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Im Zweifel für die Anklage: Sieben haarsträubende Schicksale von unschuldigen Häftlingen in den USA

Der Fall der «West Memphis Three» erschütterte 1993 die Vereinigten Staaten. Die Polizei brauchte nach einem grausamen Kindsmord schnell Schuldige, die drei Sonderlinge Echols, Misskelley und Baldwin  ...
Der Fall der «West Memphis Three» erschütterte 1993 die Vereinigten Staaten. Die Polizei brauchte nach einem grausamen Kindsmord schnell Schuldige, die drei Sonderlinge Echols, Misskelley und Baldwin waren zur falschen Zeit am falschen Ort. Das reichte für lebenslange Haftstrafen. 18 Jahre später wurden sie freigesprochen.Bild: wikipedia
Fragwürdiges Justizsystem

Im Zweifel für die Anklage: Sieben haarsträubende Schicksale von unschuldigen Häftlingen in den USA

In den USA sitzen Tausende von Menschen unschuldig hinter Gittern. Das Strafrechtssystem ist reformbedürftig, die Strafverfolgung funktioniert nach haarsträubenden Prinzipien. watson zeigt eine Liste von 15 Personen, die zu Unrecht im Gefängnis landeten – und die schlussendlich Gerechtigkeit erfahren haben.
19.01.2015, 11:0919.01.2015, 19:04
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William Stern
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2,4 Millionen Menschen in den USA sitzen hinter Gittern, wegen Kapitalverbrechen wie Mord, Vergewaltigung, Raubüberfall, aber auch wegen vergleichsweise harmloser Vergehen wie Drogenhandel in kleinem Stil, unbewaffnetem Diebstahl oder Tätlichkeiten. 

Von diesen 2,4 Millionen sind nach einer Schätzung der Non-Profit-Organisation Innocence Project zwischen 2,3 und 5 Prozent oder bis zu 120'000 Menschen unschuldig. Eine ungeheure Zahl. Die Ursachen für die häufige Verurteilung von Unschuldigen liegen im amerikanischen Strafrechtssystem begründet, das an folgenden Punkten krankt:

  • falsche Zeugenaussagen
  • unzuverlässige oder veraltete kriminologische Methoden wie Haarproben usw.
  • fehlerhaft gesicherte DNA-Proben
  • rassistisch motivierte Strafverfolgung
  • das Prinzip des Sündenbocks
  • falsche Geständnisse (in Verbindung mit Hafterleichterungen)

Insbesondere der letzte Punkt, die sogenannten «plea bargains» stellt ein strukturelles Problem des amerikanischen Rechtssystems dar. Eine Studie von Human Rights Watch zeigt, dass Angeklagte, die eine Gerichtsverhandlung wagen, für dasselbe Verbrechen neunmal längere Strafen verbüssen als Beschuldigte, die sich auf einen «plea bargain» einlassen. 

Die unten stehende – unvollständige – Liste zeigt zehn prominente Fälle von Personen, die zu Unrecht verurteilt worden waren. Manche von ihnen wurden zu langjährigen Haftstrafen verdonnert, andere waren Kandidaten für die Todesstrafe. Ihnen allen ist gemein, dass ihre Unschuld von Gesetzes wegen wiederhergestellt wurde – in einem Grossteil der Fälle durch neue DNA-Tests. 

1. Ricky Jackson & Wiley Bridgeman – Anklage: Mord – Urteil: Lebenslang – Unschuldig im Gefängnis: 39 Jahre 

Die Aussage eines 12-jährigen Jungen führt 1975 zu einem der grössten Justizirrtümer in der jüngeren Geschichte der USA. Eddie Vernon, ein High-School-Schüler, bezeugt unter Eid, dass Ricky Jackson und Wiley Bridgeman den Geschäftsmann Harold Franks geschlagen, mit Säure attackiert und anschliessend mit zwei Pistolenschüssen niedergestreckt haben. Die beiden Freunde werden zu lebenslanger Haft verurteilt. 

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39 Jahre später zieht Vernon seine Aussage zurück, er sei von den Ermittlungsbehörden unter Druck gesetzt worden. In Wahrheit habe er sich zum betreffenden Zeitpunkt gar nicht in der Nähe des Tatorts befunden. Im Gerichtssaal bricht Vernon während laufender Verhandlung zusammen. Jackson sagte nach seiner Freilassung, er hege keinen Groll gegen Vernon: «Er war nur ein Junge damals.»

Wiley Bridgeman (links) mit seinem Bruder Ronnie, November 2014.
Wiley Bridgeman (links) mit seinem Bruder Ronnie, November 2014.Bild: AP/FR53611 AP

2. James Bain – Anklage: Vergewaltigung und Entführung – Urteil: Lebenslang – Unschuldig im Gefängnis: 35 Jahre 

DNA-Tests werden in der Forensik seit Mitte der 80er Jahre angewendet. Zehn Jahre zuvor, 1974, verlässt man sich in der Strafverfolgung auf andere Methoden: Zeugenaussagen, Bluttests, Geständnisse – das wird James Bain zum Verhängnis. Der damals 19-jährige Bain – ein unbescholtener High-School-Schüler – ist der Vergewaltigung eines 9-jährigen Jungen angeklagt. 

Obwohl Bain für den Tatzeitpunkt ein Alibi hat, das von seiner Schwester gestützt wird, verurteilen die Strafverfolgungsbehörden Floridas den Teenager zu lebenslanger Haft. Der 9-jährige hat auf einem Foto Bain als Täter identifiziert. Dass die Vergewaltigung mitten in der Nacht stattfand, die Lichtverhältnisse demnach eine zweifelsfreie Identifizierung wohl schwierig machten, erachtet die Anklage als irrelevant. 

35 Jahre nach der Verurteilung Bains ergibt die Überprüfung von Sperma-Spuren auf den Unterhosen des Jungen, dass Bain unmöglich der Täter sein kann. Bain wird von allen Vorwürfen freigesprochen.

James Bain 1974 (links) und 2009.
James Bain 1974 (links) und 2009.Bild: Crime Library
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3. «Central Park Five» – Anklage: Mord und Vergewaltigung – Urteil: Lebenslang – Unschuldig im Gefängnis: 7 Jahre 

Raymond Santana (rechts) und Kevin Richardson, Juni 2014.
Raymond Santana (rechts) und Kevin Richardson, Juni 2014.Bild: CARLO ALLEGRI/REUTERS

«Das Verbrechen des Jahrhunderts» (Anklägerin), «Eines der brutalsten und bösartigsten Verbrechen, das New York je gesehen hat» (Bürgermeister Ed Koch), «Die Todesstrafe muss wieder eingeführt werden» (Finanzmogul Donald Trump). Die Kommentare überschlagen sich in den Tagen nach dem Mord an einer Joggerin im Central Park von Manhattan. 

Raymond Santana hat das Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein. Der 14-jährige wird in der Nacht zum 19. April im Central Park aufgegriffen, weil er und andere Jugendliche angeblich Leute belästigt und mit Steinen beworfen hätten. 

Was folgt, ist ein Lehrstück einer «Good Cop, Bad Cop»-Befragung. Das Magazin Vice beschreibt die Szenen folgendermassen: Zuerst wird Raymond von Polizisten angeschrien, bespuckt, bedroht und schliesslich beschuldigt, die Joggerin – eine 28-jährige Frau – getötet und vergewaltigt zu haben. Dann taucht auf einmal ein anderer Polizist auf, Hartigan. Er ist vertrauensvoll, mitfühlend – und zeigt sich von Santanas Unschuld überzeugt. Da aber die anderen aufgegriffenen Jugendlichen mit ihren Aussagen Santana belasteten, müsse Santana ihm etwas liefern, so Hartigan. 

Und Santana liefert. Er gibt nicht nur an, gesehen zu haben, wie ein anderer Jugendlicher, Steven Lopez, die Frau niedergeschlagen hat, sondern auch, dass er selber der Frau an die Brust gegriffen hätte.  Das reicht Hartigan. Er gibt Santana ein Dokument zur Unterschrift und sagte ihm, er könne nach Hause gehen – stattdessen wandert Santana für sieben Jahre hinter Gitter.

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Mit ihm werden vier andere Jugendliche für den Mord und die Vergewaltigung an der Joggerin verurteilt: Aufgrund fünf verschiedener Geständnisse, DNA-Spuren, die nicht übereinstimmten und ohne unabhängige Zeugenaussagen. 

Der Fall der «Central Park Five» erlangt spätestens dann weltweite Bekanntheit, als Matias Reyes, ein verurteilter Serienvergewaltiger, 2002 zugibt, den Angriff auf die Joggerin verübt zu haben.

Obwohl die Anklage und einige konservative Lokalblätter auch nach dem Geständnis von Reyes hartnäckig an der Schuld der fünf Jugendlichen festhalten – die New Yorker Polizei bringt sogar eine reichlich konstruierte alternative Version ins Spiel, wonach die Frau nacheinander von Reyes und den Jugendlichen vergewaltigt worden sein könnte – werden die Central Park Five schliesslich freigesprochen. 

In einem aufsehenerregenden Prozess einigt sich die Stadt New York im September 2014 mit den Central Park Five auf eine Entschädigungszahlung von je einer Million Franken für jedes Jahr, das die Jugendlichen im Gefängnis verbracht hatten – eine Summe von insgesamt 41 Millionen Dollar

4. «West Memphis Three» – Anklage: Mord und Vergewaltigung – Urteil: Todesstrafe & Lebenslang – Unschuldig im Gefängnis: 18 Jahre Haft 

Der Fall der «West Memphis Three» weckt zu Beginn der 90er Jahre die Sensationslust zahlreicher Reporter. Abenteuerliche Beschreibungen schiessen wie Unkraut aus dem Boden. Kein Wunder, bei den Ingredienzen des Falles: Eine Vergewaltigung, ein Dreifachmord, Kinder als Opfer und satanische Rituale. 

Schnell fällt der Verdacht auf Damien Echols, Jessie Misskelley und Jason Baldwin. Die drei High-School-Schüler pflegen wenig Kontakte mit Mitschülern, interessieren sich für die neureligiöse Wicca-Bewegung und hörten «satanische» Musik – Metallica. Im tiefreligiösen Bible-Belt-Staat Arkansas reicht das, um als Sonderlinge zu gelten. 

Dokumentarfilm über die «West Memphis Three».
Dokumentarfilm über die «West Memphis Three».

Misskelley gesteht nach intensiver Befragung die Tat und belastet gleichzeitig Baldwin und Echols. Zwar versucht Misskelley später, sein Geständnis zurückzuziehen, da ist es aber bereits zu spät: Echols wird zum Tod verurteilt, Baldwin und Misskelley zu lebenslanger Haft. Die Erleichterung darüber, dass die Urheber der grausamen Tat hinter Gitter sind, ist in der Kleinstadt West Memphis spürbar. 

Die drei jungen Männer hören nicht auf, ihre Unschuld zu beteuern, und können bald darauf auf eine weltweite Solidaritätswelle zählen: Zahlreiche Musiker, Schauspieler und Künstler – von Lemmy Kilmister, über Johnny Depp bis hin zu Peter Jackson – bekunden ihre Solidarität mit den «West Memphis Three», zeigen sich entweder von ihrer Unschuld überzeugt oder beklagen die unsorgfältigen Ermittlungsmethoden der Behörden. 

2011 werden die West Memphis Three nach einer Absprache zwischen Anklage und Verteidigung freigelassen – in Verbindung mit einer zehnjährigen Bewährungsstrafe. Nachträglich untersuchte DNA-Proben legen nahe, dass weder Echols, noch Misskelley und Baldwin mit der Tat in Verbindung stehen.

«Mugshot» der «West Memphis Three» 1993.
«Mugshot» der «West Memphis Three» 1993.wikimedia
Damien Echols, Jessie Misskelley und Jason Baldwin, 2011.
Damien Echols, Jessie Misskelley und Jason Baldwin, 2011.pd

5. Daniel Taylor – Anklage: Mord – Urteil: Lebenslang – Unschuldig im Gefängnis: 17 Jahre 

Maurice Possley beschäftigte sich schon seit Jahren beruflich mit Fällen von Justizirrtum, als 2001 ein handgeschriebener Brief auf den Schreibtisch des Chicago-Tribune-Reporters flattert. Daniel Taylor, ein 25-jähriger Insasse des Stateville-Gefängnis in Illinois, ersucht darin Possley, seinen Fall zu untersuchen. Taylor sitzt zu diesem Zeitpunkt bereits neun Jahre hinter Gittern, weil er fälschlich gestanden hatte, Beihilfe zu einem Mord geleistet zu haben. Possley ist von dem ergreifenden Ersuchen Taylors gerührt und beschliesst, den Fall des 25-jährigen genauer auszuleuchten. 

Bald stellt sich heraus: Die Beweislast, die für eine Unschuld Taylors spricht, ist erdrückend. Ein offizielles Polizeidokument bescheinigt, dass der Teenager zum Tatzeitpunkt im Gefängnis sass – wegen einer Schlägerei in einem Park. Das Geständnis, das Talyor ablegte, war unter Zwang zustande gekommen: Laut eigener Aussage schlugen ihn Polizisten bei der Befragung mit einer Taschenlampe und gaben an, er sei von Kollegen verpfiffen worden. Er solle jetzt gestehen, dann könne er nach Hause gehen. Taylor tat wie ihm geheissen – und blieb für insgesamt über 20 Jahre im Gefängnis. 

Possleys Recherche lässt die Gerichtsbehörde hellhörig werden. Aber es dauerte noch einmal skandalöse 12 Jahre, bis Taylor ein freier Mann ist. Am 28. Juni 2013, im Alter von 38 Jahren, wird Taylor für unschuldig erklärt und aus der Haft entlassen. Mit 41 Dollar in der Tasche verlässt Taylor das Hochsicherheitsgefängnis in Illinois, seine Familie wartete vor der Anstalt. 

«Meine Augen erkennen die Freiheit, aber mein Körper spürt noch immer die Zeit der Gefangenschaft.»  
Daniel Taylor, 2010.
Daniel Taylor, 2010.pd

6. Ron Williamson – Anklage: Mord und Vergewaltigung – Urteil: Todesstrafe – Unschuldig im Gefängnis: 11 Jahre 

Er hätte eine Sportlegende werden können. Stattdessen verbrachte er 11 Jahre seines Lebens hinter Gittern – unschuldig. Ron Williamson war ein vielversprechender Nachwuchs-Baseballer, räumte auf College-Stufe zahlreiche Preise ab und wurde von den New York Yankees kurzzeitig unter Vertrag genommen. Eine Schulterverletzung beendete seine Karriere mit gerade mal 24 Jahren abrupt. Williamson kehrte in seinen Heimatort Ada zurück, ein kleines Dorf in Oklahoma, in dem jeder jeden kennt. Der gescheiterte Sportler kam mit Drogen in Kontakt und trieb sich in Bars herum. 

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In eine dieser Bars – das Coachlight – verschlägt es am 8. Dezember 1982 auch Debbie «Debbie Sue» Carter. Später am selben Abend findet man «Debbie Sue» – tot und vergewaltigt. Fünf Jahre später wird Ron Williamson und seinem Freund Dennis Fritz der Prozess gemacht: Fritz erhält eine lebenslange Haftstrafe, Williamson wird zum Tod verurteilt. Die Anklage stützt sich alleine auf Haarproben am Tatort – eine Methode, die heute als höchst unzuverlässig gilt. 

Fünf Tage vor der geplanten Vollstreckung wird das Todesurteil ausgesetzt, eine Eingabe von Williamson zeitigte Erfolg. Zuvor hallten während Stunden die verzweifelten Schreie des 36-jährigen durch den Todestrakt: «Ich bin unschuldig, ich bin unschuldig!» 1999 werden alle Anklagepunkte gegen Williamson und Fritz fallen gelassen: 11 Jahre nach ihrer Verurteilung sind die beiden Freunde wieder auf freiem Fuss. 

Williamson kann das Leben in Freiheit nur kurze Zeit geniessen. Fünf Jahre nach der Freilassung stirbt er an Leberzirrhose. Eine Genugtuung blieb dem schwer alkoholkranken Williamson: Der wahre Mörder, Glen Gore, ein Einwohner von Ada der seinerzeit gegen Williamson und Fritz ausgesagt hatte, wurde 2003 wegen Mordes verurteilt. Bestseller-Autor John Grisham verarbeitete die Lebensgeschichte von Williamson und Fritz 2006 in seinem Roman «The Innocent Man: Murder and Injustice in a Small Town».

Polizeitfoto von Ron Williamson, 1987.
Polizeitfoto von Ron Williamson, 1987.pd

7. Adrian Thomas – Anklage: Totschlag – Urteil: 25 Jahre Haft – Unschuldig im Gefängnis: 6 Jahre 

Adrian Thomas, 2008.
Adrian Thomas, 2008.screenshot/youtube

Zehn lange Stunden dauert die Befragung von Adrian Thomas. Am Ende haben sie ihn weichgekocht. Thomas gesteht, dass er seinen Sohn im Säuglingsalter drei Mal aufs Bett geworfen hatte. Damit ist für die Beamten klar, woher das Schädel-Hirn-Trauma rührt, das beim kleinen Matthew nach seiner Einlieferung in das Krankenhaus in Troy New York, diagnostiziert worden war. 

Thomas wird wegen Totschlags angeklagt. Bei der Gerichtsverhandlung verwendet die Anklage – das erste Mal in der Geschichte – die Aufnahmen der Befragung Thomas'. Obwohl der Angeklagte bei der Verhandlung sein Geständnis zurückzieht, sehen es die Geschworenen als erwiesen an, dass Thomas' Geständnis echt war. Thomas wird zu 25 Jahren Haft verurteilt. 

Der Fall löst eine Debatte über die Befragungstechniken der Polizei aus. Wo liegen die Grenzen bei der Einvernahme, dürfen Polizisten – um ein Geständnis zu erzwingen – lügen, falsche Behauptungen aufstellen und falsche Versprechen machen? Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs von 1969 sagt dazu: Ja, dürfen sie. Exemplarisch für diese Vorgehensweise ist die sogenannte «Reid Technique».

Zwei Dokumentarfilmer nehmen sich in dem Projekt «Scenes of a Crime» 2011 Thomas' Fall an und stellen ihn als paradigmatisch für das Phänomen der «false confessions» dar: Falsche Geständnisse, die unter Druck oder in Extremsituationen zustande kommen und die den Verdächtigten lebenslange Gefängnisstrafen oder – im schlimmsten Fall – die Todesstrafe einbringen.

Thomas legt später Berufung ein gegen das Urteil. Ein Revisionsgericht gibt ihm Recht und leitet eine Neuauflage der Gerichtsverhandlung ein – ohne die umstrittenen Videoaufnahmen. Das Gericht kommt dieses Mal zum Schluss, dass Thomas' Schuld nicht zweifelsfrei belegt sei, und spricht den mittlerweile 32-Jährigen frei. Nicht zuletzt einander widersprechende ärztliche Diagnosen – ein Experte vermutet eine von Menschenhand verursachtes Schädel-Hirn-Trauma, ein anderer hält einen Geburtsfehler für die wahrscheinlichste Todesursache – geben den Ausschlag für den Freispruch.

Trailer «Scenes of a Crime»

Frei, aber von der Gefangenschaft gezeichnet

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Innocence Project listet 324 Fälle auf, bei denen Verurteilte im Nachhinein wegen neuer DNA-Proben freigesprochen wurden.

Aufgeschlüsselt nach Ethnien: 205 Afroamerikaner, 95 Weisse, 22 Latinos, 2 Amerikaner asiatischer Herkunft

Durchschnittliche Gefängnisstrafe der Freigesprochenen: 13.5 Jahre

Gesamtzahl der zu Unrecht verbüssten Strafe: 4'337 Jahre 

Ein Freispruch bedeutet aber noch lange nicht ein Leben in materieller Sicherheit: Nur in den seltensten Fällen kommt es zu angemessenen Entschädigungszahlungen durch den Staat, viele fristen nach der Haftentlassung ein Leben in Armut. 

Auch die Reinwaschung der Biografien der zu Unrecht Verurteilten findet selten statt – insbesondere in kleinräumigen Gemeinden schlägt den ehemaligen Gefängnisinsassen viel Misstrauen entgegen. 

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4 Kommentare
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Angelo C.
19.01.2015 13:28registriert Oktober 2014
Wie kann ein sonst technologisch derart fortschrittliches Land in Punkto Rechtssystem und den dazugehörigen forensische Abklärungen eine derartige Bananenrepublik sein? Ich finde das skandalös! Aber ALLEN Ländern dieser Erde pausenlos und penetrant die Menschenrechte ans Herz legen (Guantanamo u.v.a. lässt grüssen), selbst aber Kriegstreiber und Unrechtsstaat sein, tztz! Kommt bei den zahlreichen zuunrecht Verurteilten hinzu, dass wenn man sie bereits hingerichtet hat, eine nachträglich festgestellte Unschuld doppelt ins Gewicht fällt. Wobei dies bei vielen Hingerichteten eh nicht mehr evaluiert wird, sodass davon auszugehen ist, dass nicht wenige zum Tode Verurteilte de facto unschuldig waren. Eine Horrornation, diese USA!
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