Auf Druck des deutschen Bundesjustizministers Heiko Maas (SPD) wurde im Herbst 2015 die Firma Arvato mit dem Löschen von Hassbeiträgen auf Facebook beauftragt. Zuvor wurden problematische Beiträge von Dublin, Texas, Kalifornien oder dem indischen Hyderabad aus entfernt.
Einblick in die Tätigkeit des Berliner Löschteams, Informationen über Löschregeln oder über die Qualifikationen und Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter sind indes gänzlich unbekannt. Den Mitarbeiten ist es zudem untersagt, mit Journalisten oder Behördenvertretern zu sprechen.
Doch einige Angestellte von Arvato haben sich nun zu Wort gemeldet und wollen ihre Arbeitsbedingungen öffentlich machen. Sie leiden unter Stress und Überlastung, heisst es, einige sogar unter psychischen Problemen. Die tägliche Flut an oftmals schockierenden Inhalten hinterlässt Spuren.
Die Mitarbeiter, so die «Süddeutsche Zeitung», fühlen sich mit ihren Problemen allein gelassen. Bilder und Beiträge über Folter, Mord, Kindsmissbrauch oder Sex mit Tieren gehören zur Tagesordnung – und es fehlt an professioneller und psychologischer Betreuung. Mit Aussagen wie den folgenden berichten die Angestellten von ihren Erlebnissen:
Neben den belastenden Inhalten, die jeden Tag gesichtet werden, ist auch das Arbeitspensum extrem hoch. Pro Tag müssen rund 2000 Beiträge geprüft werden. Dabei haben vor allem höher gestellte Mitarbeiter, die auch Videos anschauen müssen, nur etwa acht Sekunden Zeit für ihre Löschentscheidung.
Auch nach welchen Grundsätzen gelöscht wird, ist ein Buch mit sieben Siegeln. Das Regelwerk besteht aus Hunderten von Beispielen und Details. So werden etwa Kommentare, die Gewalt bejubeln, entfernt. Aber auch die Kombination von Kommentar und Bild spielt eine wichtige Rolle. Schreibt zum Beispiel jemand unter ein Bild eines Sterbenden «Fuck yeah», wird der Beitrag gelöscht – aber nur dann. Ansonsten bleibt das Bild online.
Auf Anfrage bei Facebook Deutschland erhielt die «Süddeutsche Zeitung» lediglich die Antwort «Kein Kommentar». Unter #insidefacebook ruft die Zeitung auf Twitter nun zur Diskussion auf und wartet weiterhin auf eine offizielle Stellungnahme zu den Vorwürfen.
Ein erschütternder aber dennoch lesenswerter Bericht im @szmagazin und @arvato_com schweigt #insideFacebook
— Kleine Bibliothek (@kleine_bib) 15. Dezember 2016
Mit #insidefacebook zeigt sich, was online falsch läuft:
— bonanzabob (@lelandp_fitz) 15. Dezember 2016
Es braucht "Enthüllungsjournalismus" um zu erfahren, wie/was/warum gelöscht wird.
Hier habe ich Zugang zu allen Informationen.
Facebook aber bestimmt selber, wer welche Nachrichten zu Gesicht bekommt. Das finde ich doch sehr grenzwertig. Und dann noch der ganze Müll*, den sich die User gegenseitig zuschicken. Da gehe ich lieber mit Kollegen einen trinken.
So, genug gelästert über Facebook.
*vielleicht ein zu starkes Wort, für die zartbesaiteten Seelen, die sich in der Facebookblase bewegen ;-)