Seit dem Wochenende schieben Hunderttausende, meist sehr junge YouTube-Fans Panik. Grund ist ein Video mit dem Titel «Warum es Youtube nächstes Jahr nicht mehr gibt». Es wurde am 2. November vom YouTube-Kanal «Wissenswert» veröffentlicht und macht nun die Runde.
Im Video, das in drei Tagen rund 2,5 Millionen Mal geschaut wurde, erzählt eine Männerstimme in besorgtem Tonfall:
YouTube plane, alle europäischen Kanäle, die nicht zu grossen Firmen gehören, zu löschen, erzählt die Stimme im Video weiter. Das gehe aus einem Brief der YouTube-Chefin hervor.
Solche Worte sorgen natürlich bei den oft sehr jungen Fans der YouTube-Stars für grosse Unruhe. In den Kommentaren des deutschen YouTube-Kanals BibisBeautyPalace dreht sich beispielsweise alles nur noch um das angebliche YouTube-Aus: «😭😭😭😭 ich will nicht, dass ihr gelöscht werdet» oder «YouTube soll bleiben!!!!», schreiben Hunderte besorgte Fans der deutschen YouTube-Queen Bibi, die über fünf Millionen Abonnenten hat.
Grund für das YouTube-Ende sei der Artikel 13 der EU-Urheberrechtsreform, erklärt das Video, das die Massenpanik ausgelöst hat. Das neue Gesetz sieht in der Tat vor, dass Onlineplattformen wie YouTube und Facebook künftig für die hochgeladenen Inhalte haftbar sind. Das heisst aber noch lange nicht, dass YouTube (oder Facebook, Instagram etc.) deswegen verschwinden werden, wie das Video im Titel suggeriert – und erst im weiteren Verlauf des Videos wieder etwas relativiert.
YouTube-Star Simon Unge hat auf das Video reagiert und klare Worte gefunden:
Fakt ist: Die Macher des Videos sorgen bei YouTube-Fans für Angst und Unruhe – und das ist vermutlich so gewollt. Denn unter dem Video ist die Online-Petition «Stoppt die Zensurmaschine – rettet das Internet!» verlinkt. Netzaktivisten sammeln so Unterschriften gegen die Urheberrechtsreform.
Die Petition soll die EU-Parlamentarier wachrütteln, damit der umstrittene Artikel 13 doch noch gestrichen wird. Das plakative Video treibt nun Scharen von YouTube-Nutzern dazu, die Petition zu unterzeichnen.
Die EU-Urheberrechtsreform wird von Netzaktivisten, IT-Koryphäen und Bürgerrechtsorganisationen abgelehnt, die sich um das freie Internet sorgen. Ihre Sorge ist nicht unbegründet: Kritiker der Urheberrechtsreform bzw. des Artikel 13 erwarten, dass YouTube, Facebook und Co. alles tun werden, um künftig keine Urheberrechte zu verletzen – und deshalb immer mehr Online-Plattformen automatische Upload-Filter einführen werden.
Konkret werden YouTube und Co. verstärkt Filter-Software einsetzen (sogenannte Upload-Filter), die alle Inhalte bereits beim Hochladen automatisch auf Copyright-Verstösse prüfen. Zahlreiche Videos, die Ausschnitte von Sportevents, Games etc. enthalten, könnten so aus dem Netz verschwinden.
Ein weiteres Problem: Upload-Filter sind technisch noch sehr weit davon entfernt, zuverlässig zu erkennen, ob ein Werk legal verwendet werden darf oder nicht. Somit kann es passieren, dass Bilder, Videos oder Texte gelöscht werden, die eigentlich gegen kein Copyright verstossen. Grosse Konzerne wie Google oder Facebook setzen bereits jetzt Upload-Filter ein und haben damit gezeigt, wie unzuverlässig diese sind.
Bleibt zu sagen: Die EU-Urheberrechtsreform hat ihre Fehler, YouTube wird es deswegen 2019 garantiert weiter geben.