Seit dem Ausbruch der Krankheit in Westafrika vor vier Monaten hat die Ebola-Epidemie ein Ausmass angenommen, das alle bisherigen Fälle von Virus-Epidemien auf dem afrikanischen Kontinent in Bezug auf die Zahl der Ansteckungen, der Todesopfer und der geografischen Ausbreitung übertrifft. Laut dem letzten Bulletin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom 23. Juli forderte das hochansteckende Virus bisher 672 Todesopfer – die meisten in Guinea.
Der Tod eines infizierten Mannes in der nigerianischen Millionenmetropole Lagos nährt derweil die Sorge, dass sich das Virus in Afrika und auch darüber hinaus weiter verbreiten könnte. Denn anders als bei früheren Ebola-Epidemien ist das Virus nicht mehr auf vergleichsweise dünn besiedelte ländliche Regionen beschränkt. Mit dem Erreichen der Städte wächst die Gefahr, dass sich das Virus von dort durch Flugreisende in andere Teile der Welt ausbreiten könnte.
Bereits Ende Juni sagt ein Sprecher von Médecins sans frontières (MSF), die Ebola-Epidemie in Westafrika sei ausser Kontrolle. In Nigeria, dem bevölkerungsreichsten Staat Afrikas, haben die Behörden an den Flughäfen deshalb begonnen, Passagiere auf Ebola-Symptome zu prüfen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Auch Togo, wo der in Nigeria verstorbene 40-Jährige aus Liberia auf seiner Anreise einen Zwischenstopp gemacht hatte, sei in Alarmbereitschaft.
«Es handelt sich nicht mehr um einen landesspezifischen Ausbruch», erklärte der für Afrika zuständige WHO-Direktor Luis Sambo. Seine Behörde sei tief besorgt wegen der Verbreitung über Ländergrenzen hinweg und der «Möglichkeit einer weiteren internationalen Ausbreitung». Dennoch halten Experten eine globale Ausbreitung des Ebola-Virus für sehr unwahrscheinlich.
Gerade weil Ebola in 90 Prozent der Fälle tödlich endet, breitet es sich nicht so schnell aus, zumal die Ansteckung typischerweise nicht wie bei der Grippe über Tröpfcheninfektion, sondern über den Kontakt mit infiziertem Blut oder Speichel erfolgt. Zudem werden infizierte Personen sehr schnell sehr krank und sind damit auch nicht reisefähig, was ebenfalls gegen eine weite Verbreitung des Virus spricht.
In den rund 40 Jahren, in denen der Ebola-Erreger in Afrika bekannt ist, wurde er kein einziges Mal nach Europa eingeschleppt.
Angesichts der Ausbreitung der Ebola-Epidemie in Westafrika hat die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) beschlossen, zusätzlich 500'000 Franken zur Unterstützung der Tätigkeit von Médecins sans frontières Schweiz bereitzustellen. MSF konzentriert sich vor allem darauf, Patienten zu behandeln und die Bevölkerung über die Krankheit aufzuklären. Derzeit arbeiten mehr als 150 Mitarbeiter in Sierra Leone an der Bekämpfung des Ebola-Ausbruchs.
Neben der Behandlung von Erkrankten und der Nachverfolgung von Kontaktpersonen sind laut MFS grosse Anstrengungen nötig, um Mitarbeitern von Gesundheitseinrichtungen in Massnahmen zur Infektionskontrolle zu schulen, ein Netzwerk zur epidemiologischen Überwachung aufzubauen und die Bevölkerung über Ebola zu informieren.
Unter der Bevölkerung habe das Virus grosse Furcht ausgelöst. Erkrankte werden oft stigmatisiert, schreibt MSF in einem Lagebericht. Die Organisation bietet Patienten und ihren Familien deshalb eine psychologische Betreuung an. Die Teams organisieren zudem Aufklärungsveranstaltungen, zum Teil sogar mit geheilten Patienten. Sie sollen laut MSF die Menschen darin bestärken, auf Patienten mit entsprechenden Symptomen aufmerksam zu machen, Kontakt mit Erkrankten zu vermeiden und auf keinen Fall die Leichen von verstorbenen Ebola-Patienten zu berühren.