Während ihre Studienkollegen seit dem Semesteranfang diese Woche Bücher zu den Vorlesungen schleppen, trägt Emma Sulkowicz etwas viel Schwereres mit sich herum: ihre Matratze. Und zwar, bis ihr Vergewaltiger nicht mehr an der Columbia University in New York ist.
Am ersten Tag ihres zweiten Jahres wurde die 21-Jährige, wie sie sagt, von einem Klassenkameraden vergewaltigt – in ihrem eigenen Bett. Mit ihrem Performance-Projekt «Carry That Weight» will sie die emotionale Bürde veranschaulichen, die auf ihren Schultern lastet.
Die Matratze will sie immer mit sich tragen, auch ausserhalb des Campus, bis ihr Peiniger von der Elite-Uni fliegt oder aus eigenem Willen geht. «Das Projekt könnte einen Tag lang dauern oder für den Rest meiner Studienzeit.»
Die Matratze sei auch ein Symbol für den Prozess, den sie durchmachte, seit sie sich am vergangenen April erst an die Uni-Leitung, dann an die Polizei und schliesslich an die Medien wandte. Sie habe etwas sehr Intimes, ihre Vergewaltigung, an die Öffentlichkeit getragen. Von den ersten beiden Institutionen erhielt sie die Unterstützung, die sie sich erhoffte, nicht.
Die Uni-Leitung befand den jungen Mann für unschuldig – ebenso in zwei weiteren vergleichbaren Fällen. An einer Anhörung musste Emma Sulkowicz jedes Detail der Vergewaltigung schildern und sogar ein Diagramm zeichnen, weil eine Teilnehmerin daran zweifelte, dass eine anale Vergewaltigung möglich ist. Ein traumatisches Erlebnis für Sulkowicz.
Auch die Polizei habe sie nicht ernst genommen. Dass sie sich erst Monate nach dem Verbrechen gemeldet hatte, wurde als Indiz genommen, dass sie alles erfunden hätte. Und ein Beamter habe gesagt: «Sie haben ihn in ihr Zimmer eingeladen. Es war also keine Vergewaltigung».
Sulkowicz ist nicht die einzige Studentin, die sich nach einem sexuellen Übergriff von der Columbia University im Stich gelassen fühlt. Zusammen mit 22 Studenten reichte sie im vergangenen April eine Beschwerde bei der US-Regierung ein. Der Vorwurf: Die Uni vertusche sexuelle Übergriffe systematisch und behandle Opfer ungerecht.
Im Time-Magazin schreibt die 21-Jährige: «Ich glaube, die Uni befand ihn für nicht schuldig, weil sie solche Fälle bis jetzt immer unter den Teppich kehren konnte, ohne dass jemand davon erfuhr. Aber das heisst, die Columbia University schützt Serienvergewaltiger. Ihr öffentliches Image ist ihnen wichtiger als die Sicherheit der Studenten.» (rey)