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Irak

Regierungschef al-Maliki geht auf Konfrontationskurs zum irakischen Staatspräsidenten – Klage angekündigt

Nuri al-Maliki hat die Wahlen im Irak im vergangenen April erneut gewonnen. Er kann aber nicht alleine regieren. 
Nuri al-Maliki hat die Wahlen im Irak im vergangenen April erneut gewonnen. Er kann aber nicht alleine regieren. Bild: aP/KEYSTONE
Al-Maliki will weiterregieren

Regierungschef al-Maliki geht auf Konfrontationskurs zum irakischen Staatspräsidenten – Klage angekündigt

11.08.2014, 01:0811.08.2014, 11:28
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Der seit Monaten andauernde politische Machtkampf im Irak spitzt sich zu. Ministerpräsident Nuri al-Maliki kündigte in der Nacht zum Montag in einer Fernsehansprache eine Klage gegen Staatspräsident Fuad Masum an, weil dieser ihn nicht mit der Regierungsbildung beauftragt hat.  

Masum habe zwei Mal gegen die Verfassung verstossen, sagte Maliki in seiner überraschenden Ansprache. Er warf dem Präsidenten insbesondere vor, ihn nicht zum neuen Ministerpräsidenten nominiert und mit der Regierungsbildung beauftragt zu haben.

Steht im Visier von Regierungschef al-Maliki: Der Ende Juli gewählte Staatspräsident Fuad Masum.
Steht im Visier von Regierungschef al-Maliki: Der Ende Juli gewählte Staatspräsident Fuad Masum.Bild: AHMED SAAD/REUTERS

Der Schiit al-Maliki hatte mit seiner Partei die Parlamentswahl im April klar gewonnen, verfügt aber im Parlament nicht über eine absolute Mehrheit. Seit Monaten können sich die politischen Lager nicht auf einen neuen Ministerpräsidenten einigen. Am Sonntag vertagte das Parlament eine Debatte darüber bis zum 19. August.

Der Kurde Masum war Ende Juli vom Parlament zum Präsidenten gewählt worden. Zwischen den Kurden, die im Nordirak über ein autonomes Gebiet verfügen, und der Regierung al-Malikis gibt es seit langem Spannungen. Die Kurden werfen der Zentralregierung unter anderem vor, ihnen ihren 17-prozentigen Anteil an den gesamten Öleinnahmen des Staates vorzuenthalten.

Rücktritt gefordert

Zuletzt hatte al-Maliki die Kurden schwer verärgert, weil er ihnen vorwarf, der Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) in ihren Gebieten im Norden Unterschlupf zu gewähren. Am Sonntag forderten die Kurden den Rücktritt des Ministerpräsidenten.

Kurdische Peschmerga-Kämpfer machen seit der US-Luftunterstützung Fortschritte im Kampf gegen die Terrormiliz IS.
Kurdische Peschmerga-Kämpfer machen seit der US-Luftunterstützung Fortschritte im Kampf gegen die Terrormiliz IS.Bild: STRINGER/IRAQ/REUTERS

Im Gegensatz zur irakischen Armee konnten die kurdischen Peschmerga-Kämpfer zuletzt Erfolge im Kampf gegen die IS verbuchen. Am Sonntag eroberten sie nach eigenen Angaben zwei Städte von den Extremisten zurück. Seit Freitag unterstützen die USA den Kampf gegen IS mit Luftangriffen.

Mehr zur Krise im Irak

Viele Iraker machen al-Maliki massgeblich für das Erstarken der sunnitischen Dschihadisten verantwortlich. Kritiker werfen dem Ministerpräsidenten vor, die Sunniten seit seiner Amtsübernahme systematisch benachteiligt zu haben. Viele frühere Verbündete kehrten dem 64-Jährigen inzwischen den Rücken, und auch im Ausland schwand die Unterstützung.

Dennoch besteht er auf einer dritten Amtszeit. So bekräftigte er in der Fernsehansprache, dass er im Amt bleiben werde. Die USA bekundeten kurz nach al-Malikis Ansprache ihre Unterstützung für Masum.

Der für den Irak zuständige US-Vizestaatssekretär Brett McGurk schrieb auf Twitter, Washington unterstütze Masum als «Garant der Verfassung». Die jüngste Entwicklung ist eine neue Herausforderung für US-Präsident Barack Obama, der auf eine Regierung in Bagdad dringt, die die religiösen und gesellschaftlichen Gruppen im Land widerspiegelt.

Al-Malikis Machtdemonstration

Offenbar als Machtdemonstration des Regierungschefs bezogen unterdessen ungewöhnlich viele Sicherheitskräfte Stellung an strategisch wichtigen Punkten in Bagdad. Wie ein ranghoher Polizeibeamter der Nachrichtenagentur AFP sagte, waren verstärkt Polizisten, Soldaten und Anti-Terror-Einheiten im Einsatz, etwa um die sogenannte Grüne Zone herum.

Blick auf die streng bewachte Grüne Zone in der irakischen Hauptstadt Bagdad (Archivbild).
Blick auf die streng bewachte Grüne Zone in der irakischen Hauptstadt Bagdad (Archivbild).Bild: AP

Die Grüne Zone ist ein besonders gesichertes Stadtviertel, in dem Regierungsgebäude und Botschaften untergebracht sind. «Das sind ungewöhnliche Massnahmen, sie sind so wie bei der Ausrufung eines Ausnahmezustands», sagte der Polizeibeamte. Seinen Angaben zufolge begannen die Massnahmen anderthalb Stunden vor der Fernsehansprache al-Malikis. 

Ein Vertreter des Innenministeriums sagte, mehrere Strassen sowie wichtige Brücken seien gesperrt worden. «Das hängt alles mit der politischen Situation zusammen», sagte er. Al-Maliki sagte in seiner Ansprache, der Irak befinde sich in einer «gefährlichen» Situation. Die «Söhne des Irak» müssten in Alarmbereitschaft sein. (trs/sda/afp/reu/dpa)

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