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Glauben oder Wirklichkeit? Mit diesen neun Windows-Mythen wird aufgeräumt

Glauben oder Wirklichkeit? Mit diesen neun Windows-Mythen wird aufgeräumt

Wenn jemand durch Putzen der Registry seinen PC flott bekommt - funktioniert das auch bei mir? Sagen wir mal so: Manchmal besteht der Trick darin, solche Mythen nicht zu glauben, erklärt die Redaktion der «c't».
20.04.2015, 16:40
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Ein Artikel von
Spiegel Online

Windows verwendet zum Booten nur einen Prozessorkern

Diesem Mythos leisten die erweiterten Startoptionen von Windows Vorschub: Schliesslich bieten sie ein Auswahlfeld für die Prozessoranzahl und darin steht vorausgefüllt eine 1. Was dabei übersehen wird: Die Option ist standardmässig gar nicht aktiviert. Microsoft hat sie für Software-Entwickler eingebaut, damit diese die Maximalzahl der Prozessoren für Testzwecke begrenzen können.

Nur ein Prozessor beim Start? Die erweiterten Startoptionen werden oft falsch interpretiert.
Nur ein Prozessor beim Start? Die erweiterten Startoptionen werden oft falsch interpretiert.heise

Übrigens haben wir 2012 nachgemessen, wie gross der Unterschied bei Windows 7 ist, wenn man es entweder mit einem Prozessor oder mit mehreren booten lässt. Die gemessenen Unterschiede lagen allesamt im Rahmen der Messungenauigkeit. Der eigentliche Flaschenhals beim Booten ist die Festplatte.

Funktionen zum Optimieren des Boot-Vorgangs muss man über einen Registry- Eintrag erst aktivieren, durch Setzen von EnableSuperfetch beziehungsweise EnablePrefetcher auf 3

Wenn dieser Eintrag existiert und auf einen anderen Wert als 3 eingestellt ist, dann hat schon jemand mit zweifelhafter Optimierungssoftware hantiert. Der von Windows angenommene Standardwert ist nämlich 3. Er sorgt dafür, dass Windows die üblichen Optimierungen für den Systemstart ausführt. Nach einigen wenigen Systemstarts haben sich die möglichen Verbesserungen eingeschwungen. Manuelle Eingriffe helfen nicht.

Windows 7 und neuere Versionen merken auch, wenn sie von einer herkömmlichen Festplatte auf eine SSD umgezogen wurden und passen die ausgeführten Optimierungen auf die neuen Verhältnisse an. Auf einer SSD ist es Unsinn, Daten neu anzuordnen, damit sie schneller geladen werden. Es ist sogar kontraproduktiv, weil es sich negativ auf die Lebenszeit der SSD auswirken würde.

Es beschleunigt den Boot-Vorgang, wenn man den Suchdienst deaktiviert und die Anmeldung automatisiert

Auch für diese Hinweise haben wir keinen Beleg gefunden, im Gegenteil: Der Suchdienst wirkt bei Bilddateien beschleunigend auf die Vorschaufunktionen des Explorer. Und die automatische Anmeldung macht es Dritten arg leicht, an die Daten auf der Festplatte zu gelangen.

Unter Windows muss die Festplatte regelmässig defragmentiert werden

In der Theorie führt Defragmentieren eines Datenträgers dazu, dass zusammengehörige Daten in einem Stück angeordnet liegen. Die Zugriffszeiten, die bei einer magnetischen Festplatte wesentlich den Zeitbedarf zum Anliefern von Daten bestimmen, werden dadurch optimiert. In der Praxis müsste die Software dazu allerdings die Zugriffsmuster des Anwenders vorausahnen. Windows kann das in Grenzen, da es den Systemstart beobachtet und das dabei gewonnene Wissen an den Defragmentierer weiterreicht.

Im regulären Betrieb werden solche Daten aber nicht erhoben und entsprechend kann Software die Daten nur nach generellen Ordnungskriterien umsortieren. Das mag in Einzelfällen etwas bringen, aber einen grundsätzlichen Vorteil hat es nicht. Defragmentieren hilft vor allem in Extremfällen, etwa bei einer vollen Platte, auf der Dateien nachträglich komprimiert wurden. Das hinterlässt jede Menge kleiner Löcher, in die sich anschliessend womöglich zusammengehörende Datei-Teile verteilen - ein GAU für magnetische Festplatten.

Lange der Tipp schlechthin und für manchen noch heute ein meditatives Ritual: die Defragmentierung.
Lange der Tipp schlechthin und für manchen noch heute ein meditatives Ritual: die Defragmentierung.bild: heise

Bei SSDs sieht das Ganze wieder anders aus: Seit Version 7 defragmentiert Windows diese aus nicht mehr von sich, weil hier die Zugriffsmuster - und damit -zeiten - keine Rolle spielen. Die Defragmentierung bleibt allerdings weiter aktiv, weil das Betriebssystem darüber die wichtige Trim-Operation anstösst, die einer SSD Hinweise über gelöschte Sektoren gibt; das hilft ihr dabei, den Flash- Speicher intern ökonomisch zu verwalten.

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Die beste Massnahme sowohl bei einer magnetischen Festplatte als auch bei einer SSD besteht darin, sie nicht bis an die Kapazitätsgrenze volllaufen zu lassen. Dafür sind weder spezielle Programme noch extra Handgriffe nötig. Wer das für eine herkömmliche Festplatte nicht sicherstellen kann, richtet zumindest keinen Schaden an, wenn er dann und wann defragmentiert.

Windows 8 funktioniert nur, wenn man ein Microsoft-Konto hat

Diesen Eindruck will der Hersteller unbedingt erwecken. Tatsächlich fragt das Programm während der Einrichtung nach einem Microsoft-Konto. Gibt man an dieser Stelle aber eine andere, syntaktisch korrekte E-Mail-Adresse und ein beliebiges Passwort an oder folgt dem Assistenten zum Anlegen eines neuen Kontos, so bietet die Software im Kleingedruckten durchaus auch das Anlegen oder Benutzen eines lokalen Kontos an.

Die Windows-8-Installation kann man auch ohne Microsoft-Konto durchführen.
Die Windows-8-Installation kann man auch ohne Microsoft-Konto durchführen.bild: heise

Nur wenn Sie aus dem Windows Store Apps für Windows 8 herunterladen wollen oder mitgelieferte Apps für E-Mail oder Kalender benutzen wollen, kommen Sie um ein Microsoft-Konto nicht herum. Das Anlegen hat aber Zeit bis zur entsprechenden Nachfrage. Dort hinterlegte Konten sind unabhängig von dem lokalen, das Sie fürs Anmelden an Windows selbst weiterhin verwenden können.

Tuning-Programme für Windows lösen gängige Probleme

Hierin steckt ein Fünkchen Wahrheit: Die Hersteller von Tuning-Tools integrieren beispielsweise Funktionen, die etwa die temporären Verzeichnisse von Windows leerräumen. Das ist eine durchaus nützliche Aktivität, die aber die Windows-eigene Datenträgerbereinigung ebenso gut übernimmt. Das heisst: Man erhält oftmals keinen Mehrwert, sondern etwas, das bereits in Windows steckt - die Hersteller von Tuning-Programmen können ja auch nur mit Wasser kochen.

Zu allem Überfluss enthalten Aufräum- und Tuning-Helfer häufig lästige Zusätze, beispielsweise Browser-Erweiterungen und ähnlichen Kram, den man schwer wieder los wird. Keines dieser Programme verrät, was es tut, so dass fehlschlagende oder kontraproduktive Dinge kaum zu entlarven sind. Unsere Empfehlung: Die Zeit, die Sie eventuell zum Ausbügeln fataler Folgen eines Tuning- Tool-Einsatzes benötigen, ist in die Suche nach Bordmitteln oder einem geeigneten Werkzeug aus dem unmittelbaren Microsoft-Umfeld viel besser investiert.

Ein 64-Bit-Windows lohnt sich nur bei mehr als 4 GB Speicher

Das ist zwar im Grundsatz richtig, aber sehr kurzsichtig gedacht. Es gibt zwei entscheidende Vorteile einer 32-Bit-Windows-Installation: Sie führt 16-Bit-Software aus, also alte DOS-Anwendungen und Programme, die seinerzeit für Windows 3.1 geschrieben wurden. Ausserdem stehen die Chancen besser, dass sie noch Treiber ausführt, die für eine ältere, nur 32-bittig erhältliche Generation von Windows geschrieben wurden. Wer auf solche Software oder Hardware angewiesen ist und sicher auf mehr Speicher verzichten kann, ist mit einer 32-Bit- Version von Windows besser bedient.

Alle anderen fahren mit einer 64-Bit-Version besser: Sollten Sie später mehr Speicher brauchen, können Sie ihn einfach nachrüsten. Bei einer 32-Bit- Windows-Installation wäre die Neuinstallation einer 64-Bit-Version fällig, denn ein Update von 32 auf 64 Bit hat Microsoft nicht vorgesehen. Und: Bei den günstigen System-Builder-Lizenzen (SB) müssen Sie sich schon beim Kauf entscheiden, ob es eine 32- oder 64-Bit-Version sein soll; ein späterer Wechsel ist aus lizenzrechtlichen Gründen nicht möglich, so dass in diesem Fall ein Neukauf fällig wird.

Die neue Bedienoberfläche von Windows 8 ist unbenutzbar

Seit der Veröffentlichung von Windows 8 hat sich an dieser Front viel getan: Eine durchaktualisierte Installation zeigt nach dem Anmelden den Desktop und bietet überall ein minimales Menü beim Rechtsklick auf den Windows-Knopf an. Ab und an huscht allerdings der «Startschirm» über Ihren Monitor. Wer diesen Spuk ganz vermeiden möchte und die Startmenüfunktionen von Windows XP bis 7 zurück haben will, kann Classic Shell installieren, das die wesentlichen Spielarten per Knopfdruck nachbildet.

Windows 8 fehlt das Startmenü früherer Fassungen. Classic Shell rüstet es nach.
Windows 8 fehlt das Startmenü früherer Fassungen. Classic Shell rüstet es nach.bild: heise

Auf einem vernünftig eingerichteten Rechner liegen Daten und Betriebssystem auf unterschiedlichen Partitionen

Jetzt auf

Das stimmt: Wer alle Dateien in einem Verzeichnis abseits der üblicherweise einer Windows-Installation zuzurechnenden Ordner speichert, kann entspannt Backups davon ziehen oder sie bequem auf einen neuen PC überspielen.

Die zusätzlich gern gegebene Empfehlung, Anwendungsdaten auf einer separaten Partition zu halten, stammt allerdings aus einer Zeit, in der Windows-Neuinstallationen noch an der Tagesordnung waren. Im Lauf der Jahre ist Windows robuster geworden und bringt nun Funktionen zur Systemwiederherstellung mit. Heute lautet die Empfehlung zumindest für Desktop-PCs daher: Stecken Sie zusätzlich zur SSD eine magnetische Festplatte in das System und legen Sie darauf regelmässig Kopien Ihrer SSD-Daten an oder benutzen Sie die Magnetplatte direkt zum Speichern Ihrer Daten - sofern Sie denn anderweitig Sicherungskopien davon anfertigen.

Was Windows 10 schon kann - und was noch nicht

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Was Windows 10 schon kann - und was noch nicht
Das neue Startmenü: In ähnlicher Form gab es das auch schon in der ersten Windows-10-Vorabversion. Im Grunde ist es eine Mischung aus altem Startmenü und der Kacheloptik von Windows 8.
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