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So überwacht uns der Staat

Polizeistaat China ist angeblich von einem massiven Datenklau betroffen

Residents pass by an autonomous surveillance vehicle at a quiet mall area on Monday, May 23, 2022, in Beijing. (AP Photo/Ng Han Guan)
Autonomes Überwachungsfahrzeug in Peking. Ein unbekannter Hacker will grosse Datenmengen vom chinesischen Staat erbeutet haben.Bild: keystone

«Mega-Leak»: Polizeistaat China ist von einem massiven Datendiebstahl betroffen

Ein unbekannter Hacker will die Daten von hunderten Millionen chinesischen Bürgerinnen und Bürgern gestohlen haben und bietet sie nun im Internet zum Kauf an. Geholfen haben ihm angeblich die Überwachungssysteme des Regimes in Peking.
05.07.2022, 21:0006.07.2022, 12:36
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Ein Artikel von
t-online

Nach eigenen Angaben hat ein Hacker in China die persönlichen Daten von Hunderten Millionen Bürgerinnen und Bürgern gestohlen und bietet sie nun im Internet zum Verkauf an. Eine Art Stichprobe mit 750'000 Datensätzen stellte der Kriminelle ins Netz. Sie enthielt unter anderem Namen, Handynummern, Personalausweisnummern, Adressen und Geburtstage der Betroffenen.

Der Hacker hatte die Daten bereits Ende Juni in einem Internetforum für zehn Bitcoins (rund 190'000 Euro) zum Kauf angeboten. Cybersicherheitsexperten wurden allerdings erst diese Woche auf den Fall aufmerksam.

Was ist da dran?

Der Nachrichtenagentur AFP und Experten gelang es, die Authentizität einiger der Datensätze nachzuweisen. Ob tatsächlich, wie von dem Hacker behauptet, Millionen oder gar eine Milliarde Chinesen betroffen sind, lässt sich jedoch kaum überprüfen.

«Es scheint, als stammten sie aus mehreren Quellen», sagte Robert Potter, Mitbegründer der Cybersicherheitsfirma Internet 2.0, über die Herkunft der Daten. Einige stammten aus Gesichtserkennungssystemen, andere aus Volkszählungen. Er sei jedoch «skeptisch, was die Zahl von einer Milliarde Bürgern angeht».

Potter zufolge wurden die Daten mutmasslich von einem Server des chinesischen Internetkonzerns Alibaba Cloud gestohlen. Das Unternehmen äusserte sich auf Anfrage nicht. Einige der gehackten Daten stammen offenbar aus den Unterlagen von Express-Lieferdiensten, andere aus Anzeigen, die bei der Shanghaier Polizei gestellt wurden.

Screenshot aus einem Forum für Cyberkriminalität: Laut der von «ChinaDan» veröffentlichten Stichprobe enthalten die Dateien Namen, Adressen, nationale ID-Nummern, Handynummern sowie Polizei- und Krank ...
Screenshot aus einem Forum für Cyberkriminalität: Laut der von «ChinaDan» veröffentlichten Stichprobe enthalten die Dateien Namen, Adressen, nationale ID-Nummern, Handynummern sowie Polizei- und Krankenakten.

Was hat das mit «Skynet» zu tun?

Der chinesische Staat unterhält ein weitreichendes digitales Überwachungssystem seiner Bürger. Dabei werden aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen Daten gesammelt, sei es über das Internet, Kameraaufnahmen in der Öffentlichkeit oder aufgezeichnete Telefonate über das Festnetz oder Smartphone.

So besitzt China in Form von «Skynet» ein landesweites System zur Gesichtserkennung, das derzeit in 16 chinesischen Provinzen zum Einsatz kommt. Dieses soll der Polizei und Justiz dabei helfen, Verbrechen schneller aufzuklären und Verdächtige und Straftäter umgehend ausfindig zu machen.

Hierfür werden Kameraaufnahmen von schätzungsweise mehreren Hundert Millionen Überwachungskameras mit Einträgen aus Bürger- und Verbrecherdatenbanken abgeglichen. Kommt es zu einer Übereinstimmung, erfolgt ein Zugriff durch die Strafverfolgungsbehörden. 

Laut eigenen Angaben sei «Skynet» dazu in der Lage, die gesamte Bevölkerung Chinas in weniger als einer Sekunde abzuscannen. Die Genauigkeit der Gesichtserkennung soll bei 99.8 Prozent liegen. 

Überwachungsstaat China – wie schlimm ist es?

Vor allem seit Xi Jinping im Jahr 2013 zum chinesischen Präsidenten aufgestiegen ist, wurde der Überwachungsstaat immer weiter ausgebaut. Dieser beläuft sich längst nicht mehr nur auf chinesische Behörden, sondern bezieht auch immer stärker privatwirtschaftliche Unternehmen wie Telekommunikationsdienstleister oder Social-Media-Plattformen mit ein, die Daten über ihre Nutzerinnen und Nutzer sammeln und an staatliche Stellen weiterleiten müssen.

Auch im Zuge der Corona-Pandemie wurde die staatliche Überwachung dramatisch ausgebaut, da die Eindämmung des Infektionsgeschehens als plausibler Grund für eine weitreichende Überwachung der Bevölkerung als Begründung herangezogen wurde.

Bereits vor Pandemieausbruch wurde die Sammelwut mit Sicherheitsbedenken begründet und dient laut offizieller Propaganda lediglich dem Schutz der eigenen Bevölkerung und des chinesischen Staates. Kritiker hingegen werfen dem Regime in Peking vor, die Bürger damit einschüchtern und unterdrücken sowie kritische Stimmen zum Verstummen bringen zu wollen.

Quellen

  • Mit Material der Nachrichtenagentur AFP

(dsc/t-online)

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