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Glarner Opferhilfe entschädigt Familie von Asbestopfer

140'000 Franken 

Glarner Opferhilfe entschädigt Familie von Asbestopfer

05.12.2014, 19:5424.02.2015, 09:51
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Erstmals in der Schweiz wird eine Familie eines Asbestopfers von einem Kanton finanziell entschädigt. Die Opferhilfe des Kantons Glarus zahlt Hinterbliebenen eines Verstorbenen, der als Jugendlicher für die Firma Eternit AG in Niederurnen GL arbeitete, 140'000 Franken.

Das Opfer war 2007 an Brustfellkrebs (Mesotheliom) gestorben. Krank war der Mann geworden, weil er als Jugendlicher in den 70er-Jahren während der Schulferien bei Eternit gearbeitet und Asbeststaub eingeatmet hatte. Über den Fall berichtete am Freitag «Schweiz aktuell» des Schweizer Fernsehens SRF.

Die Glarner Regierungsrätin Marianne Lienhard sagte am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA, die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung sei in diesem Fall gemäss einem Bundesgerichtsurteil gegeben.

Gesuch 2007 gestellt

Der Mann hatte bereits im Jahr vor seinem Tod die Glarner Behörden um Schadenersatz- und Genugtuungsleistungen gemäss Opferhilfegesetz ersucht. Diese wie auch später das Verwaltungsgericht wiesen das Gesuch ab.

Letzteres begründete seinen Entscheid damit, dass sich die damaligen Eternit-Verantwortlichen nicht der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht hätten. Der spätere Tod des Mannes sei seinerzeit nicht vorhersehbar gewesen.

Anders argumentierte das Bundesgericht im Dezember vergangenen Jahres für fahrlässige Tötung. Gemäss dessen Urteil machten sich die 1972 verantwortlichen Personen der Eternit AG strafbar, als sie den damaligen Schüler Asbeststaub ausgesetzt hatten.

Opferhilfe auch ohne Täter

Das damals geltende Arbeitsrecht habe den Einsatz von Jugendlichen bei Arbeiten mit erheblicher Erkrankungsgefahr verboten. 1972 sei aber aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse bereits bekannt gewesen, dass bei Arbeiten mit Asbest ein Krebsrisiko besteht.

Keine Rolle spiele dabei, dass nicht mehr geklärt werden könne, wer genau bei der Eternit AG für den Einsatz des Schülers verantwortlich gewesen sei. Der Anspruch auf Opferhilfe bestehe unabhängig von der Ermittlung der Täter.

In den 70er-Jahren waren die Schweizer Eternit-Werke von der Schweizer Industriellenfamilie Schmidheiny kontrolliert worden. Verwaltungsratspräsident der Eternit AG war damals der 1991 verstorbene Max Schmidheiny. (jas/sda)

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