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Österreichs Präsident Van der Bellen und die Kopftuch-Aussage

epa05928607 Austrian President Alexander Van der Bellen gestures while speaking during a joint news conference with Slovakian President Andrej Kiska (not pictured) after their meeting in Bratislava, S ...
Der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich mit einer Kopftuch-Aussage keinen Gefallen getan.Bild: JAKUB GAVLAK/EPA/KEYSTONE

Krach im Nachbarland: Österreichs Präsident Van der Bellen und die Kopftuch-Aussage

Der österreichische Präsident Alexander Van der Bellen wird von rechter Seite verstärkt mit Schmutz beworfen. Beginn der Schlammschlacht war ein Satz des Präsidenten in einem ORF-Beitrag. 
27.04.2017, 12:0427.04.2017, 15:12
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Seit 100 Tagen ist Alexander Van der Bellen Bundespräsident Österreichs. Dies nahm ORF zum Anlass für einem Beitrag. Folgende Sequenz sorgte dabei für Diskussionen:

«Jede Frau kann ein Kopftuch tragen. Und wenn das so weitergeht bei der tatsächlich um sich greifenden Islamophobie, wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen. Alle, als Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun», so äusserte sich Van der Bellen.

Die Reaktion fällt heftig aus. Auf Social Media wird geschäumt, die FPÖ poltert und die als rechtsextrem eingeschätzte Gruppierung «Identitäre Bewegung Österreich» fordert gar einen Rücktritt. 

Die Nazi-Falle

Van der Bellens eher komplizierte Aussage wird dabei ganz einfach übersetzt: «In Österreich müssen bald alle Kopftuch tragen!» Andere, die von der «Krone Zeitung» als «Ausnahmen» bezeichnet werden, nehmen den Präsidenten in Schutz. Es handle sich bei dem Satz um eine «ironische Zuspitzung».

Um den Satz in den nötigen Kontext zu setzen, veröffentlichte ORF einen längeren Ausschnitt. Darin wird klar, dass Van der Bellen auf die Frage einer Schülerin antwortet und mit seiner Aussage etwas ungeschickt vor Islamophobie warnen will. Doch was danach kommt, hilft Van der Bellen nicht.

Er führt weiter aus und landet in der Falle des Nazi-Vergleichs. In Dänemark sei es zur Zeit der Nazi-Besatzung auch dazu gekommen, dass nicht-Juden den gelben Stern aus Solidarität mit ihren jüdischen Mitbürgern getragen hätten. Solche Nazi-Vergleiche sind stets eine knifflige Sache und erst recht, wenn sie historisch umstritten sind. 

Der Judenstern in Dänemark*

Die Geschichte, dass dänische Christen den Judenstern aus Solidarität getragen hätten, ist historisch nicht belegt. Grundsätzlich konnte die deutsche Besatzung die Einführung des Judensterns in Dänemark nicht durchsetzen. Er wurde also eher von Niemandem getragen, als von allen.*

Klar ist hingegen, dass sich Van der Bellen mit seiner Aussage keinen Gefallen getan hat. Ihm ist entgegen zu halten, dass er bei solchen brisanten Themen als erfahrener Politiker seine Worte umsichtiger wählen müsste. Die aufgebauschte Entrüstung auf rechter Seite, wo Traditionalisten plötzlich zu Frauenrechtlern werden, ist aber ebenfalls zu kritisieren. (leo)

*Wegen einer Verwechslung war hier in einer früheren Version des Artikels von Belgien die Rede. Van der Bellen hat aber von Dänemark gesprochen, weshalb dieser Abschnitt angepasst wurde.

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85 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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TheCrazyCatLady
27.04.2017 13:15registriert Dezember 2015
Kopftuch tragen bei nem Bad Hair Day, wieso nicht? Aber ein Kopftuch tragen um solidarisch zur Unterdrückung der Frau zu stehen? Sehr unglücklich ausgedrückt. Jeder soll tragen dürfen was er will, aber ich unterstütze keine Auslebung radikaler Religionsansichten.
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NWO Schwanzus Longus
27.04.2017 13:37registriert November 2015
Das was er sagte ist ein Hohn für alljene die sich in islamischen Ländern gegen die KOPFTUCHPFLICHT wehren. Wieso sollte man sich mit Frauen solidarisieren die ein Stückstoff tragen das Menschenverachtende Werte symbolisiert und für Rückschritt steht? Diese Frauen die es tragen grenzen sich bewusst von der Aufgeklärten Gesellschaft ab.

https://netzfrauen.org/2016/12/26/shehri/
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Maria B.
27.04.2017 12:49registriert Februar 2015
Das äusserst knappe Wahlergebnis bei der Präsidentschaft in Oesterreich wird im Nachhinein auch für vermehrten Ärger bei manchen Derjenigen sorgen, die Van der Bellen damals eher halbherzig die Stimme gegeben haben.

Denn mit solch kruden Sprüchen stellt er sich total unbedarft gegen die Mehrheit des österreichischen Empfindens und tritt somit in ein Fettnäpfchen, das ihn nun dauerhaft begleitet.

Also nicht nur die FPÖ und die Feministinnen werden ihn und sein linksgrünes Credo künftig aufmerksam beobachten, dabei all seine abweichlerischen Äusserungen misstrauisch verfolgend kommentieren.
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