Neues Jahr, neues Glück. 2015 muss der Bundesrat versuchen, mit der EU über Einschränkungen bei der Personenfreizügigkeit ins Gespräch zu kommen. Vor bald einem Jahr, am 9. Februar 2014, hat ihn das Volk mit dem Ja zur Masseneinwanderungs-Initiative damit beauftragt, Kontingente und Höchstzahlen bei der Zuwanderung von EU-Ausländern sowie einen Inländervorrang auf dem Arbeitsmarkt einzuführen.
Diese Anliegen stehen im Widerspruch zur Personenfreizügigkeit. Bisher zeigte die EU der Schweiz denn auch die kalte Schulter. Aus den Brüsseler Amtsstuben verlautet, die Niederlassungsfreiheit sei ein Grundpfeiler des Binnenmarkts und damit unverhandelbar. Ende der Durchsage.
Gibt es wirklich keinen Verhandlungsspielraum und keine Möglichkeit, Brüssel Konzessionen abzuringen? Der ehemalige Topdiplomat und ETH-Professor Michael Ambühl etwa propagiert eine dauerhafte Schutzklausel im Personenfreizügigkeitsabkommen, welche die Schweiz in Zeiten hoher Zuwanderung anrufen könnte.
Doch auch dafür stehen die Chancen schlecht: «Nur Christoph Blocher glaubt noch daran, dass die EU mit der Schweiz verhandeln wird», sagt Dieter Freiburghaus, emeritierter Professor für Europafragen. «Ich halte es für ausgeschlossen, dass die EU der Schweiz eine Schutzklausel zugesteht.»
Auch Christa Tobler, Professorin am Europainstitut der Uni Basel, ist skeptisch: «Die EU dürfte die Schweizer Zuwanderungszahlen etwa mit Luxemburg vergleichen und zum Schluss kommen, dass es keinen Grund gibt, ihr eine Sonderlösung zu gewähren.»
Wie schlecht die Karten der Schweiz tatsächlich sind, zeigt auch der Vergleich zwischen der regulären Freizügigkeit innerhalb der EU und dem Freizügigkeitsabkommen zwischen Bern und Brüssel. Im Unterschied zu den EU-Staaten profitiert die Schweiz bereits heute von einer etwas weniger strengen Auslegung der Personenfreizügigkeit: Die Unionsbürgerrichtlinie, die seit 2004 allen EU-Bürgern das Recht gibt, in einem anderen EU-Land zu leben, hat die Schweiz 2011 trotz entsprechender Forderungen aus Brüssel nicht übernommen.
Dies bedeutet konkret, dass ein Deutscher in der Schweiz nicht dieselben Rechte besitzt wie ein Deutscher in Italien oder Frankreich. Zu diesen Rechten gehört das Stimm- und Wahlrecht auf kommunaler Ebene, konsularischer Schutz durch den Wohnsitzstaat bei Aufenthalt in einem Drittland oder der vereinfachte Zugang zur Sozialhilfe. Die Unionsbürgerschaft ist auch grosszügiger beim Familiennachzug und bei der Niederlassungsfreiheit von Firmen.
Wie Insider in Bern und Brüssel vermuten, dürfte die EU im bevorstehenden Zuwanderungspoker die Schweiz an diese Sonderregelung erinnern. Dass die EU-Länder eine noch weitergehende Verschlechterung des rechtlichen Status ihrer Bürger in der Schweiz schlucken – genau dies wäre mit Kontingenten oder Inländervorrang der Fall – sei unter diesen Voraussetzungen erst recht unrealistisch.
Ungeachtet dessen wird der Bundesrat in den nächsten Wochen das Verhandlungsmandat zur Revision des Freizügigkeitsabkommens offiziell verabschieden. Anschliessend ist wieder die EU am Zug. EU-Kenner Freiburghaus geht nicht davon aus, dass die Landesregierung selber an einen Erfolg glaubt. «Sie muss es versuchen, weil es das Volk will.» Irgendwann werde sich die Hoffnung zerschlagen und die Bevölkerung realisieren, dass es keine Schweizer Sonderlösung geben werde.
Mit dem Dossier vertraute Personen in der Bundesverwaltung teilen diese Einschätzung: Jeder Metrobenutzer in Paris lache, wenn sich die Schweiz über volle Züge zwischen Zürich und Bern beklage. Und jeder Spanier oder Italiener zucke angesichts von Wirtschaftskrise und rekordhoher Jugendarbeitslosigkeit mit den Schultern, wenn Bern über Zuwanderer lamentiere. «Aus EU-Sicht ist die Schweiz dank der Freizügigkeit ein Ort des Wohlstands und Wachstums», sagt Freiburghaus.
Parallel mit dem Verhandlungsmandat will der Bundesrat das Gesetz zur Umsetzung der Einwanderungsinitiative verabschieden. Sollte die EU definitiv nicht mitspielen, muss das Parlament bald die Frage beantworten, was mit dem Gesetz passieren soll. (trs)
Stellen Sie sich vor, sie haben mit ihrer Familie ne Wohnung für 4000.-/Mt. gemietet. Nun haben Sie am Abend am Esstisch darüber gesprochen und zum Schluss gekommen, dass 4000/Mt. zu höhen Preis ist und 2000/Mt. eigentlich fair wäre. Sie gehen nun zum Vermieter und machen geltend, Sie wollen nach der Familienabstimmung über die Mietzinsreduktion verhandeln. Wie würde der Vermieter reagieren? Klar ist es nicht das gleiche! Zeigt aber die Problematik der Nachverhandlungen.
Die EU exportiert 7.8% ihrer Exporte in die Schweiz und importiert 5.6% ihere Importe aus der Schweiz. http://www.bpb.de/system/files/pdf/39ANYW.pdf
Jetzt soll jeder mal kurz überlegen, was das für die Verhandlungsposition der Schweiz bedeutet; richtig sie hat keine.