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Rücktritt? Die Ereignisse um Seehofer in 5 Akten

Rücktritt? Kein Rücktritt? Die Ereignisse um Seehofer in 5 Akten

02.07.2018, 04:1102.07.2018, 07:00
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Vorgeschichte

Bundeskanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer kommen zu keinem Konsens im Asylstreit. Beim Gipfel in Brüssel hatte sich die EU auf weitere Verschärfungen der Migrationspolitik verständigt. So sollen Bootsflüchtlinge in zentralen Sammellagern in der EU untergebracht werden. Merkel erhielt nach eigenen Angaben zudem Zusagen mehrerer Länder, über schnellere Rückführungen von Migranten zu verhandeln. Ausserdem wurden am Samstag überraschend weitgehende zusätzliche Asyl-Vorschläge Merkels bekannt.

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Bundeskanzlerin Merkel und der deutsche Innenminister Seehofer sind sich in der Asylfrage uneins. Bild: AP/AP Files

Seehofer nannte die EU-Beschlüsse kein «wirkungsgleiches Surrogat» (keinen gleichwertigen Ersatz). Er widersprach damit direkt Merkel. Die Kanzlerin hatte bei der Aufzeichnung eines Sommerinterviews der ZDF-Sendung «Berlin direkt» zur Frage, ob die Forderungen der CSU erfüllt seien, gesagt: «In der Summe all dessen, was wir insgesamt beschlossen haben, ist das wirkungsgleich. Das ist meine persönliche Auffassung. Die CSU muss das natürlich für sich entscheiden.»

Seehofer bietet Rücktritt an

Nach dem EU-Gipfeltreffen will Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer im erbitterten Streit mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel beide Ämter aufgeben. Das sagte er am Sonntag an einer CSU-Sitzung. Seehofer habe seinen Rücktritt in einer persönlichen Erklärung am Ende der Beratungen der CSU-Spitzengremien bekanntgegeben. 

CSU lehnt Rücktritt ab

Die engste CSU-Parteiführung hatte Seehofer gebeten, nicht zurückzutreten. «Das ist eine Entscheidung, die ich so nicht akzeptieren kann», sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung des CSU-Vorstands. Dobrindt habe dafür lang anhaltenden Applaus erhalten.

Die Sitzung wurde unterbrochen, die engste Parteispitze zog sich mit Seehofer zu Beratungen zurück. Der CSU-Vorstand hatte seit dem Nachmittag über den Asylstreit mit der CDU diskutiert. Dabei hatten Seehofer und seine Parteifreunde sich mehrheitlich gegen die Linie der Kanzlerin gewandt.

Drei Optionen nach Seehofer

Kern des Streits mit der Bundeskanzlerin sind Pläne Seehofers, in anderen EU-Ländern registrierte Asylbewerber notfalls im Alleingang an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Merkel lehnt einseitige Aktionen Deutschlands ab und pocht auf ein europäisch abgestimmtes Vorgehen.

Seehofer sagte am Sonntag nach fast achtstündigen Beratungen laut Teilnehmern, es gebe drei Optionen: Entweder die CSU beuge sich dem Kurs von Merkel in der Asylpolitik. Oder er ordne als Innenminister die Zurückweisung bestimmter Migranten an der deutschen Grenze an – mit allen damit verbundenen Gefahren für den Fortbestand der Koalition. Und die dritte Option sei, dass er als Parteichef und Minister zurücktrete.

Das erwartet uns am Montag

CSU-Chef Horst Seehofer hat sein politisches Schicksal in die Hände der CDU gelegt: In einem Spitzengespräch will der deutsche Innenminister die Schwesterpartei an diesem Montag zum Einlenken im dramatischen Asylstreit bewegen.

Erst danach will er endgültig über seinen angekündigten Rücktritt von beiden Ämtern, also den Ministerposten und den CSU-Vorsitz, entscheiden. Die engste Parteiführung hatte ihn gebeten, nicht zurückzutreten.

Wann das Treffen konkret stattfinden soll, war zunächst offen. Um 14 Uhr ist ohnehin eine Sitzung der Unionsfraktion, also von allen Abgeordneten von CDU und CSU im Bundestag geplant.

(sda/dpa/afp/reu/vom)

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29 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Scaros_2
02.07.2018 06:43registriert Juni 2015
Diese Regierungskriese welche in DE seit Sept17 anherrscht zeigt eindrücklich das Demokratie ihre Grenzen erreicht wenn viele Parteien ähnlich viele Stimmen bekommen und jeder sein eigenes Ding dreht. Das Land wird auch nicht vorannkommen so. Keiner der Politiker kümmert sich um das Wohl des Volkes. Alles was sie tun sind Worthülsen und Aktivismus an den Tag legen der schlussendlich aber beim Bürger nicht ankommt und das nur weil keiner mehr die EIER hat auch einmal einen Fehler zu machen. Stattdessen politisiert man so, das die AFD stetig stärker wird. Sehr gefährliches Spiel
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amore
02.07.2018 06:25registriert Februar 2014
Ein Fiasko sondergleichen sind diese Vorgänge zwischen CSU und CDU. D soll jetzt endlich mal zur Minderheitsregierung wechseln, damit ALLE politischen Kräfte jeweils die Entscheidungen zu den Sachgeschäften treffen können. Wer behauptet, dies funktioniere in D nicht, sollte heute sehen, dass der aktuelle Zustand ein Auslaufmodell ist. Was jetzt vorgeht ziemt sich nicht mal für eine Bananenrepublik.
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Sophia
02.07.2018 07:55registriert Juli 2015
Seehofer ist ein Egomane, er ist wichtiger als die Partei und Deutschland und die EU versteht er gar nicht. Die von ihm ungeliebte Kanzlerin Merkel, ist in Bayern beliebter als die gesamte CSU-Spitze.
Wie kann man wegen ein paar tausend Aylanten die so eminent wichtigen EU-Vereinbarungen einfach ignorieren und so alle EU-Staaten zu desavouieren, wie kann man wegen einer Detailfrage eine jahrzehntealte Parteienfamilie einfach so wegblasen und Deutschland in einer derartige Regierungskriese führen, die niemandem nützt?
Der Merkel bleibt doch gar keine andere Wahl, als den Seehofer zu entlassen.
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