Der jugendliche Straftäter Carlos hat der Oberjugendanwaltschaft und Justizdirektor Martin Graf (Grüne) heftige Kritik wegen seiner Sondersetting-Kosten von 29'000 Franken pro Monat eingetragen. Wie Justizdirektion und Oberjugendanwaltschaft auf den öffentlichen Druck reagierten, ist bekannt: Sie markierten Härte und steckten Carlos erst ins Gefängnis Limmattal und dann in die geschlossene Abteilung des Massnahmezentrums Uitikon (MZU ZH).
In einer langfristigen Perspektive war das kein guter Entscheid, um die Gesellschaft vor weiterem Schaden zu bewahren, den Carlos in Zukunft anrichten könnte. Neuste kriminologische Erkenntnisse zeigen, dass jugendliche Intensivstraftäter je weniger rückfälliger werden, desto früher und intensiver sie therapiert werden. Deshalb waren auch die 29 000 Franken, die Carlos' Sondersetting mit Thaibox-Training kosteten, gerechtfertigt. Selbst, wenn man es die nächsten fünf Jahre bis zu seinem 24. Altersjahr hätte bezahlen müssen.
Carlos Massnahme hätte dann zwar insgesamt 1,74 Millionen Franken gekostet, seine Rückfallgefahr aber – zumindest statistisch gesehen – massiv gesenkt. Bedenkt man, dass notorische Straftäter während ihrer lebenslangen Verbrecherlaufbahn Folgeschäden von rund 6 Millionen Dollar verursachen, dann würde es sich sogar dann noch sicher lohnen, wenn jeder zweite dieser teuer therapierten Jugendstraftäter rückfällig würde.
Aber auch kurzfristig haben Jugendanwaltschaft und Justizdirektion mit dem Abbruch des Therapieprogramms einen schlechten Schnitt gemacht. Sie brachen das Sondersetting trotz eines vorliegenden Angebots der betreuenden Institution RiesenOggenfuss für ein günstigeres Setting ab und verfügten Carlos' Einsperrung. In der Folge rekurrierte Carlos' Anwalt gegen die Verfügung und ging bis vors Bundesgericht, das den Rekurs vergangene Woche guthiess.
Damit ist klar: Statt die Kosten im Fall Carlos zu verringern, haben Justizdirektion und Oberjugendanwaltschaft dem Steuerzahler Zusatzkosten generiert. Die Unterbringung von Carlos im Gefängnis Limmattal und im Massnahmenzentrum Uitikon kostet zwischen dem 30. August 2013 und dem 2. März 2014 (dann muss Carlos freigelassen werden) 82'284 Franken. Das vergünstigte Sondersetting, das Oberjugendanwaltschaft und RiesenOggenfuss bereits ausgehandelt hatten und in letzter Minute abgeschossen worden war, hätte für den gleichen Zeitraum nur 60'076 Franken gekostet. Macht eine Differenz von 22'208 Franken.
Soviel haben sich Oberjugendanwaltschaft und Justizdirektor Martin Graf die Beschwichtigung der Vox Populi kosten lassen. Und das sind nur die Mehrkosten für die Unterbringung von Carlos. Der Rechtsstreit durch alle Instanzen, den die umstrittene Einweisungsverfügung ausgelöst hatte, kostete die Rechtspflege und damit die öffentliche Hand (sehr konservativ gerechnet) nochmal mindestens 75'000 Franken. Wenn man die Rechnungen der Kommunikationsberater berücksichtigt, welche die Oberjugendanwaltschaft für die Krisenkommunikation angestellt hat, dann kommen die Mehrkosten gegenüber dem Günstig-Sondersetting auf weit über 100'000 Franken zu stehen.
Kritiker dieser Milchbüchlein-Rechnung mögen einwenden, dass Carlos' Unterbringung in Gefängnis und MZU mitsamt allen Prozesskosten den Steuerzahler weniger kostete, als wenn das Original-Sondersetting à 29' 000 Franken pro Monat weitergelaufen wäre. Das stimmt, das Original-Sondersetting wäre im fraglichen Zeitraum rund 40'000 Franken teurer gewesen.
Die zeitgenössiche Kriminologie lässt jedoch den Schluss zu, dass diese 40'000 Franken gut investiertes Geld gewesen wären. Denn die erneute Inhaftierung Carlos' hat sicher nicht dazu beigetragen, seine Chancen auf eine lebenslange Gewalttäterkarriere mit den entsprechend zu erwartenden Opfern und Folgekosten zu senken.