Die Vereinten Nationen in Äthiopien haben Teile ihres humanitären Einsatzes im Nordwesten der Krisenregion Tigray ausgesetzt. Grund dafür sei die Gefahr von Drohnenangriffen auf Vertriebenenlager in der Region, sagte eine Sprecherin des UN-Nothilfebüros OCHA der Nachrichtenagentur dpa am Montag.
Am Mittwoch und Freitag vergangener Woche soll das äthiopische Militär Luftangriffe auf Vertriebenenlager durchgeführt haben. Dabei sollen nach Angaben der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) mindestens 56 Menschen getötet worden sein. Die Angriffe hätten sich auf das Vertriebenenlager in dem Ort Dedebit konzentriert, sagte die TPLF.
Am Sonntagabend verurteilte die Direktorin des UN-Kinderhilfswerks, Henrietta Fore, die Angriffe, bei denen auch Kinder getötet worden sein sollen. Angaben der Regierung in Addis Abeba dazu gab es zunächst nicht.
UNICEF is outraged by the recent airstrikes on camps for internally displaced persons and refugees in Tigray, northern Ethiopia.
— Henrietta H. Fore (@unicefchief) January 9, 2022
The January 5 and 7 attacks have reportedly left scores of civilians, including children, killed and many more injured.
Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed war 2018 mit dem Versprechen an die Macht gekommen, Äthiopien zu reformieren. Er entmachtete damals die Volksbefreiungsfront von Tigray, die das Land 25 Jahre lang dominierte. Doch im Herbst 2020 führte die TPLF eigenmächtig Wahlen in ihrer Hochburg, der nördlichen Region Tigray, durch und griff kurz danach eine Militärbasis an. Abiy ging daraufhin militärisch gegen die TPLF vor – mittlerweile hat sich der Konflikt stark ausgeweitet. Die Auseinandersetzungen zwischen der äthiopischen Zentralregierung und der TPLF dauern nun seit rund einem Jahr an, obwohl die TPLF Mitte Dezember einen Rückzug aus umkämpften Gebieten des Landes bekanntgab.
Nach Angaben des IKRK benötigen Hunderttausende Binnenflüchtlinge vor allem in den nördlichen Regionen Unterstützung. Tausende sind den Angaben zufolge mittellos in die Städte geflohen, müssten in überfüllten Notlagern, Schulen oder sogar im Freien übernachten. Der Vielvölkerstaat im Osten Afrikas mit seinen 115 Millionen Einwohnern droht durch die Kämpfe zu zerfallen.
(yam/sda/dpa)