Ukrainische Nationalisten nehmen den Sturz der prorussischen Regierung von Wiktor Janukowitsch zum Anlass, auf alles loszugehen, was an die verhasste Herrschaft des «Grossen Bruders» erinnert. Mehr als 20 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion wurden im ganzen Land Statuen von Sowjetgründer Lenin vom Sockel gerissen oder beschädigt.
Meistens ging es dabei ziemlich brachial zu und her. Einen originellen Ansatz wählten unbekannte Künstler bei einer Statue in Kiew, die im Dezember vom Sockel geholt worden war. An Lenins Stelle platzierten sie eine vergoldete Toilette.
Ein verhasstes Symbol der sowjetischen Diktatur in Kiew ist das Denkmal für die Tscheka, die Vorgängerin des Geheimdienstes KGB. Am Sonntag wurde es von Demonstranten gestürmt und mit nationalistischen Graffitis «verziert».
In Russland sorgen die Angriffe für Empörung, denn die Ukrainer schrecken auch vor vermeintlich positiven Symbolen nicht zurück. In Stryi in der Region Lemberg wurde die Statue eines Rotarmisten demontiert, der ein Kleinkind in den Händen hält. Sie wurde zur Erinnerung an den Sieg der Roten Armee über Nazideutschland errichtet.
Im westukrainischen Brody wurde am Montag die Büste für Generalfeldmarschall Michail Kutusow entfernt, den glorreichen Sieger im Krieg gegen Napoleon 1812. Womit für Moskau der Spass definitiv aufhörte. Das Aussenministerium sprach von einer barbarischen und russophoben Aktion. «Russland ist empört über die Kampagne gegen Denkmäler in der Ukraine», hiess es am Dienstag. «Wir fordern von der neuen ukrainischen Führung, diese Willkür zu beenden.»
Dabei hat das ukrainische Virus längst auf andere Länder übergegriffen. Das Denkmal für die Rote Armee in der bulgarischen Hauptstadt Sofia wurde von einem unbekannten Strassenkünstler in den ukrainischen Farben Blau/Gelb bemalt (siehe auch das Bild ganz oben). Auch in diesem Fall hat Russland protestiert und eine Entschuldigung für den «Vandalismus» verlangt.
Bereits früher war das Denkmal Ziel von künstlerischen Aktionen. Im letzten August wurde es pink bemalt und mit der Aufschrift «Bulgarien entschuldigt sich» versehen. Gemeint war die bulgarische Beteiligung an der Niederschlagung des «Prager Frühlings» 1968.
2011 wurden die Rotarmisten in Symbole der US-Populärkultur «umfunktioniert». «Mit der Zeit gehen», lautete das aufgesprayte Motto. Antikommunistische Aktivisten in Bulgarien fordern seit der Wende von 1989 vergeblich den Abriss des Monuments. (pbl)