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So tricksen Ausländer die Zweitwohnungsinitiative im Wallis aus

Chalet Les Anges in Zermatt: die Walliser Behörden nehmen verschiedene Immobilienkäufe unter die Lupe
Chalet Les Anges in Zermatt: die Walliser Behörden nehmen verschiedene Immobilienkäufe unter die LupeBild: website
Immobilie als Hotelbetrieb

So tricksen Ausländer die Zweitwohnungsinitiative im Wallis aus

Ausländer ohne Wohnsitz in der Schweiz dürfen zwar keine Chalets, aber als Hotels betriebene Chalets kaufen. Mit diesem Trick umgehen Russen und Co. die Zweitwohnungsinitiative in Zermatt. Nun werden verdächtige Fälle vom Wallis untersucht.
24.09.2014, 10:31
roman seiler / aargauer Zeitung
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Aargauer Zeitung

Michael Tunney muss ein vermögender Mann sein. Dem Irländer gehören die Luxus-Chalets «Les Anges» und «St. Maurice» in Zermatt VS. Mieten kann diese Ferienunterkünfte, wer über das nötige Kleingeld verfügt. Rund 100'000 Franken pro Woche kostet das über die Weihnachtsfeiertage. Hotelservice auf 5-Stern-Niveau inbegriffen. Mittlerweile gibt es am Fuss des Matterhorns mehr als ein Dutzend Chalets und Ferienwohnungen, die über eine solche Hotelbewilligung verfügen.

Jetzt will die Aufsicht über die Walliser Grundbuchämter wissen, wie deren Besitzer ihre Chalets erworben haben. Dies bestätigt Edmund Gruber, Adjunkt des Walliser Grundbuchinspektorats. Er habe verlangt, dass ihm das für Zermatt zuständige Grundbuchamt in Brig die Unterlagen dieser als Hotels betriebenen Chalets zustellt, die Ausländern gehören: «Wir überprüfen, ob der Erwerb rechtmässig gewesen ist.» Er will unter anderem die Akten der Chalets «Grace», «Les Anges», «Peak» und «White Pearl» einsehen.

«Wir überprüfen, ob der Erwerb rechtmässig gewesen ist.»
Edmund Gruber, Walliser Grundbuchinspektorat

Die heutige Gesetzgebung lässt zu, dass Ausländer auch ohne einen Wohnsitz in der Schweiz eine Betriebsstätte kaufen können. Beispielsweise ein Hotel. Die Zweitwohnungsinitiative will «warme», also benutzte Betten in Tourismusregionen fördern. Für Chalets ohne Hotelbewilligung wäre es heute wohl schwieriger, Käufer zu finden. Das kommt Tunney entgegen: Er soll ein Immobilienentwickler sein, sagen Kenner der Szene am Fuss des Matterhorns. Er wolle seine Chalets wieder verkaufen, heisst es. Kostenpunkt: je über 15 Millionen Franken.

Der Irländer war für die «Nordwestschweiz» nicht erreichbar. Für den Hotelbetrieb der beiden Ferienresidenzen ist die Elysian Collection GmbH zuständig. Die Dame, welche deren Telefon bedient, sagt, sie könne keinen Kontakt zu den Besitzern vermitteln. Das Unternehmen betreut neben Tunneys Chalets auch das «Grace» in Zermatt.

Schlafzimmer im Chalet Grace: für 125'000 Franken pro Woche kann das Luxusressort gemietet werden
Schlafzimmer im Chalet Grace: für 125'000 Franken pro Woche kann das Luxusressort gemietet werdenBild: website

Verkauf mit Gewinn

Den ersten spektakulären Deal im hochalpinen Bergdorf mit einem Super-Chalet machte der Engländer Paul Bowyer. Er liess das «Peak» vom einheimischen Architekten Roman Mooser bauen. Nachdem Bowyer nicht gleich einen Käufer gefunden hatte, betrieb er das Chalet als Hotel. Die dafür nötige Verfügung segneten die zuständigen Behörden der Gemeinde, des Kantons und des Bundesamts für Justiz ab.

«Zum Erwerb eines Hotels braucht ein Ausländer keinen Wohnsitz in der Schweiz.»
Edmund Gruber

Heute ist die ZCP Chalet Zermatt Peak AG Eigentümerin des gigantischen Gebäudes mit viel Holz und Glas. Die Firma soll einem Russen gehören. Bowyer wollte das «Peak» einst für 18 Millionen Franken verhökern. Ausgestiegen sei er mit einem Gewinn, heisst es. Das ist das Trickreiche an dieser Konstruktion: Sie öffnet ausländischen Spekulanten Tür und Tor. Gilt ein Chalet als Hotel, kann es jedermann kaufen. Gruber bestätigt: «Zum Erwerb eines Hotels braucht ein Ausländer keinen Wohnsitz in der Schweiz.» Daher hält er die Befürchtung von Zermattern, dass damit nicht nur die «Lex Koller» über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, sondern auch die Zweitwohnungsinitiative ausgehebelt wird, für nachvollziehbar. Zwar müsse der Käufer den Hotelbetrieb weiter aufrechterhalten. Gibt er ihn auf, sagt er, gebe es Probleme: «Dann gilt das Hotel wieder als Erstwohnung.» Die müsse der ausländische Besitzer verkaufen, falls er keinen Wohnsitz in der Schweiz nachweisen kann, oder je nach Aufenthaltsbewilligung gar in der Gemeinde.

Speisezimmer mit Aussicht auf Zermatt: Chalet Grace
Speisezimmer mit Aussicht auf Zermatt: Chalet GraceBild: website

Sowohl das «Grace» wie das «Peak» galten erst als Immobilie mit mehreren Hauptwohnungen. Dies bedeutete: Kauft sie ein Ausländer, benötigt er einen Wohnsitz in der Schweiz, oder eben gar in der Gemeinde. Beim Grundbuchamt muss der Käufer eine Ehrenerklärung abgeben, mit der er bestätigt, seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz zu haben und hier auch Steuern zu zahlen. Die entsprechenden Dokumente müssen beim Grundbuchamt hinterlegt werden, so Gruber.

Jetzt auf

Das «Grace» gehört heute dem in der EDV-Branche tätigen Russen Anton Sushkevich. Er wohnt in Moskau. Erworben haben soll er die Immobilie für rund zehn Millionen Franken im Herbst 2012. Zu Geld machen musste sie eine Irländerin wegen privater Turbulenzen. Sie hatte zuvor die Hotelbewilligung für ihr Chalet erworben. Sushkevich lässt es nun für bis zu 125'000 Franken pro Woche an bis zu zehn Gästen vermieten. Die Verkäufer und Käufer des «Hotels Grace» profitieren wie jene anderer Hotel-Chalets vom Schlupfloch, das die Lex Weber möglich macht und die Zweitwohnungsinitiative von Franz Weber nicht ausschliesst: den Erwerb von Betriebsstätten durch Ausländer.

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