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Prozess: Vergewaltiger lebte mit Jungen «wie in Familie»

Freiburger Prozess: Vergewaltiger lebte mit Jungen «wie in einer Familie»

18.06.2018, 15:01
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Im Hauptprozess um den jahrelangen Missbrauch eines Kindes in Staufen bei Freiburg im Breisgau hat der Angeklagte Drohungen gegenüber der Mutter des Jungen eingeräumt. «Ich habe Druck ausgeübt», sagte der 39-Jährige am Montag vor dem Landgericht Freiburg.

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Die Angeklagten stehen seit dem 11 Juni in Freiburg im Breisgau vor dem Gericht.Bild: EPA/Getty Images Europe POOL

So habe er erreicht, dass die Mutter des heute neun Jahre alten Jungen mit den Verbrechen einverstanden gewesen sei und sich selbst aktiv beteiligt habe. Er habe der Frau gedroht, sie zu verlassen und das Jugendamt zu informieren. Die heute 48-Jährige habe von allen Misshandlungen gewusst und sie unterstützt.

Der Frau und ihrem wegen schweren Kindesmissbrauchs vorbestraften Lebensgefährten wird vorgeworfen, das Kind mehr als zwei Jahre lang im Darknet angeboten und Männern gegen Geld für Vergewaltigungen überlassen zu haben. Zudem sollen sie das in Staufen lebende Kind auch selbst mehrfach sexuell missbraucht haben. Auch sollen sie ein drei Jahre altes Mädchen gemeinsam sexuell missbraucht haben. Die Taten wurden laut Anklage gefilmt.

Er habe mit der Frau und dem Kind gelebt «wie eine Familie», sagte der Lebensgefährte: Für ihn sei es «bequem» gewesen, sich von der Frau «bedienen zu lassen». Die Mutter sei mit ihrem Leben und dem Jungen «überfordert» gewesen. Er habe dies genutzt und sich an dem Jungen vergangen.

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Mit dem Geld, das man durch den Sohn verdient hat, habe man sich den Lebensunterhalt verdient, sagt das Paar aus.Bild: EPA/Getty Images Europe POOL

Die Frau habe bei den Verbrechen mitgewirkt. «Das Gefühl, dass sie ihn liebt, hat die Mutter dem Jungen nie gegeben», sagte der Mann. Sie habe sich nicht gut um ihn gekümmert. Die Anklage geht davon aus, dass beide Angeklagten gleichermassen an Misshandlungen und der Zwangsprostitution des Jungen beteiligt waren, sagte Staatsanwältin Nikola Novak. Beiden drohten bis zu 15 Jahre Haft und Sicherungsverwahrung.

Das Paar habe für Vergewaltigungen von Männern Geld kassiert. Die Mutter habe den Jungen vorbereitet, sich an ihm vergangen, habe gefilmt und sei bei den meisten Taten der Männer dabei gewesen - oder habe sich in der Nähe aufgehalten.

Das Paar hatte sich den Angaben zufolge an der örtlichen Tafel, einem Lebensmittelversorger für Bedürftige getroffen. Neben einem sexuellen Interesse habe es ein finanzielles Motiv gegeben, sagte der Hauptangeklagte.

Mit dem Geld, das Männern für Vergewaltigungen zahlten, «haben wir unseren Lebensunterhalt bestritten.» Dies sei auch dem Jungen gegenüber deutlich gemacht worden, damit dieser sich nicht wehre oder sich weigere. Die Filmaufnahmen dienen nun als Beweismittel. «Es sind heftige Filme», sagte der Vorsitzende Richter Stefan Bürgelin. Gezeigt würden sie im Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Auch Schweizer unter Verdacht

Die Mutter hat bislang geschwiegen. Nach Angaben ihres Anwalts Matthias Wagner will sie sich im Laufe des Prozesses unter Ausschluss der Öffentlichkeit äussern.

Die Frage nach dem Motiv der Frau sei heute unbeantwortet, sagte Rechtsanwältin Katja Ravat, die das Missbrauchsopfer vor Gericht als Vertreterin der Nebenklage vertritt. Der Junge lebt inzwischen bei einer Pflegefamilie.

In dem Fall gibt es insgesamt acht Tatverdächtige, darunter auch einen Schweizer. Die Mutter und ihr Lebensgefährte, beides Deutsche, gelten den Angaben zufolge als Hauptbeschuldigte. Der Prozess wird fortgesetzt. Ein Urteil wird es Gerichtsangaben zufolge frühestens Mitte Juli geben. (sda/dpa/doz)

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