Fernsehstationen zu bezahlen haben.

Die Schiedskommission vertrat zum Missfallen der TV-Sender die Ansicht, dass die Verwertungsgesellschaften die Tarife für die Sender auszuhandeln haben. Diese würden die Interessen der TV-Sender wahrnehmen. Der Tarif wird also nicht direkt zwischen TV-Sendern und TV-Verbreitern ausgehandelt, sondern von Urheberrechts-Organisationen wie Pro litteris.

Das Bundesverwaltungsgericht musste nun prüfen, ob die Fernsehsender überhaupt legitimiert sind, eine Beschwerde gegen den Tarif einzureichen, weil sie am Verfahren vor dem Schiedsgericht nicht Partei waren.

Die St. Galler Richter sind in einem am Donnerstag publizierten Urteil zum Schluss gekommen, dass Dritte im Bereich des Urheberrechts in der Regel kein Beschwerderecht hätten. Nur wenn die Interessen der verschiedenen Sender sich im grossen Ganzen unterscheiden, könne eine Ausnahme von dieser Regel gemacht werden.

Das Gericht ist der Ansicht, dass keine divergierenden Interessen vorliegen und die Fernsehsender deshalb bei den Tarif-Verhandlungen zurecht von den Verwertungsgesellschaften vertreten werden.

TV-Sender prüfen Weiterzug an Bundesgericht

Die Interessengemeinschaft Radio und Fernsehen bedauert den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, wie sie in einer Mitteilung vom Donnerstag schreibt. Es sei eine Chance verpasst worden, dass die Sender für das zeitversetzte Fernsehen mit den TV-Anbietern vernünftige Lösungen finden könnten. Die Sender prüfen den Weiterzug ans Bundesgericht.

Die aktuelle Situation führe dazu, dass die Sender steigende Einkommenseinbussen erleiden, da wegen dem Replay die Werbeeinnahmen zurück gingen. Die Existenz der werbefinanzierten Sender sei gefährdet, was auch negative Auswirkungen auf die Medienvielfalt haben werde.

Die Profiteure der aktuellen Regelung seien die TV-Verbreiter wie Swisscom und UPC, «welche für eine minimale Abgeltung das Replay-TV kommerzialisieren.» Die TV-Sender wollten Replay nicht verunmöglichen, sie wollten einzig faire Rahmenbedingungen für zeitversetztes Fernsehen aushandeln können.

Wie schaust du am liebsten Fernsehen?

(oli/sda)

Das ist die Geschichte des Farbfernsehens

Video: srf
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
17 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
El Vals del Obrero
20.09.2018 12:28registriert Mai 2016
Videocassetten konnte man früher auch nach Belieben spulen. Was ist da der Unterschied?

Klar, um ein Replay aller Sendungen einer Woche zu haben, hätte man früher mehrere Videorekorder dauernd laufen lassen müssen. Aber das ist ein technischer und kein prinzipieller Unterschied.

Wenn der Zuschauer wegen der Werbung nicht mehr die Kontrolle über das Gerät haben darf, müsste konsequenterweise auch die Sendewechsel-, Stummschalt- und Abschaltknopf während der Werbung blockiert werden. Und es bräuchte wie in Clockwork Orange eine Vorrichtung, die das Schliessen der Augen verhindert.
1461
Melden
Zum Kommentar
avatar
Thinkdeeper
20.09.2018 12:30registriert März 2016
Gut so...
Ehrlich gesagt, TV Werbung ist heute nervtötend, penetrant, aufdringlich und unnötig. Gehört abgeschafft.
Als bezahlender Kunde und Konsument will ich das nicht. Ich bin mündig genug mich ggf. zu informieren.
Klar definierte Werbeblöcke und Produktplacement sowie klares Sponsoring, wenn es schon sein muss, geht knapp noch. Ich kann diesen ausweichen und Pause machen. Nicht Ok ist Unterbrecherwerbung. Schon gar nicht wenn ich schon sehr viel für Anschluss, Billag usw. bezahlen muss.
Ohne Replay TV oder noch teurers TV ist Grund mehr zum Total-Verzicht.
1057
Melden
Zum Kommentar
avatar
Phill
20.09.2018 12:45registriert Dezember 2017
Also
Geht doch
Vielleicht muss dieWerbeindustrie auch mehr mit der Zeit gehen
Oder sie gehen mit der Zeit
622
Melden
Zum Kommentar
17
Was die Nagra lieber verschweigt, wenn es um das Atommüll-Tiefenlager geht
Noch ist der Entscheid über das im Zürcher Unterland geplante Tiefenlager nicht gefallen. Doch der Kampf um die öffentliche Meinung läuft.

Mithilfe von Statistik lässt sich vieles sagen. Das zeigt eine von der Nagra in Auftrag gegebene Bevölkerungsumfrage, die sich um das von ihr geplante Atommüll-Tiefenlager dreht.

Zur Story