Mit scharfer Kritik am italienischen Justizsystem hat die US-Studentin Amanda Knox auf ihre erneute Verurteilung wegen Mordes an der Britin Meredith Kercher reagiert. "Ich bin erschrocken und betrübt über dieses ungerechte Urteil", sagte Knox am Donnerstag in Seattle.
Dorthin war sie nach ihrem vorherigen Freispruch im Jahr 2011 zurückgekehrt. Nachdem sie im zweiten Verfahren für unschuldig erklärt worden sei, habe sie "Besseres vom italienischen Justizsystem erwartet". Ein Berufungsgericht in Florenz hatte die 26-Jährige am Donnerstagabend des Mordes schuldig gesprochen und in Abwesenheit zu 28 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.
Ihr Ex-Freund Raffaele Sollecito wurde ebenfalls des Mordes schuldig befunden und zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Sollecito verfolgte das Urteil nach Angaben seiner Anwälte im Fernsehen und reagierte "bestürzt".
Aus Angst vor einem neuen Schuldspruch war Knox nicht nach Florenz gereist. In ihrer Erklärung kritisierte die US-Studentin eine "übereifrige und sture Staatsanwaltschaft" und sprach von "voreingenommenen und engstirnigen Ermittlungen". Allen mangelnden Beweisen zum Trotz sei die Anklage nicht bereit gewesen, "Fehler zuzugeben" und habe sich stattdessen auf "unzuverlässige Zeugenaussagen und Beweismittel" gestützt.
Das "Fehlurteil" sei nicht nur entsetzlich für die Verurteilten, sondern auch für "das Opfer, die Angehörigen und die Gesellschaft". Die Anwälte von Knox und Sollecito haben bereits angekündigt, in Berufung gehen zu wollen.
Der Anwalt der Familie Kercher, Francesco Maresca, äusserte sich zufrieden über das neue Urteil. Mit ihm sei Meredith und ihrer Familie "ein wenig Gerechtigkeit widerfahren". "Das war das Urteil, das wir wollten. Wir wussten immer, dass das erstinstanzliche Urteil gerecht und ausgewogen war", sagte er. Die Schwester der Toten, Stephanie, sagte nach dem Verfahren, ihre Familie verlange lediglich nach "Wahrheit und Gerechtigkeit". (aeg/sda)