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Selbst der SC Bern will nichts von Frauenhockey wissen – warum das Bronzewunder langfristig nichts bringt

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Kein GEld für die Frauen

Selbst der SC Bern will nichts von Frauenhockey wissen – warum das Bronzewunder langfristig nichts bringt

Selbst der Erfolg unserer Nationalmannschaft in Sotschi dürfte keine neuen Investitionen ins Frauen-Hockey auslösen. In vielen Klubs könnte eine Frauenabteilung nur mit Mäzenen finanziert werden. Die sind weit und breit nicht in Sicht.
22.02.2014, 06:4322.02.2014, 17:44
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Marc Lüthi ist der beste und charismatischste Hockey-Manager im Lande. Die Absage des SCB-Generals an alles, was mit Frauen-Hockey zu tun hat, trübt die Freude an der Bronze- Medaille schon ein wenig.

Bronze-Schmied René Kammerer sagte hier in Sotschi vor seinem Rückflug, er hoffe, dass jetzt auch die grossen Klubs wie der SC Bern das Frauenhockey fördern werden. Doch das wird nicht der Fall sein. Dabei zeigt das Beispiel der ZSC Lions, dass sich Investitionen ins Frauenhockey lohnen.

Bronze-Coach René Kammerer hofft auf die grossen Klubs – wohl umsonst.
Bronze-Coach René Kammerer hofft auf die grossen Klubs – wohl umsonst.Bild: freshfocus

So viel ist klar: Damit das Frauenhockey-Wunder weitergeht, braucht es auch die Hilfe der grossen Hockeyunternehmen. Stillstand bedeutet im Sport erst recht Rückschritt. Unsere Frauen müssen, wenn sie ihre Position als Nummer 1 in Europa und Nummer 3 in der Welt hinter Kanada und den USA behaupten wollen, noch intensiver trainieren und das Nationalteam muss häufiger gegen die beiden nordamerikanischen Titanen spielen können. Dazu braucht es auch Investitionen der grossen Hockeyunternehmen.

Eine einfache Rechnung

René Kammerer sagt auch, warum sich Investitionen ins Frauenhockey für alle lohnen: «Die Hälfte der Bevölkerung ist weiblich, und dieses Potenzial sollte das Hockey doch nützen.»

Tatsächlich wäre das Hockey-Imperium SC Bern mit gut 50 Millionen Umsatz geeignet, auch etwas fürs Frauenhockey zu tun. Doch der SCB-General Marc Lüthi hat bereits entschieden: keine Frauen im Berner Hockeytempel.

«Es ist toll, was die Frauen in Sotschi geleistet haben», sagt Marc Lüthi. «Auch ich habe im letzten Drittel mitgefiebert.» Aber jetzt Frauenhockey fördern? Nein, Danke. «Wir haben schon vor einiger Zeit diese Frage geklärt. Ein Frauenteam würde zwischen 200'000 und 300'000 Franken kosten. Aber es ist auch nach Sotschi unmöglich, diese Kosten durch Sponsoring und Zuschauereinnahmen zu erwirtschaften.»

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Marc Lüthi sagt, Frauenhockey sei ein typischer Nationalmannschaftsport.« Für die Frauen-Meisterschaft interessiert sich einfach niemand. Bereits eine Frauen-WM findet praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Eine Frauenhockey-Abteilung liesse sich nur durch Mäzen zu finanzieren und diesen Mäzen haben wir in Bern nicht.»

Sympathieträgerin Florence Schelling spielt schon bei den Männern mit. 
Sympathieträgerin Florence Schelling spielt schon bei den Männern mit. Bild: freshfocus

Und so zeichnet sich ab: Die ZSC Lions und in weit geringerem Umfang Lugano werden weiterhin die einzigen NLA-Hockey-Unternehmen bleiben, die Frauenhockey fördern. Zug und Kloten haben ihre Frauenteams längst aufgelöst.

Die ZSC Lions sind mit rund 70 lizenzierten Spielerinnen die klare Nummer 1. Elf Bronze-Heldinnen sind in der ZSC- Organisation ausgebildet worden und die Zürcherinnen haben die letzten drei Titel gewonnen. Die Frauen sind in der ZSC-Nachwuchsorganisation mit einem Gesamtbudget von 3,2 Millionen integriert.

Spielerinnen als potentielle Mütter

ZSC-Manager Peter Zahner beziffert die Kosten auf rund 200'000 Franken. Er sagt, es sei tatsächlich nicht möglich, die Kosten für die Frauen über Sponsoring wieder hereinzuholen. Er sieht das Engagement indes als Imagegewinn und langfristige Investition. «70 Frauen sind 70 potenzielle Mütter, die später vielleicht ihre Buben und Mädchen zum Hockey schicken oder in anderer Weise das Hockey unterstützen.» Nach Sotschi werde nicht mehr investiert, das Programm werde aber im bisherigen Rahmen weitergeführt.

Peter Zahner sagt, das Frauenhockey könne nur dann gefördert werden, wenn die Spielerinnen Zeit bekommen, mehr zu trainieren. «Es wäre beispielweise eine Möglichkeit, wenn der Verband den Spielerinnen durch Übernahme des Lohnausfalls bessere Trainingsmöglichkeiten finanziert.» Sämtliche Bronze-Heldinnen sind ja Amateure.

Trotz Weltklasse-Leistung auf dem Eis und als Partylöwinnen – alle Schweizer Bronze-Heldinnen sind Amateure.
Trotz Weltklasse-Leistung auf dem Eis und als Partylöwinnen – alle Schweizer Bronze-Heldinnen sind Amateure.Bild: KEYSTONE

Einig sind sich allerdings alle befragten Exponenten, dass der Verband nach Sotschi nicht in der Lage und willens sei, wirklich etwas zu tun. Ein wichtiger Hockey-Würdenträger, dessen Name uns soeben entfallen ist, bringt es auf den Punkt: «Verbandspräsident Marc Furrer hat sich in Sotschi überall zitieren lassen, wie er jetzt das Frauenhockey fördern werde. Nur hat er das vorher mit niemandem besprochen und er weiss ja gar nicht, woher er das Geld nehmen soll…»

Wunschkandidaten Daniela Diaz sagt ab
Die Nachfolgeregelung von Bronze-Schmied René

Kammerer (er hat sein Amt nach zehn Jahren niedergelegt)

wird schwierig. Wunschkandidatin des Verbandes war

Daniela Diaz (34), die Schwester von NHL-Verteidiger

Rafael Diaz. Die Ex-Nationalspielerin ist Meistertrainerin

der ZSC Frauen. ZSC-Manager Peter Zahner sagt: «Sie

hat dem Verband abgesagt und wird auch nächste

Saison für uns arbeiten.»

Das Problem bei der Nachfolgerregelung: Der Frauen-Nationaltrainer arbeitet ehrenamtlich und bekommt

bloss Taggeld. Aber der Job eignet sich für Männer

auch nicht als Einstieg ins Coaching-Business: Wer als

Mann einmal ein Frauenteam betreut hat, bekommt in

der Macho-Welt Hockey mit an Sicherheit grenzender

Wahrscheinlichkeit nie mehr einen guten Job im

Männerhockey.
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