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Kapitän der südkoreanischen Unglücksfähre verhaftet

Happige Vorwürfe

Kapitän der südkoreanischen Unglücksfähre verhaftet

Die Kritik am Kapitän der gesunkenen Sewol wächst. Die Staatsanwaltschaft hat ihn angeklagt. Mittlerweile sitzt er in Haft.
18.04.2014, 22:3518.04.2014, 22:59
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Der Kapitän der südkoreanischen Unglücksfähre «Sewol» ist verhaftet worden. Gegen Lee Joon Seok werde unter anderem wegen Vernachlässigung seiner Dienstpflicht und Verstosses gegen Seerecht ermittelt, meldete die Nachrichtenagentur Yonhap am Samstag (Ortszeit).

Der Kapitän der «Sewol», Lee Joon Seok,  wird zur Anhörung begleitet.
Der Kapitän der «Sewol», Lee Joon Seok,  wird zur Anhörung begleitet.

Nach den ersten Ermittlungen wurde die Fähre zum Unglückszeitpunkt nicht vom 68-jährigen Kapitän, sondern von einer unerfahrenen Offizierin gesteuert. Kapitän Lee habe sich zu diesem Zeitpunkt «hinten» im Schiff befunden, sagte Staatsanwalt Park Jae Eok. Lee Jun Seok habe die Schiffsführung an die 26-jährige Dritte Offizierin übergeben, bevor das Schiff zu sinken begann, teilten die Ermittler am Freitag mit. Die Staatsanwaltschaft hatte Haftbefehle gegen den Kapitän, die Offizierin sowie gegen ein weiteres Besatzungsmitglied beauftragt.

Wie es zu dem Unglück kommen konnte, ist nach wie vor ungeklärt. Experten vermuten, dass das Schiff nach einem Kurswechsel auf einen Felsen lief oder eine scharfe Kurve fuhr, wodurch die Ladung – darunter mehr als 150 Autos – verrutschte, was das Schiff zum Kentern brachte. 

An Bord der 6825-Tonnen-Fähre waren 475 Menschen, als sie am Mittwochmorgen verunglückte. Der Kapitän und die meisten der 28 Besatzungsmitglieder konnten sich retten. 

Schlechtes Wetter und starke Strömungen erschweren die Suche nach Opfern.
Schlechtes Wetter und starke Strömungen erschweren die Suche nach Opfern.Bild: REUTERS

«Aussicht auf Überlebende ist sehr gering»

Das Verhalten des Kapitäns und der Crew wurde schon unmittelbar nach dem Untergang stark kritisiert. Überlebende berichteten, der Kapitän habe das Schiff als einer der ersten verlassen. Zudem war den Passagieren zunächst über Lautsprecher mitgeteilt worden, sich nicht zu rühren – da war das Schiff bereits in starke Seitenlage geraten.

Nach Ansicht von Experten ist durch die späte Evakuierung kostbare Zeit verloren gegangen. Die Küstenwache befürchtet, dass viele Menschen im Innern des Schiffes eingeschlossen wurden.

«Die Aussicht, dass da noch Überlebende sind, ist sehr gering», sagte der Experte und Leiter von Australian Marine Consultants, Des Ward, dem südkoreanischen Sender Arirang. Widriges Wetter und eine starke Strömung erschwerten die Bergungsarbeiten vor der Südwestküste Südkoreas weiter.

Geretteter Lehrer nahm sich das Leben

Fast 270 Menschen galten auch am Freitag - zwei Tage nach dem Untergang der Fähre - als vermisst. An Bord waren 325 Schüler auf dem Weg zu einem Ausflug. Ragte zunächst der Bug noch aus dem Wasser, war später am Freitag nichts mehr von der Fähre zu sehen.

Bis Freitagnachmittag (Ortszeit) wurden 28 Leichen aus dem Wasser rund um die Fähre gezogen. Fast 180 Menschen waren gerettet worden. Der erste Vorstoss von Tauchern ins Innere des Wracks endete ohne sichtbaren Erfolg. Die Rettungsmannschaften begannen jedoch damit, Luft in das Schiff zu pumpen.

Lehrer hatte Schuldgefühle Familien von Vermissten richteten schwere Vorwürfe gegen die Regierung. In einer Erklärung warfen sie ihr vor, nicht genug für die Rettung möglicher Überlebender zu tun. Viele Angehörige harren in der Nähe der Unglücksstelle auf der Insel Chindo aus.

Auf dieser Insel soll sich indes ein Lehrer erhängt haben. Der Mann war stellvertretender Direktor der Oberschule nahe Seoul, von der ein Grossteil der jungen Passagiere kam. Offensichtlich habe er Schuldgefühle gehabt, weil er gerettet wurde, während viele unter seiner Obhut mitreisende Schüler vermisst werden, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf die Polizei. (sda/dpa/afp/meg)

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