Im letzten November trafen sich der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders von der Partei für Freiheit (PVV) und Marine Le Pen, Vorsitzende des französischen rechtsextremen «Front National», in Den Haag. Sie schlossen ein Rechtsbündnis, um künftig eine starke Fraktion im EU-Parlament bilden zu können. Ihr erklärtes Ziel: Die Auflösung der Europäischen Union und die Rückkehr zu souveränen Nationalstaaten.
Fachleute gehen davon aus, dass bei den Europawahlen vom 22. bis 25. Mai die extreme Rechte und die EU-Skeptiker bis zu 25 Prozent der Sitze im EU-Parlament erreichen könnten. Heute rechnet man gut zehn Prozent der 750 Abgeordneten zu den EU-Kritikern.
Die Gründe für das Erstarken des EU-Skeptizismus sind vielfältig: Einerseits ist es Brüssel nicht gelungen, das Image loszuwerden, ein «bürokratisches Monster» und «realitätsfern» zu sein. Andererseits leiden viele Menschen unter der Wirtschaftskrise. Und wem es schlecht geht, oder wer Angst hat abzusteigen, der empfindet Zuwanderung eher als Bedrohung. Der Rückgriff auf «Bewährtes», die Rückbesinnung auf sich selbst, verspricht Halt.
Kein Wunder also, packten die rechtspopulistischen Kräfte die Gelegenheit beim Schopf und nutzten das Schweizer Abstimmungsresultat als Vehikel, um ihre Botschaften zu streuen.
Der «Front National» gratulierte der Schweiz zu ihrem Entscheid. Und Le Pen stichelte via Twitter gegen Brüssel: «Die Schweiz sagt Nein zur Masseneinwanderung, bravo! Wird die EU nun Panzer schicken?»
La Suisse dit non à l'immigration de masse, bravo ! L'Union européenne va-t-elle envoyer les chars ?...MLP
— Marine Le Pen (@MLP_officiel) 9. Februar 2014
Wilders seinerseits zwitscherte: «Was die Schweizer können, das können wir auch.»
Wat de Zwitsers kunnen dat kunnen wij ook: immigratie beperken en uit de EU! Quotum voor immigranten. Fantastisch! http://t.co/gXunMCO85J
— Geert Wilders (@geertwilderspvv) 9. Februar 2014
Applaus gab es auch aus Grossbritannien. Nigel Farage, Chef der EU-kritischen britischen «United Kingdom Independence Party» (UKIP) twitterte: «Die Schweiz kann eine Abstimmung über Immigration durchführen, weil sie nicht in der EU gefangen ist.»
http://t.co/ofttsOzLOE the Swiss are allowed a referendum on immigration because they aren't trapped in the EU
— Nigel Farage (@Nigel_Farage) 9. Februar 2014
Le Pen und Wilders hoffen nun, dass sich noch weitere Parteien aus anderen Ländern ihrem Bündnis anschliessen werden – etwa die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), der belgische Vlaams Belang, die ungarische Jobbik oder die Schwedendemokraten.
Eine Fraktion im EU-Parlament zu formieren, dürfte jedoch nicht einfach werden. Zu heterogen sind die Anliegen der Parteien. Dies zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Etwa 1989, als die Republikaner aus Deutschland mit anderen Parteien versuchten, eine Fraktion zu bilden. Nach kurzer Zeit hatten sie sich zerstritten. Das gleiche wiederholte sich 2007. Die UKIP jedenfalls erteilte Le Pen und Wilders bereits eine Absage. Die Briten kritisieren Jean-Marie Le Pen, Gründer des «Front National» und Vater von Marine, wegen seiner abfälligen Äusserungen über Gaskammern im Zweiten Weltkrieg. Und Wilders lehnen sie ab, weil dieser Meinungsfreiheit predigt, aber den Koran verbieten will. Die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) distanzierte sich ebenfalls von dem angestrebten Rechtsbündnis.
Selbst wenn es der extremen Rechten an Einheit im EU-Parlament fehlen wird, dürfen die Auswirkungen ihres Erstarkens in den letzten Jahren nicht unterschätzt werden. Die Rechtspopulisten zwingen die konservativen Parteien, weiter nach rechts zu rutschen und ihre Positionen anzupassen, wollen sie nicht einen Teil ihrer Wählerschaft an die Konkurrenz von noch weiter rechts verlieren. Damit ist Europa konservativer, ausländer- und EU-kritischer geworden – und der Trend setzt sich fort.