Gesellschaft & Politik

In 20 Autominuten zum Krieg: Afghanistan beginnt in Kalifornien

Bild: Jarek Tuszynski 
Attrappenstädte in der Wüste

In 20 Autominuten zum Krieg: Afghanistan beginnt in Kalifornien

Kian Ramezani
Folge mir
Mehr «Gesellschaft & Politik»
In der Mojave-Wüste und in der bayrischen Oberpfalz werden Soldaten auf den Wahnsinn in Afghanistan vorbereitet. Der nahende Truppenabzug bedeutet wohl das Ende der unheimlichen Attrappenstädte.
15.01.2014, 14:5308.08.2014, 08:35

Auf den ersten Blick wirkt «Medina Wasl» wie ein Themenpark, der seine besten Jahre hinter sich hat. Die Moschee mit ihrer blauen Kuppel versprüht den kindlichen Charme von 1001 Nacht. Doch zum Vergnügen weilt niemand in dieser Attrappenstadt mitten in der Mojave-Wüste Kaliforniens: Hier werden Nato-Soldaten für ihren Einsatz im «War on Terror» vorbereitet. 

Für viele Amerikaner ist der Kriegseinsatz die erste Reise ins Ausland. Deshalb lernen sie in «Medina Wasl» nicht nur Sprengfallen zu entschärfen und Taliban zu jagen. Wüstenstaub, verkleidete Statisten und Strassenverkäufer sollen einen ersten Eindruck von der fremdartigen Umgebung vermitteln, in der sie sich bald zurechtfinden müssen, und den unweigerlichen Kulturschock ein wenig abfedern. 

Der Oberpfälzer als Afghane

Einen Schritt weiter geht die US-Armee in ihrem Ausbildungszentrum im bayrischen Hohenfels. Dort fehlt der Wüstenstaub, dafür sprechen die deutschen Statisten eine Sprache, welche die Soldaten nicht verstehen. Als der amerikanische Fotograf Eric White erfuhr, dass als Afghanen verkleidete Deutsche Amerikaner ausbilden, war er so fasziniert von der Idee, dass er sie vor Ort portraitierte (siehe Bilder unten). «Alles hier ist sehr professionell und die Deutschen nehmen ihre Aufgabe sehr ernst», sagte er gegenüber der «Huffington Post».

Die Briten setzen auf Authentizität

Auch Grossbritannien schult seine Soldaten in den kulturellen Besonderheiten Afghanistans. Im Unterschied zu den Einrichtungen in Kalifornien und Bayern allerdings direkt vor Ort. In ihrem Camp Bastion im Süden des Landes haben die Briten ein künstliches Dorf errichtet. Die Statisten werden allesamt aus der Lokalbevölkerung rekrutiert.

Video: Youtube/ukforcesafghanistan

Afghanistan «20 Autominuten» von Kalifornien

Hunderte Stützpunkte hat die Nato bereits dicht gemacht oder an die afghanische Armee übergeben. Wenn Ende 2014 das Gros der westlichen Truppen das Land verlassen und keine neuen mehr nachrücken, werden auch wohl die Klein-Afghanistans nicht mehr gebraucht. Wie eine mögliche Nachnutzung von «Medina Wasl» aussehen könnte, hat das US-Militär bereits aufgezeigt: Seit jeher können sich interessierte Zivilisten für Führungen anmelden, und das gratis. «Wussten Sie, dass Afghanistan nur 20 Autominuten von Fort Irwin in Kalifornien entfernt liegt?», heisst es auf der Website.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
1 Kommentar
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
1