Die Erholung der Weltwirtschaft steht nach Einschätzung von Finanzministern und Notenbankchefs trotz guter Anzeichen auf wackeligen Beinen. Als stärkste Risiken für die globale Konjunktur galten beim Frühjahrstreffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington:
1. Die Griechenland-Krise
2. Eine asynchrone Geldpolitik in Europa und den USA
3. Die niedrige Inflation in entwickelten Volkswirtschaften als stärkste Risiken für die globale Konjunktur.
«Die weltwirtschaftliche Erholung geht weiter, obwohl das Wachstum mit uneinheitlichen Aussichten moderat bleibt», erklärte der IWF-Lenkungsausschuss (IMFC) am Samstag im Abschlusspapier der Tagung.
Grosses Schwanken der Wechselkurse und Rohstoffpreise, Schulden vieler Staaten und geopolitische Spannungen machten «Wachsamkeit» notwendig. Vor allem das geringe Wachstumspotenzial in vielen Ländern sei ein langfristiges Problem.
Die Finanzminister und Notenbankchefs blickten besorgt auf die unterschiedliche Geldpolitik in Europa und den USA. Während die Europäische Zentralbank (EZB) in den kommenden Jahren den Markt mit billigem Geld flutet, steht die US-Notenbank vor Zinserhöhungen.
Diese ungleichen Schritte seien angemessen, erforderten aber «vorsichtige Justierung und wirksame Kommunikation», um negative Folgen für die Weltwirtschaft zu vermeiden. «Wir wissen um die Risiken für die Finanzstabilität», heisst es im IMFC-Papier.
Nach Einschätzung des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) erkennen die Top-Wirtschaftsmächte zunehmend die Notwendigkeit solider Staatsfinanzen an. Es werde nicht mehr bestritten, dass eine nachhaltige Finanzpolitik wichtig sei für nachhaltiges Wirtschaftswachstum, sagte er.
Die USA mahnten von Deutschland hingegen deutlich mehr staatliche Investitionen an, um die heimische Nachfrage anzukurbeln. Dies sei vor allem wegen des gravierenden Handelsbilanzüberschusses der Bundesrepublik angemessen, sagte US-Finanzminister Jack Lew.
Die führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) versprachen, die Nachfrage und das potenzielle Wachstum in der Welt ankurbeln zu wollen. Dabei sollten die Schulden in Zaum gehalten werden.
Der Streit zwischen Griechenland und seinen internationalen Geldgebern sorgte am Rande der Tagung für Aufregung. «Die Stimmung ist deutlich düsterer als beim letzten internationalen Treffen», sagte der britische Finanzminister George Osborne. Er warnte vor einer «gefährlichen Situation» für Europa.
Sein US-Kollege Lew sagte: «Sollte keine Vereinbarung getroffen werden, würde das Griechenland unmittelbar in eine Notlage bringen und Unsicherheit in Europa und der Weltwirtschaft auslösen.»
EZB-Präsident Mario Draghi verteidigte die Flutung der Märkte mit billigem Geld erneut. Die Massnahmen hätten dazu beigetragen, die Konjunktur in der Eurozone zu beleben. Da das Bankensystem heute gesünder sei, komme das billige Geld besser bei Unternehmen und Verbrauchern an.
Auch die Inflation werde anziehen und 2017 bei 0.8 Prozent liegen. Die EZB hatte im Januar ein mehr als eine Billion Euro schweres Programm zum Kauf von Staatsanleihen gestartet. Zudem liegt der Leitzins auf einem Rekordtief von 0.05 Prozent. (feb/sda/dpa)