Die Fronten im syrischen Bürgerkrieg sind nach der ersten Runde der Verhandlungen in Genf so verhärtet wie vorher. Ob es eine zweite und somit eine Chance auf Frieden gibt, ist ungewiss. In sieben langen Verhandlungstagen haben die syrischen Bürgerkriegsgegner «keine substanziellen Ergebnisse» erreicht, wie Lakhdar Brahimi, Sondervermittler der UNO und der Arabischen Liga, am Freitag bilanzierte. Dass es überhaupt zu den Gesprächen kam, sei allein schon als Erfolg zu werten.
«Hier im alten Völkerbundpalast hat es viele Auseinandersetzungen gegeben», sagte ein mit den Syrien-Gesprächen vertrauter UNO-Diplomat. «Aber nie wurde bei Gesprächen hinter verschlossenen Türen derart viel Gift und Galle versprüht.» Nur langsam - und erst nachdem der welterfahrene 80-jährige Brahimi ihnen wiederholt ins Gewissen geredet hatte - gingen die Abordnungen der Regierung und der Rebellen von Hasstiraden zu einem halbwegs sachlichen Ton über.
Allerdings gab es eine emotionale Geste, die Spur einer Ahnung, dass im blutigen Bürgerkrieg irgendwann doch eine Art Versöhnung möglich sein könnte: Nach etlichen gegenseitigen Anschuldigen stand der Leiter der Oppositionsdelegation, Hadi al-Bahri, auf. Alle Anwesenden, sagte der in Saudi-Arabien lebende Ingenieur, sollten den Toten des Syrienkonflikts, egal auf welcher Seite sie gestanden hatten, mit einer Schweigeminute ehren. Von der Regierungsseite gab es keinen Widerspruch. Und zum ersten Mal schwiegen die Streitenden gemeinsam. Brahimi wertete das vor den Medien als einen «hoffnungsvollen Moment».
Derweil tobt der Bürgerkrieg unvermindert weiter: Seit Beginn der der Friedensgespräche in Montreux VD am 22. Januar kamen nach Angaben der Syrischen Menschenrechtsbeobachter in London in dem anhaltenden Bürgerkrieg rund 1900 Menschen ums Leben. Unter den Opfern seien 498 Zivilisten gewesen, die durch Luftangriffe, Artillerie-Beschuss und Heckenschützen getötet wurden. (whr/sda)